Und sie leben doch
Fotografiert habe ich schon als Kind. Auf Klassenfahrten, Geburtstagen, Ausflügen und so weiter. Meine erste Kamera war von Kodak und wurde mit Filmkassetten bestückt. Nachdem ich mein erstes eigenes Geld verdient hatte, kaufte ich eine Bridgekamera von Olympus. Zum ersten Mal eine Kamera mit einem Zoomobjektiv. Mit ihr wurden Urlaube, Ausflüge und die ersten Jahre der Kinder fotografiert.
Irgendwann, es war vor der Jahrtausendwende, gönnte ich mir meine erste SLR. Eine Canon EOS 30. Erst mit Zoom-, später dann mit lichtstarken Festbrennweiten. Von nun an glaubte ich, mache ich großartige Fotografie. Die ersten Entwicklungen waren ernüchternd. Dieselben Bilder wie gehabt, in gleicher Qualität. Ich war schon ein wenig enttäuscht. Aber es war auch der Schlüsselmoment, in dem ich begriffen habe, dass Bilder nicht in der Kamera, sondern wenige Zentimeter dahinter gemacht werden.
Von nun an wurden Fotolehrbücher gelesen, einige VHS-Kurse besucht, sogar einen Portraitkurs an der Essener Fotoschule habe ich mir gegönnt. Übungsmaterial waren Freunde und Familie. Die waren aber nicht immer begeistert, so dass ich mich anderweitig umschauen musste.
Ich fing an, Statuen, Denkmäler und Schaufensterpuppen als Übungsobjekte zu benutzen. Schnell fiel mir auf, dass einige Puppen – Charakter würde zu weit gehen, aber doch: – einen gewissen Ausdruck haben. Ich ging immer öfter auf die Suche nach Schaufenstern.
Vor einiger Zeit bin ich auf ein Buch von Heinz Schubert (Ekel Alfred) gestoßen. Er ist während seiner Theatertourneen immer durch die Straßen der von ihm besuchten Städte gelaufen und hat auch Schaufenster fotografiert. Er nannte das Buch „Theater im Schaufenster“.
Dadurch animiert, machte ich auch ein kleines Fotobuch mit dem Titel „Und sie leben doch“, in dem ich mit zwinkerndem Auge einige „Persönlichkeiten“ der heimischen Schaufenster vorstelle.
Schaufensterpuppen mit Gesicht und Charakter sind in der heutigen Zeit, in der alle Labelketten auf einheitliches Design setzten, schwer zu finden. Am ehesten findet man sie in Luxusläden oder aber Secondhand-Läden. Ich habe in meiner Nachbarschaft einen Laden, der ausschließlich Mode der 20er und 30er Jahre verkauft. An diesem Schaufenster komme ich fast täglich vorbei und schaue immer, ob schon umdekoriert wurde.
Natürlich wurde ich von den Besitzern auch schon angesprochen. Nachdem ich mein Anliegen erklärt habe, kam ein Lächeln auf ihr Gesicht und die Bitte, ihnen doch einmal ein paar Bilder zukommen zu lassen.
Eine weitere lustige Begegnung hatte ich mit zwei Mädchen, die vielleicht 14 oder 15 Jahre alt waren und im übertriebenen Schuloutfit daher kamen. Sie fragten mich, ob ich denn auch „richtige“ Puppen fotografieren möchte, natürlich gegen Gage. Ich war schon etwas perplex, faselte etwas von TFP und Volljährigkeit und lehnte dankend ab. Da wollten die Teenies tatsächlich ihr Taschengeld aufbessern. Ansonsten werde ich eigentlich nicht beachtet. Gelegentliches Kopfschütteln kann ich mittlerweile ganz gut ignorieren.
Ein wirkliches Problem beim Fotografieren sind eher die Spiegelungen in der Schaufensterscheibe. Ich begegne ihnen, indem ich versuche, nicht frontal vor der Scheibe zu stehen und selbst im Bild zu erscheinen, ansonsten nehme ich sie als gegeben und beziehe sie in die Gestaltung mit ein. Die Anschaffung eines Polfilters habe ich erwogen, mich dann aber dagegen entschieden.
Ein weiteres Problem ist der Autofokus, der natürlich auch nicht immer das macht, was er soll. Also manuelles Fokussieren. Seit einiger Zeit fotografiere ich mit einer Messsucherkamera von Zeiss und da es an ihr keinen Autofokus gibt, gibt es auch keine Probleme damit. Etwa die Hälfe der hier gezeigten Bilder sind damit entstanden.
Mein Fotobuch zum Projekt ist ein Einzelexemplar. Wer daran Interesse hat, darf mich gern kontaktieren. Ich würde es gegen Übernahme der Kosten nachdrucken lassen. Falls das Interesse größer sein sollte, mache ich eine nummerierte Kleinserie daraus.