Innenperspektive eines Hotelzimmers.
27. August 2014

Vertrautes Licht

Jeder, der viel reist, kennt vermutlich das Gefühl, das sich beim Betreten eines Hotelzimmers einstellt. Der Ort ist vielleicht noch fremd, doch das Zimmer erscheint irgendwie vertraut. Standen Tisch und Stuhl im letzten Zimmer nicht sogar an der gleichen Stelle?

Ach nein, nicht ganz; das Bett stand anders herum und das Fenster war auf der anderen Seite, vielleicht war es auch ein bisschen größer. Egal, eigentlich ist doch alles immer gleich und der obligatorische Fernseher fällt auch nur auf, wenn er fehlt.

Steffen Walter fotografiert diese Unterkünfte auf Zeit, immer wenn er auf Reisen ist. Jedes Zimmer löse zunächst ein leichtes Unbehagen in ihm aus, so der Fotograf, und er frage sich stets, wer wohl vorher schon hier übernachtet und in diesem Bett geschlafen hat. Und er schalte dann den Fernseher ein, denn das vertraute Licht lenke ihn ab.

Der Fernseher ist dann auch die einzige Lichtquelle, die seine Bilder beleuchtet. Je nach Zimmergröße und Helligkeit des Fernsehprogramms seien Belichtungszeiten von wenigen Sekunden bis mehreren Minuten notwendig, so der Autor.

Eine beträchtliche Zahl an Bildern hat Steffen Walter mittlerweile zusammengetragen. Bilder, die in ihrem seriellen Ansatz und dem ähnlichen Konzept an Sugimotos Filmtheater erinnern. Strahlen jene Bilder hingegen das Erhabene dieser Orte aus, so vermittelt die Serie „Familiar Light“ das Gefühl des Eingesperrtseins.

Innenperspektive eines Hotelzimmers.

Innenperspektive eines Hotelzimmers.

Innenperspektive eines Hotelzimmers.

Innenperspektive eines Hotelzimmers.

Innenperspektive eines Hotelzimmers.

Innenperspektive eines Hotelzimmers.

Innenperspektive eines Hotelzimmers.

Innenperspektive eines Hotelzimmers.

Innenperspektive eines Hotelzimmers.

Innenperspektive eines Hotelzimmers.

Innenperspektive eines Hotelzimmers.

Innenperspektive eines Hotelzimmers.

Jenes eingangs erwähnte Unbehagen überträgt sich auf mich, wenn ich diese Bilder betrachte. Ich sehe neben der Enge auch Einsamkeit und – vor allem – Ortlosigkeit. Ich starre auf diese Bildschirme, einen nach dem anderen, und wünsche mir am Ende, sie ausschalten zu können und die sterile Stille des Zimmers zu durchschreiten, die steifen Vorhänge beiseite zu schieben und zu schauen, was sich in der Welt draußen vor dem Fenster verbirgt.

9 Kommentare

Die Kommentare dieses Artikels sind geschlossen. ~ Die Redaktion

  1. Ist schon so, Hotelzimmer, wie auf den Bildern gut zu sehen, sind zumeist Gruselkabinette, denen man möglichst schnell entfliehen möchte, will man nicht depressiv werden. Eine Strategie, Fernseher oder Rechner an und sich in vertraute Welten begeben.
    Die Serie finde ich ausgezeichnet. Eine handwerkliche Meisterleistung. Ob es Kunst ist, mögen andere beurteilen, die etwas davon verstehen. Allerdings ist Becher ja auch Kunst.
    vG, Henry

  2. Interessante Serie und für mich sehr spannend. Kann mich da gut hineinversetzen. Bin auch das ganze Jahr unterwegs und sehe viele Hotelzimmer. Danke fürs Zeigen!

  3. Ein interessantes Projekt welches meiner Meinung nach seine Einzigartigkeit insbesondere aus der einen gewählten Lichtquelle, dem Fernsehgerät, ableitet. Als Unternehmensberater, der ich im Jahr viele Übernachtungen in deutschen Hotels „genießen“ darf, fühle ich mich auf eine eigenartige Art und Weise in diesen Fotos zuhause und habe das Gefühl, einen vertrauten Ort in einem neuem Licht zu sehen. Als Architektur- und Interieur Fotograf (auch im Auftrag von Hotels) wiederum, wirkt auf mich die Beleuchtung beim zweiten Blick auf die Fotos befremdlich und störend. Doch so wie sich auch meine berufliche Tätigkeit gewichtet, so gewichtet sich auch die Intensität der verschiedenen, oben beschriebenen Wirkungen auf mich.

  4. Ganz neue Ideen habe ich da bekommen nach dem Lesen des tollen Beitrags! Bei der nächsten Geschäftsreise werde ich gleich eine neue Fotoreihe beginnen! Titel: Hotelzimmer! Tolles Werk vollbracht!

  5. Interessant – ich dachte beim Anblick des ersten Fotos erst, dass es sich um eine Tageslichtlampe (gegen Winterdepression etc.) handeln würde.

    Interessant auch der Vergleich der Hotelzimmer – für mich sehen die alle gut aus, man hat sich Mühe gegeben, das kleine Zimmer einigermaßen behaglich einzurichten, aber man kann schon modernere und ältere Einrichtung unterscheiden.
    Bild 2 bzw. das Titelbild ließ mich tatsächlich erst mal an eine Studentenunterkunft denken.

    Unbehagen empfinde ich beim Betrachten der Bilder eigentlich nicht.
    Vielleicht auch, weil meine Assoziation mit „Hotel“ außerhalb von „Urlaub“ eher „Mangel“ ist: Brandlöcher in Teppich und Vorhang, alte, versiffte Teppiche, die man im Leben nicht mit einem Stück nackter Haut – und sei es die Hand, wenn man die Schuhe aufhebt – berühren möchte, Wollmäuse unterm Bett.

    Bei Bild 11, dem vorletzten, fällt mir z.B. der bunte, neu aussehende und saubere Teppich positiv auf, über den ich sogar notfalls mal mit bloßen Füßen gehen würde. Für meist eher günstige Hotels, in denen man während der Arbeit übernachtet, finde ich das schon einer positiven Erwähnung wert.

  6. Hochinteressante Serie, raffinierte Idee mit präziser Umsetzung..
    Bei aller Unterschiedlichkeit der Hotels wirkt doch jeder Raum durch die gleiche Lichtquelle (die ja im wirklichen Leben „schön“ bunt flackert, also schon ein anderes Licht wirft) und als zweites durchgängiges Elemet, die immer gleich hergerichtete, weiße Bettwäsche jederzeit ersetzbar und beliebig.
    Und das macht diese Serie für mich auch unbehaglich, ja anonym. Selbst das Fernsehprogramm gibt nichts Menschliches her außer Strahlung…