05. Mai 2020 Lesezeit: ~9 Minuten

Die vier Säulen für bessere Landschaftsfotos

In den letzten zehn Jahren konnte ich zahlreiche wunderschöne Landschaften erkunden und sie fotografieren. Am Anfang war dabei mein Ziel, möglichst viele gute Fotos von meinen Fototouren und Reisen mitzubringen. Doch der Druck, sowohl Quantität als auch Qualität zu liefern, hat dazu geführt, dass viele meiner Fotos am Ende eher durchschnittlich waren.

Das ist mir besonders aufgefallen, als ich vor einiger Zeit die Galerien auf meiner Webseite überarbeitet und dabei über ein Drittel der Fotos aussortiert habe. In den letzten Jahren liegt deshalb mein Fokus ausschließlich auf Qualität. Ich brauche nicht vier oder fünf Fotos von einer Landschaft – ich möchte das eine Foto aufnehmen, das diese Landschaft am besten einfängt. Dazu müssen Motiv, Komposition und Licht harmonieren.

Nun kann ich ein Motiv im Vorfeld einer Reise sehr gut planen. Inspiration hole ich mir dabei aus Reiseführern, von anderen Fotograf*innen oder indem ich mir ein Ziel aussuche und anfange, zu recherchieren. Sobald ich potentielle Motive gefunden habe, helfen mir Werkzeuge wie Google Earth, Photopills und PlanIt bei der weiteren Planung.

Dabei kann ich sehr tief ins Detail gehen und meine Chancen darauf, bessere Landschaftsfotos zu machen, erhöhen. Es gibt aber vier Dinge, die für mich noch wichtiger sind und den Unterschied machen:

Scouting

Selten gehe ich noch fotografieren, ohne einen Ort vorher schon besucht zu haben. Besonders wenn ich eine Landschaft vor oder zum Sonnenaufgang fotografieren möchte, lohnt es sich, schon vorher eine Erkundungstour zu unternehmen. Nur so kann ich sicherstellen, dass ich auch die beste Aussicht und Komposition finde, denn im schwachen Licht der Dämmerung ist das meist schwierig.

Lagune

Beim Scouting ist es wichtig, dass ich mir genug Zeit nehme und möglichst viele Aussichten auf eine Landschaft erkunde. Ich vertraue dabei ganz meinem Gefühl dafür, welche Aussicht sich am besten für mein Foto eignet.

Hinzu kommt, dass ich mir genau überlege, wie ich ein Foto später bei Sonnenuntergang oder, wie hier, bei Sonnenaufgang machen möchte. Ich stelle mir vor, wie das warme Licht der Dämmerung die Farben verändert und welcher Himmel am besten zur Komposition passen würde. Das hilft, später mit Blick auf den Wetterbericht zu entscheiden, ob es sich lohnt, eine Aussicht aufzusuchen oder ob ein anderes Motiv besser passen würde.

Das Finden dieser anderen Motive ist ebenfalls Teil von Planung und Scouting. Das Ziel ist es dabei, Landschaften zu finden, zu denen unterschiedliche Wetterbedingungen passen. Das Titelbild etwa funktioniert hervorragend mit einem bedeckten Himmel zur blauen Stunde, während die Caló des Moro von einem bunten Himmel profitiert, der mit den Farben im Wasser und Vordergrund harmoniert.

Außerdem mache ich mir beim Scouting bereits Gedanken über die spätere Bildbearbeitung und mögliche Retuschen. Zwar beschränkt sich die Retusche in meinen Fotos meistens auf das Entfernen von Sensorflecken, wenn ich jedoch, wie hier, etwas mehr Hand anlegen muss, dann plane ich auch das schon im Vorfeld – siehe linke untere Ecke. Wäre mehr Retusche nötig gewesen, hätte ich nach einer anderen Aussicht gesucht.

Fokus

Nur, wenn ich im Vorfeld meine Hausaufgaben gemacht habe, habe ich später beim Fotografieren die Sicherheit, die ich brauche, um mich voll auf ein Foto konzentrieren zu können. Wenn ich weiß, dass das Foto, das ich gerade komponiert habe, die Landschaft am besten repräsentiert, kann ich mich entspannt zurücklehnen und auf das passende Licht warten.

Wenn der Himmel zu glühen beginnt und wie hier auf der Halbinsel Formentor Nebel über die Berge zieht, könnte ich versuchen, möglichst viele unterschiedliche Fotos von diesem Moment einzufangen. Jedoch entstehen dadurch schnell Unruhe und Hektik und am Ende verpasse ich es womöglich, den perfekten Moment an der besten Aussicht einzufangen – an der Stelle, die ich beim Erkunden als idealen Ort für mein Foto identifiziert habe.

Nebel über Bergen und dem Meer

Natürlich kann es auch passieren, dass ich vergeblich auf das richtige Licht warte. Schlimmer noch: Der Himmel kann rechts von mir, links von mir oder hinter mir zu glühen beginnen. Sollte ich dann nicht schnell die Kamera nehmen und nach einem anderen Motiv suchen, um ein Foto von diesem wunderschönen Himmel zu machen?

Aber was bringt mir das? Licht allein reicht nicht für ein gutes Foto. Vielleicht habe ich Glück und finde auch noch ein Motiv. Es fehlt aber immer noch die Komposition. Und bis ich die gefunden habe, ist das Licht oft schon verschwunden oder der Himmel beginnt in Richtung der ursprünglichen Komposition zu glühen. Meistens ist das Ergebnis einer solchen Jagd ein Kompromiss, der es nicht in mein Portfolio schafft.

Warum dann überhaupt diese Hektik? Lieber verlasse ich mich auf mein Gefühl, das mich zu dieser Aussicht geführt hat, genieße den Moment in Ruhe und nehme, selbst wenn es das Licht am Ende nicht in meine Komposition schafft, eine schöne Erinnerung mit nach Hause.

Eine Ausnahme gibt es für mich aber doch: Ich versuche beim Scouten, Motive und Kompositionen in unterschiedlichen Richtungen zu finden. Es gibt Orte, die so fotogen sind, dass ich in fast jede Richtung fotografieren kann. In solch einem Fall weiß ich genau, wie lange ich brauche, um zu einem anderen Motiv zu wechseln. Dann kann ich es schaffen, wie hier an der Whisky Bay, mehrere Fotos für mein Portfolio zu machen.

Vier Fotos von Steinen am Meer im Sonnenuntergang

Wiederholung

Da ich das Wetter nicht beeinflussen kann, plane ich auf meinen Reisen, wenn möglich, mehrere Tage an einem Ort ein. Dann kann ich wiederholt zu einem Motiv zurückkehren und habe mehrere Versuche, das angestrebte Ergebnis zu bekommen.

Auf Mallorca habe ich mich etwa dagegen entschieden, in zehn Tagen die komplette Insel zu umrunden. Stattdessen habe ich sechs Tage der Halbinsel Formentor gewidmet und vier Tage dem Süden bei Ses Salines. Besonders für das Motiv des Leuchtturms von Ses Salines war das eine gute Entscheidung: Erst im dritten Versuch passte alles zusammen.

Zwei Fotos von Leuchttürmen am Strand

Am ersten Abend sah es zunächst gut aus, jedoch war die Verteilung der Wolken am Ende nicht ideal, um mit dem detailreichen Vordergrund zu harmonieren. Auch gab es nicht genug Brandung. Mein Versuch, bei Vollmond ein gutes Foto zu machen, scheiterte ebenfalls am Wolkenmangel.

Küste mit Leuchtturm

Mehrmals das gleiche Motiv zu fotografieren, bedeutet auch, weniger Fotos von anderen Motiven zu machen. Dabei kommt es wieder auf das richtige Gefühl und den richtigen Fokus an. Die Entscheidung, einem Motiv so viel Zeit zu widmen, ist für mich immer das Resultat von Planung und Scouten. Ich wusste beim Leuchtturm von Ses Salines, dass ich mit den richtigen Bedingungen das für mich beste Foto in der Umgebung machen konnte und wäre auch noch ein viertes Mal dafür zurückgekehrt.

Glück

Bei all der Planung, dem Fokus und der Zeit braucht es am Ende immer auch eines: Glück. Eine so gute Fotoausbeute wie aus Mallorca bringe ich selten mit nach Hause. Manchmal fliege ich um die halbe Welt und finde weder die richtigen Kompositionen, noch das richtige Licht. Auf meiner Weltreise im Jahr 2016 war ich allein zehn Wochen lang in Südamerika unterwegs. In dieser Zeit habe ich nicht viel mehr gute Fotos gemacht als in den zehn Tagen auf Mallorca.

Damals hat mich das sehr frustriert, mittlerweile sehe ich das entspannter. Es gibt Dinge, die ich nicht beeinflussen kann und ich lasse mir davon meine Reisen nicht vermiesen. Natürlich bin ich erst einmal enttäuscht, wenn ich zum wiederholten Mal ein Foto nicht umsetzen kann. Aber wer weiß, vielleicht komme ich ja irgendwann einmal dorthin zurück und habe dann das nötige Glück.

Manchmal ist es sogar so, dass ich ohne Scouting beim ersten Versuch genau das Foto mache, das ich mir vorgenommen habe. So entsteht dann etwas Ausgleich zu den zahlreichen Fehlversuchen.

Abschließend möchte ich noch darauf hinweisen, dass sich Teile des hier beschriebenen Vorgehens für alle, die gerade erst mit der Fotografie begonnen haben, weniger eignen. Am Anfang geht es darum, zu experimentieren. Sich zu stark auf einzelne Motive zu fokussieren, kann sich dann als kontraproduktiv herausstellen.

Es fehlt meist noch das Gefühl dafür, die richtigen Motive und Komposition zu identifizieren. Und was ist eigentlich richtig? Das muss jeder zunächst für sich selbst herausfinden.

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