08. Oktober 2021 Lesezeit: ~5 Minuten

Von der Idee zum Bild mit Anna Sterling

Die Liebe zum Meer und zu seinen endlosen Weiten – wild, rau und unberechenbar – haben mich schon immer zu Bildern inspiriert. Die wenigen Geheimnisse und Mythen, die wir Menschen noch nicht ergründet haben, liegen alle unter dieser Oberfläche und lassen noch ein klein wenig Platz für Träumereien und Gedankenspielerei.

Bildidee

Auch dieses Mal war das Meer die Inspiration für meine Selbstportraits: Alles begann mit einer kleinen Figur, die ich geschenkt bekommen hatte. Die Idee, etwas Ähnliches als Bild umzusetzen, kam mir sofort, auch wenn mir erst viel später klar wurde, wie genau das aussehen sollte.

Figur mit Muschel auf dem Kopf

Ich machte ein paar Probeaufnahmen mit diversen schlichten Kleidern, war aber mit keinem zufrieden – es fehlte immer etwas. Durch das doch recht simple Motiv im Zusammenspiel mit schlichten Kleidern wirkte alles immer etwas verloren.

Es musste also etwas Aufwändigeres her; etwas, das es nicht von der Stange gab. Was blieb da anderes, als selbst ein Kleid zu entwerfen?

Outfit

Aus alten Fischernetzen und mit Kaffee und schwarzem Tee eingefärbten Häkelkleidern, die ich günstig gebraucht erstanden, sowie Algen, die ich im Vorfeld gesammelt und getrocknet hatte (schlechte Idee, den Geruch bekam ich wochenlang nicht aus der Wohnung), bastelte ich mir also das Kleid.

Kleid aus Fischernetzen

Mir erschienen der Aufwand und die benötigten Materialien für ein einziges Kleid zu hoch, zudem hatte ich einfach zu viele Ideen, um sie alle mit nur einem Kleid umsetzen zu können. Ich entwarf also vier Kleider und arbeitete parallel an den ersten beiden.

Länger schon wollte ich mit Pappmaché arbeiten, hatte aber nie die zündete Idee dafür. Jetzt bot es sich endlich an. Nach zahlreichen undefinierbaren Gebilden und Fehlversuchen kam am Ende doch etwas Brauchbares heraus. Für mein Kleid formte ich Schuppen, malte sie mit Acrylfarben an und klebte alles mit Heißkleber zusammen.

Das war Ergebnis sicher nichts für die Ewigkeit, aber solange es nicht direkt beim ersten Shoot auseinanderfallen würde – was es zum Glück nicht tat – wäre ich zufrieden. Nach vielen dutzenden Arbeitsstunden (und ebenso vielen Eskalationen in Läden für Bastelbedarf), hatte ich also die ersten zwei von geplanten vier Kleidern fertig.

Fotografieren

Die Hälfte meiner Bilder fotografiere ich im improvisierten Heimstudio. Bei diesem Kleid und dieser Bildidee war aber schnell klar, dass ich vor Ort fotografieren werde, da es sonst durch die ganzen Netze bei der Freistellung kompliziert werden würde. Konkret hieß das für mich als Wahl-Hamburgerin: ab an die Elbmündung bei Cuxhaven. Mit dem Wetter hatte ich, wie doch meist, Glück, da es oft aussieht wie kurz vor dem Regnen.

Die passenden Gezeiten (Ebbe für mehr Weite) ergoogelte ich vorher. Den perfekten Aufnahmeort fand ich vorher über Google Maps. Ich hatte Glück, dass sehr wenig los war. Eine Frau mit Fischernetzkleid und grünem Eimer auf dem Kopf wäre vermutlich für Spaziergänger ein Highlight an diesem grauen Tag gewesen. Nachdem ich bereits bei 5 °C und gefühlter Windstärke 8 nackt im Schnee und bei 11 °C in der Nordsee fotografiert hatte, erschien mir ein Eimer doch als machbares Accessoire.

Person am Strand mit Kamera und Eimer auf dem Kopf

Sicher wäre es auch ohne gegangen, aber ich wollte die korrekte Handhaltung und den Schattenwurf nutzen, um mir bei der Nachbearbeitung Arbeit zu ersparen. Selbstportraits ermöglichen mir mehr Flexibilität und vor allem Spontaneität, die ich bei der Zusammenarbeit mit Modellen nicht hätte. In der Regel fotografiere ich daher meine Bilder auch komplett allein.

Da ich aber diesem Tag direkt zwei Kleider fotografiert habe, die beide sehr schwierig anzuziehen waren, war ich dieses Mal mit Assistenz unterwegs. Was sich im Laufe des Shoots als Glück erwies, denn die Kleider und Umhänge sogen sich von unten immer mehr mit Wasser voll, so dass sie allein nicht mehr zu positionieren waren.

Pro Kleid hatte ich drei konkrete Bildideen, von denen im besten Fall am Ende zwei nutzbar sein würden. Dank absoluter Unfähigkeit, zeichnen zu können, mache ich normalerweise keine Skizzen, sondern notiere mir nur ein bis zwei Stichpunkte, um die Idee nicht zu vergessen. Nach knapp anderthalb Stunden Aufnahme und gegen Ende auch Zeitdruck hatte ich alle Bilder im Kasten.

Hilfreich hierbei war die Steuerung und das Auslösen meiner Sony-Kamera mit dem Smartphone, was mir viel Zeit und Rennerei erspart hat. Danke an dieser Stelle an den Menschen, der diese Idee hatte, denn es macht die ganzen Selbstportrait-Geschichten so viel einfacher.

Muscheln in einer Schüssel Sand

Nachbearbeitung

Ich halte mich eher für eine Fotokünstlerin, als für eine Fotografin, und meist macht die Bildbearbeitung 80 % meiner Arbeit aus. Dieses Mal war es eher ein kleines Composing, da ich, bis auf die Schneckenhäuser und Texturen nichts weiter hinzugefügt habe.

Ich hatte ein sehr klares Bild im Kopf, wie es im Ergebnis aussehen sollte. Nur bei der Verteilung der Schneckenhäuser im Hintergrund habe ich etwas herumprobiert. Im Ganzen war ich anderthalb bis zwei Stunden mit diesem Bild beschäftigt.

Ähnliche Artikel