Als ich Dave Kings Fotografien zum ersten Mal gesehen habe, schoss mir direkt Karl Blossfeld in den Kopf. Die schwarzweißen Bilder, die sich wie der Blick in ein altes Herbarium anfühlen, erinnern in ihrer floralen Motivwahl an den großen Naturfotografen des 20. Jahrhunderts.
Doch die Bilder von Dave King, der in London lebt, sind auch irgendwie ganz anders. Sie sind nicht so klar, sie sind nicht so hart. Seine Blumen stehen weich und zart vor der Kamera. Es gibt keine strenge Komposition, keine reine Geometrie, keine Standardisierung. Der Schärfenverlauf ist ganz anders. Dennoch sind seine Schwarzweißfotos sehr reduziert, keine Blume hat eine Farbe, alles ist auf die reine Form und die Beschaffenheit der Oberfläche fokussiert. Dies lässt sie surreal und überdimensional in all ihren Details erscheinen und die Blätter einer Ananas wirken auf mich wie ein riesiger Kaktus.
Entstanden sind diese Fotografien im Kollodium-Nassplatten-Verfahren, über das wir schon mehrfach Gastartikel gebracht haben, in denen man etwas mehr über die Technik nachlesen kann. Dave King, der eigentlich keine große Ahnung von Chemie und sich daher anfangs gescheut hat, sich mit diesem alten Verfahren auseinanderzusetzen, ist immer noch begeistert von den Platten, die er seit inzwischen fünf Jahren perfektioniert:
Ich habe einige Dokumentationen über Sally Mann gesehen und war fasziniert von ihren Nassplatten. Auch auf Flickr habe ich einige interessante Fotografen gefunden und durch viele Stunden intensiver Nachforschungen im Internet habe ich mich der Sache langsam nähern können. Es gibt eine große Szene in den USA, aber auch manche Fotografen die sich innerhalb Europas auf das Kollodium-Verfahren spezialisiert haben, sodass ich dort mehr Informationen und Tipps zur Mischung der Chemie bekommen konnte. Zum Glück gibt es einige sehr gute und erfahrene Lehrer, dazu kommen Handbücher und Tutorials, Internetforen und all die Aktivitäten in Blogs.
Es ist schwer, eine alte und funktionstüchtige Balgenkamera zu bekommen, weil sie selten sind und meistens nicht in guter Verfassung, aber es gibt Handwerker, die sie wieder herrichten können. Aber um Zeit und auch Geld zu sparen, habe ich meine eigene Plattenkamera gebaut und die Ausrüstung selbst entworfen.
Eine gut entwickelte Nassplatte ist einfach voller Schönheit, die seichte Tiefenschärfe der alten Petzval-Objektive und die geringe Körnung in der Emulsion geben den Nassplatten einen fast schon holografischen Effekt. Es kann manchmal frustrierend sein, aber es ist auch ein fruchtbarer Prozess, wenn Sorgfalt, Präzision und eine methodische Arbeitsweise Dich mit einzigartigen und nahezu klaren Bildern belohnen.
Die Serie „Flora“ ist ein fortlaufendes Projekt, an dem Dave King von Zeit zu Zeit weiterarbeitet. Er fotografiert aber nicht nur Pflanzen, auf seinem Blog sind auch intensive Portraits und viele andere Stilleben zu finden. Wer mehr Arbeiten von ihm sehen möchte, auch außerhalb des Nassplatten-Verfahrens, sollte auch bei Flickr oder auf seiner Webseite vorbeischauen.