04. März 2019 Lesezeit: ~5 Minuten

Caves – im Inneren Neuseelands

Anfang 2019 habe ich eine weite Reise unternommen, genau genommen an das andere Ende der Welt: Fünf Wochen verbrachte ich auf der Südinsel von Neuseeland. Die Vielfalt der Natur allein oberirdisch auf der Südinsel hat mich stark beeindruckt. Zufällig ist mir dann ein Buch in die Hände gefallen, das von den neuseeländischen Höhlensystemen unter der Erdoberfläche berichtet.

Dort sind, unter anderem bedingt durch die bewegte Geschichte Neuseelands mit seiner Lage auf zwei Kontinentalplatten, die in ständiger Bewegung sind, faszinierende Welten entstanden. Neil Silverwood, Fotograf und Höhlenkletterer, hat gemeinsam mit Marcus Thomas, seines Zeichens Grafikdesigner und Schriftsteller, 2013 beschlossen, ein Buch über die zehn größten Höhlensysteme in Neuseeland zu veröffentlichen.

Beide teilen die langjährige Leidenschaft für die Erkundung der unterirdischen Höhlensysteme. Diese extremen Bedingungen stellen Herausforderungen für Höhlenkletter*innen und ebenso natürlich für Fotograf*innen dar. Diese Welt dokumentiert zu wissen, erzählt jedoch auch viel über die Entstehung und Bewegtheit der Welt.

Klimatische Veränderungen, verstorbene Tierwesen (wie beispielsweise der Moa, ein Urzeitvogel der längst ausgestorben ist), die Macht des Wassers und der Zeit kann man in den Fotografien erkennen. Eine im Fels festgehaltene Walschwanzflosse dokumentiert die Zeit. Ebenso wie die bizarren Formationen aus gewachsenen Stalagmiten und Stalaktiten, die Tropfen für Tropfen entstehen.

Frau in Höhle

Kletterer in Höhle mit See.

Die beiden recherchierten die Historie der Erstbegehungen, rekonstruierten die Entstehung von Bergen und Gesteinsmassiven und besuchten Höhlen – daraus ist ein sehr umfassender Bildband entstanden, der neben sehr spannenden und gut erstellen Fotografien viel Hintergrundwissen über die Entstehung der Inseln gibt, die Gesteinszusammensetzung erläutert, eine Zeitreise durch die Entstehung Neuseelands birgt.

Ganze 67 Jahre Höhlenerkenntnisse wurden hier auf circa 300 Seiten zusammengefasst und angereichert mit Fotografien, Karten, Diagrammen, Anekdoten und Berichten. Eine der Höhlen, das Harewoods Hole, habe ich mir nur von außen selbst angesehen. Für eine Begehung wäre ich nicht im Stande gewesen, da mir das Know-how fehlte. Der Respekt vor der Natur in diesem Moment war riesig und lässt einen verstummen, wenn man an so einem Höhleneingang steht, der zirka 170 m steil in die tiefe Schwärze des Erdinneren führt.

Drei Höhlenkletterer in Montur

Kleiner Mensch in großer Höhle

Weiße Höhle mit Gesteinsformationen und ein Höhlenkletterer

Fotografisch sind solche unterirdischen Fotowelten natürlich zusätzlich herausfordernd, da man auf Kunstlicht angewiesen ist. Eigentlich erscheint es paradox, sich als Fotograf genau dorthin zu bewegen, wo die Bedingungen aus lichttechnischer Perspektive am kamerafeindlichsten sind.

Dazu muss man sich samt Gepäck abseilen, das Equipment gut verpackt durch die feucht-nasse Umgebung navigieren, ohne selbst zu schaden zu kommen, und natürlich ohne etwas zu beschädigen. Für das Ansammeln von Wissen über diese Höhlen sind Fotografien jedoch überaus hilfreich. Auch wenn sich zeigt, dass der Mensch sich in diesen Gefilden viel schwieriger bewegen kann, als an der gewohnten Erdoberfläche.

Rettungsaktion in einer unterirdischen HöhleSeilkletterer in Höhle.

Zwei Personen stützen eine Dritte an einem Rettungshubschrauber

Der Erhalt und die Pflege sowie der respektvolle Umgang mit diesen Zeitkapseln unter der Erde spielt eine große Rolle im Buch. Ebenso wird thematisiert, dass es kein leichtes, sondern vielmehr ein gefährliches Unterfangen ist, sich in diesen Unterwelten zu bewegen. Bilder von Rettungsaktionen tauchen im Buch ebenso auf wie große Warnhinweise über die unbedingte Notwendigkeit, die nötige Erfahrung zu haben, wenn man eine Höhle besichtigen möchte.

Diese Orte sind eigentlich nicht für den Menschen gemacht, umso schöner, dass es nun dieses preisgekrönte Buch gibt, um einen Einblick zu bekommen in diese bizarren Welten, ohne dass man sich direkt in Gefahr begeben muss und – und viel wichtiger noch – ohne diese empfindlichen Welten zu beeinträchtigen.

Lichtphänomen unter der Erde

Personen gehen durch unterirdischen Fluss in einer Höhle

Felswand mit Kletterer

Als ich dieses Buch durchgesehen habe, habe ich mich merkwürdig klein und unbedeutend gefühlt. So viel Kraft wird offensichtlich, die in Zeit und Natur steckt, sich behauptet gegen Erdbeben, Naturkatastrophen und ganzen Klimaumschichtungen in höchsten Extremen. So viel Macht, der wir ohnmächtig gegenüber stehen. Mich faszinierten Natur, Fauna und Flora lange vor diesem Urlaub und diesem Buch, doch die Ehrfurcht ist nun noch um ein Vielfaches gewachsen.

Gleichzeitig berichtet dieses Buch auch darüber, dass zunehmend Wünsche nach extremen Erlebnissen in ganz Neuseeland die Natur beeinträchtigen. Als Heimat diverser Extremsportarten werden auch die Höhlen vermehrt besucht und erkundet. Hoffentlich ist die Ehrfurcht der Gäste groß genug, um diesen Orten mit der nötigen Rücksicht zu begegnen.

Informationen zum Buch

„CAVES – Exploring New Zealand’s Subterranean Wilderness“ von Neil Silverwood and Marcus Thomas
Sprache: Englisch
Einband: Hardcover
Seiten: 312
Maße: 26 x 32 cm
Abbildungen: Karten, Diagramme, Fotos
Verlag: Whio Publishing
Preis: 62,90 €

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