Im Gespräch mit Rubi Lebovitch
Rubi Lebovitch ist ein israelischer Fotograf, der sich in seinen Arbeiten mit dem Verhältnis von Mensch und Umwelt beschäftigt. In seiner Serie „Home Sweet Home“ thematisiert er die Beziehungen von alltäglichen Objekten und seinen Benutzern.
Hallo, Rubi! Wer bist Du eigentlich?
Mein Name ist Rubi Lebovitch. Ich bin 1974 geboren, lebe in Tel-Aviv, Israel, mit meiner Frau und unseren zwei Söhnen. Ich habe im Alter von 16 Jahren begonnen, Kunst in der High School zu studieren. Ich habe mich mit Malerei beschäftigt und mir nebenbei Fotografie selbst beigebracht.
Mit 21 Jahren bin ich dann aufs Collge gegangen und habe nach vierjährigem Studium meinen Bachelor of Fine Arts in Fotografie an der Bezalel Academy of Art and Design gemacht. Danach habe ich noch meinen Master gemacht und mich weiter in der Fotografie spezialisiert.
Deine Serie „Home Sweet Home“ zeigt humorvolle, merkwürdige und absurde Szenarien aus dem heimischen Umfeld, aber zuhause fühlt man sich nicht. Worum geht es genau?
Auf der einen Seite ist der Titel natürlich extrem ironisch, denn wir erwarten beim Wort „Zuhause“ einen gemütlichen, warmen und ordentlichen Platz und nicht solche Bilder wie aus meiner Serie. Auf der anderen Seite geht es um die tägliche Routine in unseren Häusern und diese komischen Dinge, die Leute tun oder sammeln.
Meine Fotos stellen eine Übertreibung der alltäglichen häuslichen Probleme dar, die wir alle kennen, wie Nägel in die Wand schlagen, um Bilder aufzuhängen oder eine freie Stelle im Kleiderschrank zu finden.
Auf den meisten Bildern finde ich nur Objekte und lediglich auf ganz wenigen sind Menschen zu sehen. Stehen diese „Dinge“ für etwas, sind sie hier lebendig und die handelnden Akteure?
Auch wenn die Menschen irgendwie in allen Bildern präsent sind, zeigen nur wenige Fotos wirklich Menschen. Und auch wenn sie anwesend sind, liegt der Fokus immer auf den Dingen, die Menschen bleiben im Hintergrund. Sie sind mit den üblichen Angewohnheiten beschäftigt, aber die Objekte sind wirklich lebendig, sie übernehmen die Szene. Wie im absurden Theater ist die Beziehung der Personen in den Bildern und der Welt um sie herum sinnlos und lächerlich und sie versagen dabei, effektiv zu kommunizieren.
Bei Deinen Bildern muss ich unwillkürlich an das „Unheimliche“ von Sigmund Freud denken, das im Deutschen einen engen sprachlichen Bezug zum Wort „Heim“ hat und sowohl das Unvertraute als auch das Vertraute beschreibt. Auf der anderen Seite denke ich an Standbilder wie die Arbeiten von Cindy Sherman. Spielen solche Bezüge für Dich eine Rolle?
Natürlich, meine Arbeit ist eng verbunden mit Freuds Theorie zum „Unheimlichen“, das einen Angstcharakter des Unheimlichen darstellt, vor allem in dem, was uns eigentlich vertraut ist. Das Bekannte verliert hierbei seine Sicherheit, die wir eigentlich mit unserem Zuhause verbinden und wird zur Quelle der Angst und Verwirrung.
Filme inspirieren mich natürlich auch, denn ich schaue oft welche und liebe es sehr; ich kann aber nicht sagen, dass sie mich direkt beeinflussen. Die meiste Inspiration finde ich in Büchern und in meiner eigenen Fantasie. Aber die „Untitled Film Stills“ von Cindy Sherman sind eine meiner liebsten Fotoserien überhaupt.
Wie lange arbeitest Du schon an der Serie und ist sie abgeschlossen? Wo hast Du diese Orte und Räume gefunden – sind das echte Häuser oder hast Du sie für Deine Bilder erschaffen?
Ich habe die letzten acht Jahre an diesem Projekt gearbeitet. Jetzt, da das Buch veröffentlicht ist, denke ich natürlich darüber nach, was als nächstes passieren könnte. Soll ich ein neues Projekt beginnen oder zurück in die Straßenfotografie gehen, aus der ich gekommen bin? Mein erster Instinkt sagt mir, ich sollte mich weiter auf häusliche Themen konzentrieren und das Ganze in eine weitere Richtung entwickeln.
Die meisten Bilder sind in meinem Apartment entstanden oder in den Wohnungen von Freunden und Familie. Alles ist real, aber ich habe sie natürlich für die Aufnahmen umgebaut und so verändert, wie ich sie brauchte.
Wie lebst Du selbst, gibt es Situationen aus den Bildern, die Deinem eigenen Leben entsprungen sind?
In vielerlei Hinsicht ist „Home Sweet Home“ mit der Geburt meiner Zwillingssöhne vor acht Jahren geboren worden. Während ihrer ersten Lebensjahre habe ich sehr viel mehr Zeit als früher zuhause verbracht und als sie ein bisschen älter waren, habe ich oft Haushaltsgegenstände benutzt, um sie zu überraschen. Dadurch habe ich die Möglichkeiten in jedem Winkel unseres Hauses entdeckt.
Aber selbst, wenn ich viele Ideen und Inspirationen aus meinem Zuhause genommen habe, sind die Szenen aus den Fotos sehr weit entfernt davon, wie ich selbst mit meiner Familie lebe. Sie sind einfach eine Übertreibung alltäglicher Probleme und banaler Angewohnheiten, mit denen wir wohl alle vertraut sind.
Das Interview wurde von Anne Henning auf Englisch geführt und ins Deutsche übersetzt.