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10. Februar 2022 Lesezeit: ~4 Minuten

Mit dem Schlüssel namens Fotografie durch eine Tür namens Ich

Die Neugier nach der Identität

Renée Nesca ist eine Rolle, hinter der sich die tatsächliche Schauspielerin (ich) versteckt. Es ist eine fiktive Figur in der Kunstszene, die durch meinen Antrieb gezeichnet und in Szene gesetzt wird. Diese Maske verkörpert mein persönliches Ideal. Befreit von der Erwartung zur Authentizität, hilft sie mir, mich selbst zu verwirklichen.

Diese zweite Identität ist als einen Teil von mir zu betrachten, den ich selbst als repräsentativ bewerte. Die Entscheidung, was also der Außenwelt zugänglich gemacht wird, obliegt meinem eigenen Willen. Warum dazu ein Pseudonym notwendig ist? Als ich mit der Fotografie in Berührung kam, war mir, als ob ein unbeschriebenes Blatt nötig wäre, das eine Art Neuanfang darstellt.

Ich mochte die negativen Anhaftungen nicht, die an meinem bürgerlichen Namen klebten und beschloss, ein neues Ich zu manifestieren. Es war wie eine Selbstgeburt, bei der mir als Schöpferin alle Freiheiten offenstanden und über deren Kontrolle ich als alleinige Urheberin frei verfügen konnte.

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Die Tatsächlichkeit als Alternative

Die Fotografie bietet fast unendlich viel Spielraum für allerhand Auseinandersetzungen mit der sogenannten Realität. Im Grunde bedeutet sie für mich aber eine Einschränkung, oder besser gesagt eine Beschränkung auf etwas allgemein Zugängliches. Denn man kann schließlich nur Dinge fotografieren, die bereits existieren – zumindest oberflächlich betrachtet.

Vorher galt meine Leidenschaft der Zeichnung, die jedoch im Laufe meines Kommunikationsdesignstudiums nach und nach abstarb. Teilweise aus der Konfrontation mit dahingehend fähigeren Mitstudierenden heraus, aber auch aufgrund eines unerreichbar hohen Anspruchs an mein eigenes Ergebnis, verlor ich die Lust am Zeichnen. Frustration und Selbstzweifel waren die Folge.

Irgendwann öffnete sich jedoch die Tür zur Fotografie, durch die ich zuerst nur als Fotomodell ging. Die wiederum studienbezogene Aufgabe, Portraitfotografien herzustellen, brachte mich dann letztendlich aber doch in die Perspektive als Künstlerin hinter der Kamera. So lernte ich, mich auf das tatsächlich Vorhandene zu konzentrieren, während mich die Zeichnung in ihren unerschöpflichen Möglichkeiten regelrecht überforderte.

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Die Inszenierung von Gedanken

Die sichtbare und allseits durchgekaute Realität langweilt mich. Deshalb fotografiere ich selten dokumentarisch. Mein Interesse gilt dem „Dahinter“. Metaphysisches und Spiritualität in ihrer Gesamtheit bilden den Kern meiner künstlerischen Fragestellung.

Deshalb ist es mir ein inneres Bestreben, auch in der Fotografie derartige Themen anzuschneiden. Das gelingt mir nur, wenn ich mich als Gestalterin, nicht nur als Beobachterin, wahrnehme. Insofern treten meine Gedanken in Form von inszenierten (Selbst-)Portraits in Kontakt mit der betrachtenden Person.

Eine wiederkehrende Motivation, mich künstlerisch und insbesondere portraitfotografisch auszudrücken, ist die menschliche Psyche. Konkret meine persönlichen Erfahrungen, Empfindungen und Erkenntnisse veranlassen mich dazu, eine visuelle Übersetzung derer zu entwickeln. Nicht zuletzt fordere ich dadurch meine Mitmenschen bewusst zur Selbstreflexion auf.

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Die Lücke in der Logik

Allgemein bin ich im künstlerischen Kontext der Ansicht, dass die gewählte Technik nur Mittel zum Zweck ist. Die Seele eines Bildes kommt, im Falle der Fotografie, nicht durch die Kamera, den Film oder die Nachbearbeitung zu Stande. Im Wesentlichen ist es ein tieferer Sinn, den ich meinen Fotografien beimesse, der mich von der Idee über die Umsetzung bis hin zum Ergebnis begleitet und den es sichtbar zu machen gilt. Diese Sinnhaftigkeit stellt für mich den Maßstab an Qualität dar.

Mich reizt nicht das Offensichtliche, sondern das Geheimnis. Einerseits nutze ich die Fotografie als Forschungsinstrument für Studien meiner Selbst. Andererseits möchte ich mit meinen Bildern offenbaren. Innere Zusammenhänge, jenseits von rational Begreifbarem, beschäftigen und faszinieren mich über die Fotografie und über jede Kunst hinaus.

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