Eisbäume fotografieren
Der Winter hält Einzug in Deutschland und bringt leider viel zu oft einen grauen, farblosen Himmel mit sich. Solche Bedingungen sind nicht ideal für die Landschaftsfotografie, oder etwa doch? Lange Zeit bin ich am deutschen Winter verzweifelt.
Da ich wegen meines Hauptberufs nur am Wochenende Zeit für die Fotografie hatte, war ich immer darauf angewiesen, genau dann interessante Licht- und Wetterverhältnisse vorzufinden. Leider klappte das nicht allzu oft. In den letzten Jahren habe ich aber die Lösung gefunden: eingeschneite, vereiste Bäume.
Wenn das Thermometer einige Tage lang deutlich unter 0 °C sinkt und zudem reichlich Schnee fällt, was für ein paar Wochen in den richtigen Höhenlagen durchaus noch vorkommt, dann ist die richtige Zeit, Wälder und freistehende Bäume zu fotografieren. Das Schöne dabei ist, wie ich in diesem Artikel zeigen möchte, dass man dazu keine spektakulären Lichtverhältnisse benötigt. Ein grauer, monotoner Himmel reicht völlig aus.
Eisbäume
Was meine ich eigentlich mit Eisbäumen? Für mich sind das Bäume, die dick in Schnee und Eis gehüllt sind, so dass sie teils gespenstische Formen annehmen. Am meisten findet man sie in höheren, exponierten Lagen, wie zum Beispiel auf dem Großen Arber, dem Brocken oder in der Rhön – genau dort, wo oft starker Wind weht. Der Wind bläst Schnee in den Wald und an den Ästen der Bäume bildet sich eine weiße Kruste aus Eis.
Motivsuche
Wer schon einmal im Wald auf Motivsuche war, weiß, dass es nicht einfach ist, gute Kompositionen und Vordergründe zu finden. Oft herrscht zu viel Chaos. Mit dem Teleobjektiv kann ich dieses Problem umgehen, doch habe ich dann mit einer engen Staffelung von Bäumen zu kämpfen, die ich so im Foto unterbringen möchte, dass Harmonie entsteht. Das gelingt mir nicht immer.
Liegt jedoch genug Schnee, dann werden solche vorher chaotische Szenen einfach und minimalistisch. Kontraste werden sanfter, der Vordergrund wirkt plötzlich aufgeräumt. Selbst komplexe Szenen, wie der Blick in den Wald mit zahlreichen Ästen und Bäumen, lassen sich nun umsetzen. Dabei bevorzuge ich einen grauen Himmel sogar, weil er nicht vom Motiv ablenkt und die monochrome Szenerie perfekt abrundet.
Normalerweise nimmt Licht starken Einfluss darauf, welche Motive ich fotografieren kann und wohin ich die Kamera richte. Das fängt schon bei der Planung an, wenn ich mit Apps wie PhotoPills prüfe, welche Orte sich bei unterschiedlichem Lichteinfall zum Fotografieren eignen. Ein grauer Himmel wie in den hier gezeigten Fotos eliminiert diese Einschränkung. Die Motivsuche wird dadurch einfacher und spontaner. Wichtiger als die vorherige Planung ist es, einfach draußen zu sein, durch den Wald oder über Hochebenen zu wandern und den Blick schweifen zu lassen.
Komposition
Da der Boden von Schnee bedeckt ist, unterscheidet er sich in Detailgrad und Tonalität kaum noch vom Himmel. Für mich geht es beim Komponieren meiner Fotos nun darum, beide Flächen auszubalancieren und meinem Motiv – einzelnen Bäumen oder Baumgruppen – genug Raum zu geben. Weniger ist dabei oft mehr.
Doch auch bei minimalistischen Fotos gilt es, auf Details zu achten. Im Foto unten habe ich etwa sichergestellt, dass die Äste auf der linken Seite über dem Horizont bleiben und diesen nicht schneiden. Oft sind es solche Kleinigkeiten, die am Ende den Unterschied machen. Zudem hatte ich Glück mit dem Licht. Das Grau des Tages hatte sich für ein paar Minuten in ein leichtes Glühen verwandelt.
Auch im Wald selbst wird das Komponieren von Fotos einfacher. Selbst der Blick nach oben, bei dem ich sonst Schwierigkeiten mit den starken Kontrasten zwischen dunklen Bäumen und hellem Himmel habe, ist nun eine Option. Die Bäume und Äste werden durch den Schnee aufgehellt und der graue Himmel ist wie eine Leinwand, vor der ich mein Motiv platziere.
Bei solch beladenen Szenen wie solchen ist es wichtig, auf die Linienführung zu achten und die Randbereiche zu kontrollieren. Dabei möchte ich sicherstellen, dass kein Ast ins Foto ragt, der nicht zur Bildwirkung beiträgt. Im Foto oben leiten die Stämme der Bäume den Blick ins Bild und auch die feineren Äste, die von der Seite ins Bild ragen, schlängeln sich in die Bildmitte und lassen die Szenerie wie ein Geflecht aus Adern erscheinen.
Tour durch die verschneite Rhön
Wenn Euch die gezeigten Fotos noch nicht Inspiration genug sind, dann begleitet mich doch im Video (englische Sprache) auf einer Tour durch die verschneite Rhön. Dort gebe ich weitere Tipps dazu, wie man Eisbäume gut in Szene setzten kann.