Frauenportrait
26. August 2016 Lesezeit: ~6 Minuten

Warum ich analoge Objektive an der DSLR nutze

In einer Welt, die von hochmodernen und ultrascharfen Objektiven regiert wird, ist doch gar kein Platz mehr für alte Objektive. Die neuen Objektive fokussieren im Bruchteil einer Sekunde, sind dabei äußerst präzise und bilden mittlerweile schon bei Offenblende knackscharf ab. Wozu also noch mit Objektiven einer längst veralteten Generation fotografieren?

Eins vorneweg: Diese Art der Fotografie, auf die ich in diesem Beitrag eingehen werde, hat dazu beigetragen, dass sich mein Stil im letzten halben Jahr ziemlich gewandelt hat. Es ist eine Art Herausforderung für mich gewesen, mich in Bezug auf Technik bewusst „einzuschränken“. Wie es sich auf meine Porträtfotos ausgewirkt hat, beschreibe ich seitdem regelmäßig auf meinem Fotografieblog.

Mann im Auto

Dabei habe ich vor einigen Jahren selbst noch ganz anders über Ausrüstung aus analogen Zeiten gedacht: Die alten Objektive sind durch die manuelle Bedienung doch ziemlich langsam. Darüber hinaus haben sie doch gar nicht die nötige Schärfe, die zum Rand hin sogar weiter abfällt und dazu noch extrem vignettiert. So kann man doch von Grund auf kein ordentliches Foto machen. Vielleicht hattet Ihr ja auch schon einmal einen solchen Gedanken.

Vor etwa drei Jahren habe ich mir meine erste analoge Kamera im Internet ersteigert. Für ca. 50 € erhielt ich eine Canon AE-1. Nach einer kurzen Eingewöhnungsphase war ich begeistert davon, mit alter Technik auf Film zu fotografieren. Es war für mich eine völlig neue Art, Fotos zu machen. Ich habe ein Jahr lang größtenteils analog fotografiert und mich immer weiter damit auseinander gesetzt. Es folgten noch weitere analoge Kameras.

Dann ging ich aber dazu über, auch wieder digital zu fotografieren. Mir fehlte manchmal die Flexibilität, die man mit einer digitalen Kamera doch hat. Hier habe ich dann aber etwas vermisst. Es war mir teilweise zu perfekt.

Eine Frau im Wald

Ein „neues“ Objektiv kaufen

Doch dann begann in der Fotografiebranche ein Wandel: Der Retro-Bildlook war wieder modern. Film-Presets wurden immer beliebter und immer öfter angeboten. Und auch alte Objektivschmieden fingen wieder an, damalige Objektiv-Klassiker neu aufzulegen. Ein Beispiel hierfür ist das Petzval-Objektiv).

Allerdings war ein von mir geschätzter Vorteil der analogen Fotografie, dass man mit wenig Geld zu genialen Ergebnissen kommen kann. Deshalb kam es für mich erst einmal nicht in Frage, solche Objektive für teilweise mehr als 500 € zu kaufen. Wenn ich etwas Altes und Unperfektes haben will, wieso dann nicht einfach alt und wesentlich günstiger kaufen?

Ein Mann vor Blüten

Der ausschlaggebende Grund, die analoge und die digitale Welt miteinander zu kombinieren, war für mich, dass ich mich einem „analogen Look“ annähern, aber nicht auf die Flexibilität verzichten wollte, die moderne Kameras mit sich bringen. Es sollte auch nicht nur bei ein paar analogen Farben im Colorgrading bleiben.

Ich recherchierte etwas. Anfangs hat mich das sogenannte Swirley-Bokeh vieler alter Linsen begeistert. Nach einer kurzen Recherche war für mich klar, dass ich mir das Helios 44-2 58 mm f/2.0 holen würde. Ich habe es für 35 $ im Internet ersteigert. Es wurde aus der Ukraine verschickt. Dazu den passenden M42-Adapter .

Objektiv in einer Hand

Aber auch andere Linsen sind hier durchaus empfehlenswert. Die Objektive aus dieser Zeit (um 1970–1980) sind meistens sehr hochwertig aus Metall gefertigt. Darüber hinaus besitzen sie immer noch gute Gläser und eine lichtstarke Offenblende.

Auch wenn meine Bearbeitung teilweise etwas eigener ist, als es damals auf Film ausgesehen haben könnte: Ich greife zwar auf analoge Elemente wie Objektive und Farbgebungen zurück, kombiniere sie aber trotzdem mit meinem eigenen Stil. Ein paar Kernelemente und ein analoger Hauch sind aber immer noch vorhanden.

Objektiv in einer Hand

Was Ihr bei der Verwendung beachten solltet

Sobald man das analoge Objektiv durch den jeweiligen Adapter an der digitalen Kamera angebracht hat, kann es losgehen. Dabei ist zu beachten, dass je nach Kamera-Bajonett nicht nur die Anschlussart variiert, sondern auch der Abstand des Objektivs zum Sensor. Dadurch ist es oft nötig, dass der Adapter eine Korrekturlinse besitzt. Ansonsten ist kein Fokus mehr auf unendlich möglich. Leider mindert diese Zwischenlinse die Qualität oft ziemlich.

Am besten ist es also wie bei meinem M42-Objektiv, dass ich ohne diese Zwischenlinse an meiner 5D Mk III trotzdem auf unendlich scharf stellen kann. So bleibt die Qualität erhalten. Hier muss man sich je nach Kameramodell und Anschluss des gewünschten Objektivs etwas informieren.

Frauenportrait mit wehendem Haar

Alternativ kann man auch einen Adapter ohne Korrekturlinse verwenden, wodurch man dann aber zum Beispiel keine Landschaftsaufnahmen mehr auf unendlichem Fokus fotografieren kann. Hat man einen Adapter mit Korrekturlinse, steigt die Qualität auch wieder an, wenn man entsprechend abblendet. Fokus und Blende werden dann manuell über die beiden Ringe am Objektiv bedient. Logischerweise werden auch keine Exif-Informationen darüber vom Objektiv übertragen.

Was etwas Übung braucht, ist wohl das manuelle Fokussieren. Durch den normalen Sucher einer DSLR ist wie auch im digitalen Bereich nicht zu 100 % zu erkennen, ob es wirklich scharf ist. Deshalb erweist sich der Einsatz des Live Views mit entsprechender Lupenfunktion als äußerst hilfreich. Besitzer einer spiegellosen Kamera mit Fokus Peaking oder Magic Zoom werden es wohl etwas einfacher haben.

Ein Mann im Wald

Fazit: Eine Brücke zwischen zwei Welten

Für mich ist der Einsatz von analogen Objektiven an modernen Kameras eine Art Brücke zwischen der analogen und der digitalen Welt. Mir hat es nicht ausgereicht, nur einen analogen Farblook auf ein makelloses digitales Foto anzuwenden. Ich wollte schon beim Fotografieren auf einen Retro Look hinarbeiten. Dabei spielen vor allem die Unschärfe, die Vignette, das spezielle Bokeh und viele weitere Faktoren eine wichtige Rolle, die ein altes Objektiv mitbringt. Aber auch das Fotografieren an sich verändert sich. Durch den manuellen Fokus ist man gezwungen, sich etwas mehr Zeit für seine Fotos zu nehmen.

Die Qualität der allgemeinen Verarbeitung, aber auch der Gläser ist auch heute noch oft besser als die von so mancher Plastikscherbe auf dem Markt. Kombiniert mit einem Adapter bekommt man ein günstiges Objektiv für seine Sammlung, mit dem man aktiv ausprobieren und experimentieren muss.

Habt Ihr auch schon einmal mit einem analogen Objektiv an einem digitalen Kamerabody fotografiert? Welche Erfahrung konntet Ihr damit machen? Schreibt es in die Kommentare.

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