12. März 2015 Lesezeit: ~5 Minuten

Imagination und Vision

Meine Leidenschaft für Fotografie begann vor etwa sieben Jahren, als ich mit einem Studium der Malerei begann. Vielleicht war ich zu faul für die Malerei. Außer der Tatsache, dass Fotografie ein schnelleres und direkteres Medium war, bot es mir mehr unterschiedliche Wege, meine Visionen zu verwirklichen.

Obwohl meine ersten Fotos nur Skizzen für Bilder waren, fand ich schnell heraus, dass ich mich in diesem Medium besser ausdrücken konnte als in der Malerei.

Surreales Portrait mit Spinnenarmen

Ich versuche immer noch, meine Fotos wie Gemälde zu komponieren. Also denke ich meistens nicht über die technischen Möglichkeiten der Kamera nach, sondern nutze sie vor allem zur Umsetzung meiner Ideen. Eindrücke und Ausdruck sind die wichtigsten Faktoren.

Am Anfang war ich sehr inspiriert von Malerei und Fotografie des viktorianischen Zeitalters, aber auch vom Symbolismus und Expressionismus. Ich mag das viktorianische Portrait von morbider Schönheit, seine Faszination mit dem Tod. Ein weiterer Einfluss ist die Ikonographie von Heiligen, etwa aus dem Mittelalter oder dem Barock.

Frauenportrait von hinten in einer Höhle

Ich sammelte einige Erfahrung mit Video- und Performance Art, aber meine Hauptbeschäftigung blieb die Fotografie. Sie beinhaltet auf eine bestimmte Weise mein eigenes Verhalten, sie ist also Repräsentation von persönlichen Ereignissen. Ich „performe“ privat Fotografie, in verschiedenen Rollen, deswegen sind viele meiner Serien Selbstportraits. Das ist auch der Grund, warum ich klassische Bildwelten wie Feen, weibliche Helden, Figuren aus der Folklore, weibliche Heilige und so weiter verwende.

Ich mag es, zwischen den Extremen zu pendeln – ich fing mit Selbststilisierung als Heilige an und durchlief Interpretationen als Schneewittchen und Figuren aus slovakischen Märchen. Danach inzensierte ich einige bekannte Bilder aus Horrorfilmen. Nach dieser Art Horror-Popkultur durchlief ich die Welt der Gedanken in der Prosa und Lyrik von Virginia Woolf und Sylvia Plath. Die Serie über diese beiden Schreiber nennt sich „The Death Of The Moth“ (2012) und ist benannt nach einem Essay von Virginia Woolf.

Ich verwandelte mich in eine imaginäre Figur, eine zerbrechliche Person mit widersprüchlichen Leidenschaften, die sich selbst und andere verletzen konnte. Aus den Selbstportraits entstand eine starke Identifikation mit dem Autoren, bis hin zu dem Punkt, an dem die Grenze zwischen mir und den Portraits verwischte. Der Prozess der Fotografie wurde dadurch zu einer Art Katharsis, ein intimes Abgleichen ihrer verblüffenden Leben mit meinen eigenen Traumata.

Surreale Schatten an der Wand

Nach der Serie „Death Of The Moth“ hörte ich damit auf, Intimsphären in meine Arbeit zu bringen. Ich hörte auch damit auf, mich selbst einzubeziehen. Das Ergebnis war die Reihe „Time To Forget The Colour Of My Eyes“ (2013) während meiner Künstlerresidenz in Kharkov in der Ukraine. Die Bilder aus dieser Serie sind fiktionale Geschichten von Frauen, von Momenten aus ihren Leben, und sie dokumentieren die Spuren, die sie in der Stadt zurückließen.

Das Projekt „Time To Forget The Colour Of My Eyes“ ist auf eine Weise romantisch und sentimental, wie Erinnerungen von Menschen. Es ist auch mysteriös, melancholisch und düster, als ob es das Leben mit dem Tod, der Gegenwart und der Vergangenheit verbinden würde.

Umringt von Schatten

Im Moment arbeite ich an meiner noch laufenden Serie Agast Atera En, die ich 2013 gestartet habe und die sich mit dem Hexentum beschäftigt, mit Legenden, mythischen Figuren wie Feen, die in einer bestimmten Gothic-/Black Metal-Ästhetik dargestellt werden. Es ist eine Weiterführung einer Serie mit dem Titel „They Keep Calling Me“ (2011), die lose auf Horrorfilmen basiert. Ich posiere als eine Art dunkler Charakter mit Film-Background, aber die Portraits sind eher Reflektionen.

Zwei Aktmodelle in der Natur

Eine meiner seltenen Reihen, in denen ich mit männlichen Models gearbeitet habe, ist die Serie „A Boy And Death“ (2010-2011), in der ich Symbole für die Momente des Todes entwickelt habe. Des Thema Tod und alles drumherum ist ein wiederkehrendes Thema in meiner Arbeit, es tauchte hier zum ersten Mal auf.

„A Boy And Death“ ist beeinflusst von der expressionistischen Kunst in Wien zu Anfang des zwanzigsten Jahrhunderts, die uns ein sehr zerbrechliches Gesicht vom Ende des Lebens zeigt. Die Serie bezieht sich konkret auf die Malerei von Egon Schiele (z.B. „Pregnant Woman And Death“, „Dead Mother“ und „Death And Man“).

Eine Frau hinter einem Vorhang

Mein Arbeitsprozess ist sehr intuitiv. Ich suche permanent nach neuen, inspirierenden Orten, Orten mit einer Geschichte oder Orte, die eine bestimmte Assoziation in mir hervorrufen. Ich integriere mich in diese Gegebenheiten an diesen Orten, mit meinem Körper oder meinen Requisiten, ich erforsche meine ersten Assoziationen und lasse mich von der Location, den Umständen oder meine Intuition führen.

Frauenportrait mit Hund

Ich arbeite vorwiegend in Schwarzweiß und nutze Farbe nur, wenn sie für eine bestimmte Bedeutung dringend notwendig ist. Fast alle meine Bilder sind digital und ich bearbeite sie sehr sorgfältig, um so nah wie möglich an meine ursprüngliche Idee zu gelangen.

Dieser Artikel wurde von Sebastian Baumer für Euch aus dem Englischen ins Deutsche übersetzt.

14 Kommentare

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  1. Das ist merkwürdig. Ich lese den Artikel, erfahre viel über die Sichtweise, die Themen und Ideen sowie über den Entwicklungsweg der Fotografin und betrachte ihre Fotos. Und trotzdem habe ich nicht den Eindruck sie zu verstehen und deshalb lassen mich die Fotos eher kalt. Sie sind nicht „schlecht“ oder „langweilig“, ich finde einfach keinen Zugang.

    • stimmt, die Bilder wirken etwas unterkühlt. Aber vielleicht gerade weil sie keine „warmen“ Emotionen vermitteln, bewegen sie mich doch, drängen sich mir quasi auf; ich muss mich mit dem Bildinhalt beschäftigen und meine persönliche Rezeption entwickeln.

    • Mir gefällt eigentlich auch nur das Foto mit der Frau in der Höhle. Der Rest berührt mich auch nicht. Aber Kunst ist halt sehr vielseitig und solange der Künstler selbst damit zufrieden ist, ist ja schon mal alles in Ordnung.

    • Vor allem beim dritten Bild muss ich an „Possession“ von Andrzej Żuławski denken beziehungsweise die benutzten Ausschnitte davon im Video von Ivan Grbin zu dem Song „Plague“ der Crystal Castles. Ich mag die Bilder sehr sehr.

  2. Die Bilder sind nun keine, die ich mir dringend an die Wand hängen müsste, dennoch gefallen sie mir sehr gut! Sie erinnern mich vor allem an ältere Filmproduktionen, Kunstfilme und B-Movies aus vergangenen Tagen, diese Assoziationen mag ich sehr! Starke Bilder, die irgendetwas in mir berühren!

  3. Ohne den Artikel gelesen zu haben (hol ich gleich nach), erinnern mich die Fotos stark an den deutschen expressionistischen Stummfilm. Jeder, der schon einmal „Das Cabinet des Dr Caligari“ oder „Nosferatu“ gesehen hat, versteht wahrscheinlich was ich meine. Ich finds super.

  4. Wow, extrem beeindruckende Bilder. Genau so müssen (schwarz-weiß-)Bilder für mich sein. Hebt sich echt von der Masse an. Versuche mit einigen meiner Werke ähnliche Wirkungen zu erzielen – jedenfalls mit thematisch verwandten-, aber meist ohne diesen „Vintage-Style“ und wohl auch nicht hundertprozentig so erfolgreich wie du ;)