08. November 2017 Lesezeit: ~7 Minuten

Lofoten im Herbst

Die Lofoten sind nicht unbedingt als Herbstreiseziel bekannt – ich habe mich Ende September trotzdem auf die norwegische Inselgruppe gewagt. Nach einem überschwänglichen Gespräch mit einem befreundeten Fotografen musste ich es einfach tun.

Ganz spontan buchte ich einen Flug, plante eine grobe Route und reservierte Unterkünfte über Airbnb. Es war also alles geplant. Naja, fast. Denn dass ich zu einer Jahreszeit auf den Lofoten unterwegs sein würde, in der das Wetter noch unberechenbarer ist als sonst, dazu habe ich mir erst viel später Gedanken gemacht.

Landschaft mit spitzem Berg

Der Drang, mit eigenem Auge zu sehen, wovon so viele Fotograf*innen und Landschaftsliebhaber*innen schwärmen, war deutlich größer als die Sorge, auch nur einen Gedanken an Wind und Wetter vor Ort zu verschwenden. Allerdings holte mich das etwa eine Woche vor Beginn der Reise dann doch ein und eine leichte Panik machte sich in mir breit.

Ich prüfte täglich die Wettervorhersage (vollkommen sinnlos, wenn man bedenkt, dass sich die Bedingungen auf den Lofoten quasi im Minutentakt ändern), kaufte einen Satz dicke Kleidung nach dem anderen und tauschte mich mit einem Freund aus, der mich auf der Reise begleiten sollte. Wird schon gut gehen, dachte ich mir, kurz bevor die Reise begann.

Eine Straße vor einer Bergkette

Zunächst ging es mit dem Flieger von Hamburg nach Oslo und direkt weiter nach Bodø. Dort angekommen, holten wir unseren Mietwagen ab. Bevor wir mit einer Autofähre nach Moskenes übersetzten, hatten wir noch ein wenig Zeit, Bodø zu erkunden. Wir aßen eine Kleinigkeit, schlenderten durch die Gassen des kleinen, beschaulichen Ortes und warteten am Hafen auf unsere Fähre.

Die Karten für die Überfahrt hatte ich vorab auf der Webseite der Linie Torghatten Nord reserviert. Man will ja selbst bei über 50 Autostellplätzen nicht unbedingt ein Risiko eingehen! Nötig war es am Ende nicht, denn neben uns waren gerade einmal fünf oder sechs weitere Passagiere an Bord. Kein Wunder, es ging ja auch erst mitten in der Nacht, um 0:15 Uhr, los.

Nächtliche Landschaft am Wasser

Auf See zeigte sich der Norden Norwegens gleich von seiner besten Seite: Zum ersten Mal im meinem Leben konnte ich Polarlichter sehen. Ein schöneres Willkommen hätte ich mir nicht wünschen können! Erst nur als gräulich-grünes Wabern zu erahnen, steigerte sich die Intensität der Aurora rasant, bis der gesamte Himmel in einem faszinierenden Grün schimmerte.

Das Schauspiel auf einem Foto festzuhalten, war beinahe ein Ding der Unmöglichkeit. Die See war einfach zu rau und längere Belichtungszeiten waren aufgrund der ständigen Bewegung praktisch unmöglich. Gestört hat uns das aber nicht. Dafür waren wir zu sehr gebannt von diesem unbeschreiblich schönen Naturschauspiel.

Selbst das stete Schaukeln des Schiffs und die damit einhergehende Übelkeit geriet schnell in Vergessenheit. Die knapp dreieinhalbstündige Überfahrt verging unter diesen Umständen wie im Flug, sodass wir gegen 4:00 Uhr in Moskenes anlegten. Jetzt hieß es nur noch: Auf zur ersten Unterkunft und noch ein wenig schlafen.

Gewässer mit Bergen im Hintergrund

Am nächsten Tag wurden wir von prasselndem Regen und stürmischem Wind geweckt. Um sich mal einer Floskel zu bedienen: Das Wetter nur so schlecht wie man gekleidet ist – also: Regenjacken an und los. Mit dem Auto ging es für uns zunächst in Richtung Å, wo wir ein wenig Zeit an der steilen, schroffen Südküste verbrachten. Die herrliche Natur tat ihr Bestes, um uns von Sturm und Schauern abzulenken.

In den kommenden Tagen klapperten wir das Triumvirat der wohl bekanntesten Orte der Lofoten ab: Reine, Sakrisøy und Hamnøy. Die Fotos, auf die ich bei unseren Reisevorbereitungen und -recherchen stieß, hatten nicht zu viel versprochen. Auf der Brücke Richtung Reine machten wir kurz Pause, nur um von einem phänomenalen Sonnenuntergang überrascht zu werden. Wir trafen mit einem belgischen Backpacker auf ein bekanntes Gesicht von der Fähre in Richtung Moskenes. Zu dritt genossen wir die herrliche Aussicht und ließen den Abend in Ruhe ausklingen.

Aussicht auf eine Landschaft mit See

Unser nächstes Ziel, Fredvang, erreichten wir über eine Brücke, auf der wir bei unserer Anreise um ca. 5:00 Uhr morgens einen wunderbar klaren Sonnenaufgang bestaunen konnten. Vor Ort kamen wir im Gästezimmer eines jungen sympathischen Paares unter. Niilo, der Herr des Hauses, gab uns wertvolle Tipps für die weitere Reise mit auf den Weg. Ein weiteres Zeichen für die großartige Hilfsbereitschaft der Norweger*innen. Nachts überraschten uns die Polarlichter zum zweiten Mal – unvergleichliche Lofoten!

Danach ging es direkt weiter in das kleine und verträumte Fischerdorf Nusfjord, in dem wir uns eine Weile aufhielten und die Ruhe genossen. Gefühlt war der Ort, bis auf einige Katzen, die uns über den Weg liefen, quasi ausgestorben. Das Kreischen der Möwen, der Duft des Meeres, die bunten Holzhäuser: Die Atmosphäre war einzigartig und die Zeit schien still zu stehen.

Ein Dorf am Wasser

Unser nächstes Ziel war Ballstad. Bevor es in Richtung des kleinen Städtchens ging, machten wir einen Stopp am Offersøykammen. Ein „kleiner“, etwa 430 m hoher Berg, den es zu erklimmen galt. Aufgrund unserer mangelnden Wandererfahrung kamen wir nach einer gefühlten Ewigkeit völlig außer Atem auf dem Gipfel an.

Allerdings lohnte sich der Kraftakt, denn die Aussicht war, dem Aufstieg entsprechend, atemberaubend und durch die freie Sicht konnten wir in weiter Ferne das unendlich scheinende Meer, malerische Strände und schroffe Bergmassive erkennen. Selten kam ich mir kleiner vor, als zu diesem Zeitpunkt.

Die schönste Unterkunft der Reise erwartete uns schließlich in Gimsøy: Ein für Norwegen typisches rotes Holzhaus mitten im Nirgendwo, das wir komplett für uns hatten. Aufgrund des immer schlechter werdenden Wetters – und der Behaglichkeit der Unterkunft geschuldet – verbrachten wir den nächsten Tag drinnen und entspannten uns.

Eine Person steht auf einem Steinstrand und sieht aufs Meer

Am letzten Tag der Reise machten wir uns schweren Herzens wieder auf nach Moskenes, von wo aus es wie schon auf der Hinreise per Fähre schließlich gen Flughafen ging. Ich werde die Woche auf den Lofoten wohl nicht so schnell wieder vergessen. Aber lohnt sich eine Reise auf die Lofoten im Herbst?

Ich kann jedem nur wärmstes empfehlen, dieser wunderschönen Inselgruppe einen Besuch abzustatten. Die malerische Landschaft, die zuvorkommenden und netten Einheimischen sowie die einmalige Atmosphäre – all das macht die Lofoten zu etwas ganz Besonderem. In meinem Fall ließen sie aber vor allem die unberechenbare Witterung, mit der man im Herbst zu kämpfen hat, in Vergessenheit geraten. Mich wird es in naher Zukunft auf jeden Fall wieder dorthin verschlagen. Im Herbst vielleicht dann nicht, sondern eher im Sommer.

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