01. Februar 2016 Lesezeit: ~4 Minuten

Reisebericht: Südtirol

Ein seltsames Gefühl, wieder hier zu sein – vielleicht ist Sehnsucht die beste Umschreibung, wenn man einen derart markanten Ort so mit seiner Kindheit verbindet. Ein Dorf, das eigentlich ganz ähnlich ist wie das, in dem ich aufgewachsen bin und doch thront eine monumentale Felswand, die Westflanke des Schlerns, über dem Dorf Völs im Trentino-Südtirol.

Im September 2015 ging es also für gut eine Woche in die Dolomiten, die laut Reinhold Messner die schönsten Bauwerke der Welt darstellen. Mir war klar, dass an dieser Aussage was dran ist, immerhin bin ich oft genug dort gewesen, aber jetzt hatte ich zum ersten Mal die Möglichkeit, die Gegend mit dem Auge eines Fotografen zu erkunden.

Es stand einiges auf dem Plan und ohne sportlichen Ehrgeiz kommt man in den Bergen nicht besonders weit. Also war am ersten Tag Akklimatisierung angesagt, was uns Flachlandtirolern durchaus gut getan hat. Vom Wanderparkplatz oberhalb von Tiers ging es durch das wildromantische Tschamintal zur Grasleitenhütte auf 2165 Metern Höhe.

Blick vom Tal auf einen Berg

Da wir uns an diesem Tag bereits auf halbem Wege befanden, konnten wir am Abend noch einen Juwel der Südtiroler Alpenseen besuchen, den Karersee. Eine Komposition wie man sie sich als Landschaftsfotograf besser kaum vorstellen kann. Der See liegt unterhalb des Karerpasses am Latemarmassiv, fas sich im türkisblauen Wasser spiegelt. Inmitten solcher Berge und gerade bei solch perfekt nach Westen ausgerichteten Felswänden hofft man beim Sonnenuntergang immer auf ein ganz besonderes Naturphänomen: Alpenglühen.

Ein See im Sonnenuntergang

Nicht weit vom Dörfchen Völs in Richtung Tuffalm (der Teller mit Tiroler Bis, Spinat-Käseknödel ist wärmstens zu empfehlen) liegt der Völser Weiher. Bei gutem Wetter sind hier extrem viele Touristen unterwegs, da man eine entspannte Runde auch mit einem Kinderwagen drehen kann. Kommt man jedoch zu den Tageszeiten, zu denen Fotografen aktiv werden, teilt man sich dieses idyllische Plätzchen höchstens mit ein paar Anglern.

Boote an einem Weiher

Nun gut, wir waren mittlerweile akklimatisiert und hatten noch eine Besteigung des Plattkofels eingeschoben. Also fühlten wir uns bereit, von Völs aus auf den Schlern zu wandern und eine Nacht am Gipfel zu verbringen. Wir wählten die Route über den Prügelweg und waren guter Dinge, unser Nachtlager im Schlernhaus aufschlagen zu können. Von dort hat man eine faszinierende Aussicht auf den Rosengarten, das vergangene Reich des Zwergenkönigs Laurin.

Rosengarten mit Lang- und Plattkofel © Jonas Hühn

Ausgehend vom Schlernhaus auf 2457 m hat man noch ca. einen 20-minütigen Aufstieg zum Monte Pez (2563 m), dem höchsten Punkt des Schlernmassivs vor sich. Diesen Weg sparten wir uns allerdings für den nächsten Morgen auf. Nach einem zünftigen Hüttenabend ging es zur Nachtruhe in die Koje, wobei wir sehr luxuriös in einem Zimmer nur für uns schlafen konnten.

Vor dem Schlafen gehe ich dann immer noch einmal alles durch, checke meinen Kamerarucksack und lege mir alles, was ich am kommenden Morgen benötige, zurecht, um Zeit zu sparen und keine Überraschungen erleben zu müssen. Der Aufstieg war schnell erledigt, nur leider war das Wetter so gar nicht, was ich erhofft hatte. Eine zähe Nebelsuppe umgab den Gipfel, sodass kaum zehn Meter Sicht vorhanden waren. Jedoch tat sich nach nur fünf Minuten ein kleines Loch in der Wolkendecke auf und ich wurde leicht optimistisch.

Dichter Nebel

Schließlich rissen die Nebelschwaden auf und wir standen über einem Meer aus Wolken. Ein Moment, der mir lange in Erinnerung bleiben wird. Auf dem Berg, mit dem ich so viel verbinde, eine solche Freude zu spüren, ist jede Anstrengung wert gewesen.

Die zum Teil leicht beige Färbung des Dolomitgesteins lässt es gerade bei flachem Sonnenauf- oder -untergangslicht besonders stimmungsvoll in Szene setzen. Doch bieten diese Gipfel mit ihren markant senkrechten Felsformationen bei jeder Tageszeit interessante Perspektiven.

Felsmassiv

Sicher ist, dass ich nicht zum letzten Mal in den Südtiroler Alpen war. Ein Traum wäre es, eine exponiertere Tour mit Biwak am Berg durchzuführen, um so unabhängig wie möglich diese grandiose Landschaft fotografieren und erleben zu können.

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