Lichtverschmutzung kreativ nutzen
In der Landschaftsfotografie dreht sich viel um das richtige Licht. Nicht selten kehre ich mehrmals an den gleichen Ort zurück, in der Hoffnung, irgendwann die gewünschten Lichtverhältnisse vorzufinden, die meinen Landschaftsfotos Tiefe und Dimension verleihen.
Auf Reisen plane ich deshalb mehrere Tage an einem Ort ein und vermeide es, zu schnell weiterzuziehen. Die Zeit ist trotzdem begrenzt und manchmal habe ich über Tage hinweg nichts als einen grauen Himmel. Unter solchen Bedingungen kann ich mich auf Kontraste und Strukturen konzentrieren, mit der Schwarzweißfotografie experimentieren, kann mir Motive in dichten Wäldern suchen, wo der Himmel vom Blattwerk verdeckt wird, oder ich erkunde Landschaften, die in der Nähe größerer Städte liegen.
Lichtverschmutzung
Schon der Name Lichtverschmutzung ist negativ behaftet: Die anhaltende Abwesenheit völliger Dunkelheit hat störende Einflüsse auf Flora, Fauna sowie den Menschen. Als Landschaftsfotograf versuche ich, mich dem Einfluss der Lichtverschmutzung meist zu entziehen, um die Illusion unberührter Natur einzufangen – leider gibt es diese immer weniger.
Besonders für die Nachtfotografie ist künstliches Licht hinderlich, weil unter dessen Einfluss deutlich weniger Sterne sichtbar sind. Beim Finden dunkler Orte helfen mir Apps wie Planit Pro oder die Light pollution map.
Doch ich kann die Lichtglocken, die nachts über Städten entstehen, auch kreativ für meine Fotos nutzen. Wenn es dunkel genug wird, können diese nämlich einen tagsüber grauen in einen glühenden Himmel verwandeln. Dieses Glühen kann teilweise so stark sein, dass dadurch der Eindruck eines spektakulären Sonnenauf- oder -untergangs erweckt wird.
Ein Beispiel ist das Foto, das ich an der Costa Quebrada in Spanien aufgenommen habe. Ein ums andere Mal verdeckten dichte Wolken am Morgen den Himmel. Eine Viertelstunde vor Sonnenaufgang sah es bei meinem Motiv so aus.
Mir fiel aber beim ersten Versuch, den Playa de La Arnía zu fotografieren, auf, dass über der Stadt Santander eine schöne, warme Lichtkuppel im sonst grauen Himmel zu sehen war. Leider war ich etwas zu spät dran, um sie zu fotografieren. Die beste Zeit dafür liegt außerhalb der Blauen Stunde, etwa 90 bis 45 Minuten vor Sonnenaufgang und entsprechend nach Sonnenuntergang. Die dominierende Lichtquelle ist dann das künstliche Licht, was sich hervorragend mit langen Belichtungszeiten oder alternativ hohen ISO-Werten einfangen lässt.
Beim zweiten Versuch war ich deshalb deutlich früher vor Ort und nutzte die Dunkelheit für die fast zehnminütige Belichtung, die Ihr im nächsten Foto seht. Für meine Augen war das Glühen nur schwach zu erkennen, die Langzeitbelichtung zauberte aber diese spektakuläre Lichtstimmung auf den Sensor.
Balance
Wie so oft in der Fotografie kommt es auch bei solchen Fotos auf die richtige Balance an. Ich mache deshalb mehrere Fotos über einen längeren Zeitraum und versuche, den Moment zu erwischen, in dem das warme, künstliche Licht durch etwas Blau ausgeglichen wird. Je mehr man sich der Blauen Stunde nähert, desto mehr verschiebt sich die Farbpalette in diese Richtung.
Manche Motive profitieren von mehr, manche von weniger Glühen im Himmel. Beim nächsten Foto, das ich vor Jahren am Geroldsee aufgenommen habe, ist das Ergebnis deutlich subtiler. Der magentafarbene Lichtstreifen im Himmel harmoniert sehr schön mit dem gleichfarbigen Dach der Hütte im Vordergrund und erzeugt einen passenden Farbkontrast zur grünen Wiese. Zu viel Glühen hätte die Bildwirkung dabei für mich zerstört.
Im nächsten Foto hingegen werden die Farben der Sandsteinfelsen sehr schön vom starken Glühen im Himmel aufgenommen. Der Himmel ist hier zwar überwiegend klar, jedoch liegt über den Städten an der Algarve ein dichter Dunst, der durch die Brandung am Meer entsteht. Belichtet habe ich 15 Minuten, wodurch auch die Sternspuren am Himmel entstehen.
Ihr seht also, auch ein scheinbar langweiliger, grauer Himmel lässt sich für farbintensive Fotos nutzen. Mag man diese Art von Fotos, dann lohnt es sich, die genannten Quellen Planit Pro oder die Light pollution map nicht zum Vermeiden, sondern zum Finden der Lichtverschmutzung zu nutzen.