Die Fotoarbeit „Nur zum Meer ist es ein wenig weit“ ist die persönliche Dokumentation einer deutschen Aussteigerkommune in Italien. Hier bin ich aufgewachsen. Die Arbeit schlägt eine Brücke zwischen meinen Kindheitserinnerungen und der Gegenwart, zwischen vermeintlicher Objektivität der Fotografie und radikaler Subjektivität spürbar erlebter Momente erinnerter Biografie.
„Utopiaggia“ nannte sich die Gruppe junger Deutscher, die 1982 auf der Suche nach einem alternativen Lebensmodell in Italien ein Stück Land mit drei verfallenden Häusern kaufte, um dort selbstbestimmt und unabhängig gemeinsam zu leben. Hier wollten meine Eltern mit Gleichgesinnten eine Utopie vom besseren Leben für sich und ihre Kinder verwirklichen.
Kommune bedeutete für die jungen Aussteiger*innen in erster Linie Verfügungsgewalt über die eigenen Lebens- und Arbeitsformen und die Gestaltung ihrer eigenen politischen und kulturellen Sphäre in einer überschaubaren Gemeinschaft. Für meine Diplomarbeit ging ich 2015/16 mit der Kamera in Utopiaggia auf die Suche: Was ist von der Utopie von damals geblieben?
Immer mehr entwickelte sich das Projekt zu einer persönlichen Spurensuche nach den Gefühlserinnerungen meiner Kindheit. Mit meinem zweiten Sohn im Tragetuch und der alten Pentax-Mittelformatkamera vor dem Bauch tauchte ich ins Schattenreich des Halb- und Unbewussten ein, indem ich mich – wie eine dort heute noch lebende Mitbgegründerin beschreibt – „halb wie im Traum durch die Schleier, die sich in vielfachen Schichten um das Eigentliche gelegt haben“, vortastete.
Anmerkung der Redaktion: Das Buch zur Diplomarbeit gibt es bisher noch nicht käuflich zu erwerben. Es ist jedoch in Planung und wird über die Webseite der Fotografin erhältlich sein.