10. März 2022 Lesezeit: ~6 Minuten

Waldfotografie in Costa Rica

Schon meinen letzten Artikel an dieser Stelle habe ich der Waldfotografie gewidmet. Damals ging es um den Wald Fanal auf Madeira, der sich durch seine markanten, freistehenden Lorbeerbäume auszeichnet. Dort war das Komponieren von Fotos einfach, da der Wald sehr aufgeräumt wirkte. Am Ende musste ich nur auf die richtigen Wetterverhältnisse warten.

In den Nebelwäldern von Costa Rica hingegen war es deutlich schwerer, im Chaos aus dichter Vegetation die Ordnung zu finden, die für eine gelungene Komposition nötig ist. Kilometer für Kilometer wanderte ich durch unterschiedliche Nebelwaldreservate in Monteverde sowie im Nationalpark Los Quetzales und bin dabei fast an der üppigen Natur verzweifelt.

Das dichte Grün aus Blättern, Farnen, Lianen und knorrigen Bäumen war ein Genuss für die Augen. Doch wie sollte ich das in einem zweidimensionalen Foto unterbringen, ohne dabei die Tiefe zu verlieren und das Foto zu überladen? Jedes Mal, wenn ich anfing, die Kamera auf meinem Stativ zurechtzurücken, fielen mir unzählige unnötige Details im Live-View auf: Hier versperrten Zweige den Blick, dort war das Unterholz nicht fotogen genug und fast immer hatte ich Probleme, die Randbereiche des Fotos sauber zu halten.

Ordnung durch Wiederholung

Eine halbwegs aufgeräumte Komposition fand ich am Ende meines ersten Besuchs des Reserva Bosque Nuboso Santa Elena. In einer Senke wurde ein Problem, das typisch für die Waldfotografie ist, durch den gegenüberliegenden Hang eliminiert. Ich musste mir nämlich keine Gedanken darüber machen, die hellen Bereiche des Himmels im Foto unterzubringen.

Ich zoomte etwas heran und konnte so das komplette Foto mit Vegetation füllen. Um Ordnung zu erzeugen, konnte ich vier bemooste Bäume nutzen, die in ihrer Ausrichtung sehr ähnlich waren. Alle lehnen leicht nach links und haben zudem eine gewisse visuelle Ähnlichkeit. Sie stechen aus der chaotischen Umgebung heraus und bilden so die Säulen meiner Komposition.

Tiefe entsteht im Foto durch das sanfte Licht, das den Hintergrund etwas heller erscheinen lässt, sowie die unterschiedliche Entfernung der vier Bäume von der Kamera. Um die Bäume herum gibt es im Foto viel zu entdecken und ich kann es kaum abwarten, einen großformatigen Druck davon anfertigen zu lassen.

Wald

Ordnung durch Leitlinien

Am nächsten Tag kehrte ich in den Bosque Nuboso zurück, um auf den übrigen Pfaden zu wandern – insgesamt gibt es in diesem Reservat knapp 12 km angelegte Wege. An diesem Tag war es windig und erneut zeigte sich nur wenig vom Nebel, der für diesen Wald typisch ist. Dieser hätte das Komponieren meiner Waldfotos deutlich vereinfacht, da ich mit weniger Details in der Ferne hätte arbeiten müssen.

Letztendlich fand ich aber eine Szene, die sich für ein Foto eignete. Ein Pfad, der sich durch den Wald schlängelt, dient mir in diesem Foto als Leitlinie, die beim Betrachten ins Bild führt. Was zudem Ordnung erzeugt, sind die Bäume in der Mitte, die die Form des Pfades aufgreifen. Die tiefen Wolken, die im Hintergrund durch den Wald zogen, sorgten noch für etwas Atmosphäre.

Erneut war dies das einzige Foto des Tages. Ich habe auf meinen Reisen gelernt, dass es in der Landschaftsfotografie nicht auf die Quantität ankommt, sondern darauf, Fotos aufzunehmen, die den Charakter der erlebten Landschaften einfangen. Ein oder zwei Fotos können dabei schon ausreichend sein. Für mich repräsentieren die beiden gezeigten Fotos mit ihren zahlreichen Grüntönen Monteverde sehr gut.

Trampelpfad im Wald

Ordnung durch Vordergrund

Auch im Nationalpark Los Quetzales, der auf über 2.500 m Höhe liegt, gibt es neben dem namensgebenden Quetzal einen weiteren wunderschönen Nebelwald. An der Suche nach dem Quetzal bin ich zwar gescheitert, aber auf einem der Wanderwege fand ich eine weitere Komposition, die viele der für den Nebelwald charakteristischen Elemente vereint. Endlich hatte ich auch gute Bedingungen mit kaum Wind und etwas Nebel.

In meiner vertikalen Komposition habe ich versucht, eine Aufteilung des Fotos zu erreichen. Im Vordergrund habe ich die geschwungenen Farne mit ihren intensiven Grüntönen und im oberen Bereich des Fotos gibt es eine Wiederholung von bemoosten Bäumen. Dazwischen eröffnet ein Korridor den Blick in die Tiefe des Waldes, wo verschiedene Pflanzen und Lianen die Szenerie bestimmen und nach und nach im Nebel verschwinden.

Bei einer solchen Aufteilung des Fotos sind die verbindenden Elemente wichtig. Der große Farn unten reicht zum Beispiel durch den Korridor in die Tiefe des Waldes. In der Mitte des Korridors steht ein Baum, der in seiner Tonalität den Bäumen links und rechts im Bild ähnelt. Und im Vordergrund finden sich auf den grünen Farnen ein paar Blätter, die die Farbe der Bäume links aufgreifen.

Den Ruhepol in diesem Foto bildet für mich der Vordergrund, der sehr aufgeräumt und sauber wirkt. Selbst wenn im Hintergrund etwas Durcheinander herrscht, wirkt das Bild deshalb im Ganzen nicht chaotisch. So ein Vordergrund kann einem Foto eine solide Basis geben, weshalb ich meinen Blick auf der Suche danach immer über den Waldboden schweifen lasse.

Wald

Letztendlich sind diese drei Fotos eine sehr kleine Ausbeute für mehrere Tage der Erkundung von Costa Ricas Nebelwald. Hauptsächlich war es eine gute Übung im Finden von Kompositionen in einer chaotischen Umgebung und ich hoffe, dass meine Beschreibung hier etwas Inspiration für Eure Motivsuche im Wald liefern kann.

Unabhängig davon, ob Ihr die hier gezeigten Fotos gut oder schlecht findet, hilft es in der Waldfotografie immer, nach Wiederholungen und Leitlinien Ausschau zu halten. Ebenso solltet Ihr den Vordergrund nicht vernachlässigen. Findet Ihr einen aufgeräumten Vordergrund, der charakteristische Elemente des von Euch fotografierten Waldes beinhaltet, ist das oft schon die halbe Miete.

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