Testbericht Zeiss Planar T* 50mm & 85mm
Schon seit ich angefangen habe zu fotografieren, war der Name Zeiss für mich immer verbunden mit unerreichbarer, kostspieliger Technik für qualitätsverliebte Individualisten. Daher war ich mehr als aufgeregt, als ich die Möglichkeit bekam, zwei Exemplare dieser historischen Marke einen Monat lang zu testen.
So kurz die Zeit auch war – ich habe versucht, den kalten Dezember möglichst ausgiebig für die Objektive 50 mm* und 85 mm f/1.4 Planar T** Zeiss der ZE-Serie zu nutzen und selbst mal ein qualitätsverliebter Individualist zu sein.
Der erste Eindruck nach dem Auspacken beider Objektive wird natürlich durch die Haptik bestimmt. Beide Optiken liegen mit ihrem schwarzen Metallgehäuse äußerst angenehm in der Hand. Während das 50er nur ein bisschen größer ist als das Canons 50mm f/1.8*, wäre die 85er* Variante mit einem halben Kilo Gewicht auf Reisen nicht meine erste Wahl, wenn es um Platz und Gewichtsersparnis ginge. Beide Objektive habe ich an meiner Nikon D700 getestet, die vor allem mit einem aufgeschraubten 85er* auf Dauer eine wunderbare Fitnessergänzung ist!
Ein Vergleich zu aktuellen, ebenso lichtstarken Objektiven der Konkurrenz wie Nikon oder Canon soll hier nicht im Vordergrund stehen, da es sich bei der ZE-Serie um komplett manuell zu fokussierende Objektive handelt und Autofokus-Enthusiasten hier maßlos enttäuscht werden.
Durch ihre komplette Metallverarbeitung (selbst die mitgelieferten Gegenlichtblenden sind aus Metall), die eingravierten Entfernungs- und Blendeneinstellungen und vor allem den Fokusring, schreien beide Objektive förmlich nach Zeiss. Mit seinen 270° deckt der sehr weich gelagerte Fokusring einen ziemlich langen Fokusweg ab, der das Scharfstellen, zumindest beim 85er*, sehr angenehm geschmeidig macht. Manuell fokussieren hieß für mich bei beiden Exemplaren also, mehr Zeit zu investieren als ich es von anderen MF-Linsen gewohnt war.
Auch wenn ich für den kleinen grünen Fokusindikatorpunkt im Sucher der D700 sehr dankbar bin, ist es beim 85mm Planar* ausgesprochen leicht, auch ohne integrierte Fokushilfe scharf zu stellen. Der schon erwähnte lange Fokusweg belohnt einen in jedem Fall mit verwacklungsfreien Ergebnissen. Nur hat sich dieses Gefühl beim 50er* nicht wirklich einstellen können. Ohne meine integrierte Fokussierungshilfe, die im übrigen nicht immer 100 % Sicherheit geben kann, fiel es mir unglaublich schwer, exakt scharfe Bilder aus der Optik herauszubekommen. Ein Schnittbildindikator wäre hier wahrscheinlich eine wunderbare Lösung.
Ich bin kein Schärfefetischist und nutze meine Fotografie für Portraits mit Landschafts- bzw. Naturbezug. Auch Gesichtscloseups gehören nicht zu meinen Vorlieben, daher habe ich beide Objektive auch für meine fotografischen Vorlieben genutzt.
An einem verschneiten Dezembertag habe ich mir also kurzerhand meine Freundin geschnappt, um erst einmal das 85er* bei Eiseskälte ausgiebig testen zu können. Die Portraitlinse produziert selbst bei Offenblende noch scharfe Bilder, während sich die chromatische Aberration, außer vielleicht bei stark kontrastreichen Szenen, verhältnismäßig in Grenzen hält. Durch das manuelle Fokussieren kann man sich natürlich nie ganz sicher sein, ob eine fähigere Hand hier nicht noch mehr hätte herausholen können, aber selbst auf einem 100%-Ausschnitt steht die Schärfe des Planar meinem AF-Nikkor* in nichts nach.
So gut wie verzeichnungsfrei, entsteht bei leichtem Gegenlicht jedoch ein bemerkbarer Softfokus.
Die Farbdarstellung ist definitiv sehr angenehm mit einer leicht kalten Tönung. Vor allem bei Offenblende hatte ich das Gefühl, dass die Ergebnisse ein wenig an Sättigung und Kontrast verlieren. Abgeblendet wirkt das Ganze jedoch wieder sehr rund und stimmig.
Das Bokeh ist in keinster Weise hart, sondern legt sich stimmig und weich um den Fokuspunkt herum. Vor allem bei schlechten Lichtverhältnissen kann das Objektiv punkten, da es durch sein Gewicht außerordentlich ruhig in der Hand liegt und die Verwacklungsgefahr minimiert.
Im Gegensatz dazu wollte sich das Gefühl, gänzlich von einem Objektiv wie dem 85er* überzeugt zu sein, bei dem 50er* nicht einstellen. Das lag vor allem daran, dass ich bei Offenblende am Fokusring drehen konnte wie ich wollte. Ich hatte trotzdem immer mit Softfokus-Problemen zu kämpfen.
Daher war der kleine Metallbolide mit seiner f/1.4 Lichtstärke bei Offenblende für mich nicht brauchbar. Erst abgeblendet ab f/2.2 konnten sich dann sichtbare Schärfeveränderungen ausmachen lassen.
Auch die chromatische Aberration machte sich bei Offenblende deutlicher bemerkbar als beim 85mm*. Dennoch, Bokeh und Farben stehen der 85-mm-Variante* in nichts nach. Tatsächlich wirkt die Farbreproduktion noch ein wenig satter und natürlicher und das Bokeh wirkte in keiner Situation unruhig. Die Vergleiche, die ich bisher bei Nikon und Canon Objektiven mit gleicher Lichtstärke machen konnte, zeigen ein für mich ziemlich einzigartiges Bokeh, das sich weder durch Härte oder Unruhe auszeichnet, sondern angenehm in das Bild einfügt. Das gilt natürlich auch für die 85-mm-Optik*.
Auch wenn Softfokus und chromatische Aberration für mich ein wenig die Freude beim 50 mm* gedämpft haben, handelt es sich hier jedoch um Kritik auf sehr hohem Niveau, denn Zeiss tut wirklich alles, um hier ein kleines Immerdrauf für Fotografen zu schaffen, die sich bei Bildaufbau und Komposition Zeit lassen wollen, bevor sie den Auslöser betätigen.
Das 50 mm F/1.4 Planar T** der ZE-Serie schlägt gerade einmal, für Zeiss ungewöhnlich, mit 650 € zu Buche. Es ist daher für Fotografen, die nicht viel Wert auf Offenblende legen und nicht gerade in der Sportfotografie beheimatet sind, eine gute Alternative zu Nikon und Co.
Wie man vielleicht aus meinem Bericht herauslesen kann, habe ich mich ein wenig in die 85er* Optik verliebt. Mit 1150 € gehört sie in die preisliche Mittelklasse für Zeissobjektive. Wer hier bedenkt, dass die Optik an einer Vollformat-DSLR noch mal ordentlich Gewicht dazu legt, bekommt eine der qualitativ hochwertigsten Objektive, die man in diesem Preissegment finden kann.
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