Die Redaktion stellt sich vor: Tilman Haerdle
Mein Name ist Tilman Haerdle, ich bin 47 Jahre alt, Vater von drei Kindern, von Beruf Informatiker und lebe mit meiner Familie in München. Ich fotografiere gern.
Auch wenn der obige Absatz schon ganz gut beschreibt, wo ich stehe, werde ich nicht umhin kommen, etwas mehr zu meinem Verhältnis zur Fotografie zu schreiben. Aber es fällt mir schwer, mich selbst hier im Mittelpunkt eines Artikels zu sehen, weil ich lieber über andere schreibe. Wenn ich fotografiere, möchte ich mit meinen Bildern anderen das zeigen, was ich selbst gesehen habe.
Mein Anspruch an meine eigene Fotografie ist daher auch relativ einfach: Wenn ich fotografiere, möchte ich handwerklich ordentliche Bilder produzieren, keine Kunstwerke, die das vermitteln, was ich sehe oder empfinde und nach Möglichkeit versuche ich dabei, mich nicht zu wiederholen. Ich arbeite lieber in Serien als in Einzelbildern. Meine Bilder entstehen in der Kamera, nicht in Photoshop, auch wenn ich es respektiere und bewundere, was manche mit diesem Werkzeug erschaffen.
Bis 2010 war Fotografie für mich nur als unbedeutende Nebensache existent. Natürlich macht man Bilder im Urlaub. Fotografieren, entwickeln lassen, einmal ansehen, zurück in die Filmtasche und nie mehr hervorholen. Dann habe ich Ende 2010 Instagram für mich entdeckt. Auf einmal war da dieser endlose Strom faszinierender Bilder, aus allen Ecken und Enden der Welt, Smartphone-Bilder und dennoch so gut, so neu.
Aus heutiger Sicht kann ich nicht mehr nachvollziehen, was der Auslöser dafür war, im Verlauf weniger Wochen nachgerade süchtig nach Fotografie zu werden. Alles zu fotografieren, was man sieht, was merkwürdig ist. Anfangs reizten mich alltägliche Objekte, Licht, Architektur, Bäume, Landschaften, großzügig mit Filtern nachbearbeitet, mit Texturen versehen. Gern auch das eine oder andere Bild mit HDR-Effekt. 2012 kommt dann folgerichtig eine DSLR ins Haus, um „richtige“ Bilder zu machen. Endlich wirklich „gute“ Fotos?
Mitnichten. Im Lauf der Zeit hat sich meine Ausrüstung weiter vergrößert, auf die subjektive Qualität der Bilder hat das wenig Einfluss gehabt. Die banale Erkenntnis, dass nicht die Kamera, sondern der Fotograf das Bild macht, stellte sich irgendwann auch bei mir ein.
Einzig, dass in manchen Situationen das eine Werkzeug besser geeignet ist als das andere. Die Möglichkeiten der Technik hinsichtlich der Erzielung ultimativer Bildqualität reize ich bestimmt nicht aus; im Gegenteil macht es manchmal einfach Spaß, mit einer alten analogen Spiegelreflex und abgelaufenen Filmen zu fotografieren.
Über die Jahre haben sich in meiner Fotografie Schwerpunkte entwickelt. Dokumentarische Fotografie, Portraitfotografie und Straßenfotografie mit ihren Möglichkeiten, immer neue Geschichten zu erzählen, sind die Gebiete, an denen ich mich abarbeite. Für mich sind das die fotografischen Disziplinen, die nach meinem Gefühl „endlos“ sind, bei denen das Lernen nie aufhört, bei denen man immer wieder aufs Neue versuchen kann, sich seinem Subjekt noch besser zu nähern.
Szenen auf der Straße zu fotografieren, dort interessante Situationen festzuhalten oder auch Geschichten zu finden, die man mit mehreren Bildern erzählen muss, ist eine Herausforderung, der ich mich niemals gewachsen sehe. Menschliches Leben festzuhalten, Entwicklung und Veränderung zu dokumentieren, finde ich immer wieder spannend.
Wenn ich unterwegs bin, habe ich immer eine Kamera dabei und wenn es nur die im Smartphone ist. Was dann dabei fotografisch herauskommt, überlasse ich der Situation. Es gibt jedoch einige Themen, die mich teilweise seit Jahren beschäftigen und die ich gern verfolge, wenn sich die Gelegenheit ergibt. Ich lebe seit ein paar Jahren in Bayern, das Thema „Tracht und Tradition“ hat mich hier früh interessiert.
Menschen in Tracht zu fotografieren und dabei das Umfeld mit einzubeziehen, in dem Tracht getragen wird, ist beispielsweise eines der Themen, die mich langfristig beschäftigen. Ein anderes Projekt, das ich schon seit Jahren verfolge, sind Menschen mit ihren Hunden. Oft sieht man Gemeinsamkeiten, manchmal auch starke Kontraste.
Seit knapp zwei Jahren sammle ich auch Fotobücher und es sind dabei die Fotografen, die nah dran sind, die mir den meisten Respekt abnötigen, die zeigen, wie man erzählt: Anders Petersen, Bruce Davidson, Mary Ellen Mark, Robert Mapplethorpe und Richard Avedon, um ein paar zu nennen.
Außerdem lese ich viel über Fotografie, für mich ist die Beschäftigung mit Fotografie ebenso wichtig wie das Fotografieren selbst. Ich nutze einen RSS-Reader, um eine ganze Reihe von Fotoblogs zu abonnieren. Nach wie vor lese ich Eric Kim gern, weil er immer wieder neue Blickwinkel auf das Genre der Straßenfotografie liefert, außerdem freue ich mich besonders über jeden Artikel von Blake Andrews oder Gregory Simpson, um nur drei Favoriten zu nennen.
Auch wenn ich inzwischen einiges an Erfahrung gesammelt habe, bin ich Autodidakt ohne formale Ausbildung, was ich aber nicht mehr als Nachteil empfinde. Ein „klassischer“ Fotograf hat ein sorgfältig kuratiertes Portfolio, bei mir findet sich, chronologisch sortiert, ein buntes Sammelsurium von Bildern im Netz, verteilt über mehrere Dienste wie Flickr, Instagram oder VSCOGrid. Es gibt durchaus Bilder, die mir besonders viel bedeuten, die immerhin hängen gerahmt an der Wand. Familie.
In der Regel werde ich hier auf kwerfeldein wenig eigene Projekte zeigen. Ich möchte Euch spannende, unterschiedliche, sehenswerte, merkwürdige Fotografen vorstellen. Gern im Interview oder über Bildstrecken oder über ihre Bücher. Manchmal teste ich auch Equipment. Subjektiv und immer unter der Maßgabe, wie die Technik mich besser unterstützen kann. Ich freue mich, Teil dieses Teams sein zu dürfen. Ein Informatiker unter Fotografen.