Das Buchcover von War Porn, seitlich angeschnitten.
18. Juni 2014 Lesezeit: ~7 Minuten

WAR PORN

Vorgeschichte

Während ich die Seiten des Buches War Porn* einzeln durchblättere, merke ich, wie mir schlecht wird. Die Kraft der Bilder schlägt mir sofort auf den Magen. So viel Leid, so viel Schmerz und Tod habe ich noch nie in einem so kleinen Büchlein komprimiert gesehen.

Ich blättere hastig weiter. Immer schneller schiebe ich die Bilder an mir vorbei. Ich will alles gesehen haben, aber ich merke, dass ich das alles gar nicht wahrhaben möchte. Ich bin schockiert und schließe das Buch. Ich würde es am liebsten verbrennen. Und mit dem Buch all das Leid, das darin ist.

Einen Tag später nehme ich den nächsten Anlauf. Es ist zwar immer noch hart, aber zumindest kann ich die Bilder nun alle auf einmal ansehen. Den Text lesen, den der Fotograf Christoph Bangert dazu verfasst hat. Mir ein genaueres Bild davon machen, worum es eigentlich geht.

Ein verletzter Soldat wird von zwei anderen Soldaten begutachtet.

Am dritten Tag nehme ich mir zwei DIN-A3-Blätter und klebe sie rechts und links an die Pressemeldung des Kehrer-Verlages, die mir mit dem Buch geliefert wurde. Ich muss etwas tun, was sichtbar ist. Also schreibe ich meine Gedanken und Ideen zum Buch auf, kreise Sätze ein, unterstreiche mir wichtig Gewordenes und nummeriere meine Collage nach Prioritäten.

Dabei fühle ich mich taub und traurig, würde am liebsten weinen. Weinen um die verletzten Menschen auf diesen Bildern, weinen, weil das alles viel zu krass, viel zu derb, viel zu schlimm ist. Ich muss erneut Abstand gewinnen, da mich die Wucht der Bilder völlig aus dem Rahmen wirft.

Eine Woche später, heute, fasse ich nochmals allen Mut zusammen. Um ehrlich zu sein, ist mir das Buch sehr, sehr unangenehm. Doch ich will. Ich will es nicht verdrängen. Ich muss mich dem Gräuel stellen.

Ein toter Mensch liegt auf einer Trage, von Menschen umgeben.

Rezension

War Porn. Der Titel des Buches ist eine Anspielung. Eine Anspielung auf die so oft genutzte Wortwahl PORN für etwas, das wir ganz besonders toll finden. Camera Porn. Food Porn. Gadget Porn.

Doch in Verbindung mit War, dem Krieg, bekommt die Zusammensetzung eine ganz eigenartige Wirkung, denn es ist eine Sprengung jeglicher Grenzen meines Vorstellungsvermögens.

Christoph Bangert ist Fotojournalist. Er arbeitet für die New York Times, die Neue Zürcher Zeitung und den Stern. Bangert berichtet regelmäßig aus Kriegs- und Krisengebieten.

Ein toter Mensch, dessen Hals angefressen wurde, liegt auf einer Müllhalde.

Seine Arbeit inmitten des Leides stellt ihn jedoch vor diese schwierige Frage:

Nutze ich die Menschen in meinen Bildern aus? Ist es moralisch zu rechtfertigen, als Fotograf in Kriegsgebieten zu arbeiten? Warum sind wir alle von Bildern des Elends anderer angezogen? Produziere ich Kriegs-Pornografie?

Doch bei dieser Frage soll es nicht bleiben. Bangert sieht sich ständig der Zensur dieser Bilder ausgesetzt. Zum einen können und werden viele Aufnahmen nicht publiziert, da Bildredakteure entscheiden, was zu krass ist und was nicht.

Die zusammengebundenen Hände eines auf dem Boden liegenden Mannes.

Weiter geht die Zensur in den Köpfen der Gesellschaft, die bestimmte Aufnahmen von den Folgen des Krieges nicht sehen will oder kann. Zu guter letzt sieht Bangert sich selbst in der Kritik und weiß, dass auch er zensiert, denn er kann sich bei manchen Bildern nicht mehr daran erinnern, wie er sie gemacht hat.

So kommt es zu diesem kleinen Buch – es ist gerade einmal 16 x 12 cm groß – in dem er eine Regel aufstellt: Keine Zensur. Es wird alles gezeigt, kein Bild ausgelassen, weil es zu heftig ist.

Die Bilder darin stammen aus zehn Jahren Arbeit in Afghanistan, dem Irak, Indonesien, dem Libanon und Gaza. Viele davon sind bisher unveröffentlicht. Dem ein oder anderen dämmert vielleicht, warum.

Wer das Buch nach dem ersten Schock etwas genauer ansieht, wird bemerken, dass es noch ein Buch im Buch gibt. Denn einige Seiten sind nicht geöffnet, sondern müssen entlang einer Perforation aufgetrennt werden. Damit stellt Bangert den Betrachter vor eine große Herausforderung:

Die zusammenlaufenden Seiten des Buches War Porn.

Du musst es entscheiden. Selbstzensur ist eine aktive Sache. Manchmal muss man sich sogar dazu zwingen. Und es kann ein Messer erfordern.

Was diese Besonderheit des Buches unmöglich macht, ist, die Bilder schnell durchzublättern und zu behaupten, man hätte jetzt alles gesehen. Selbst eine Schere oder ein Messer in die Hand zu nehmen und nicht zu wissen, was einen erwartet, ist keine leichte Aufgabe.

Doch dieser Akt hat eine symbolische Kraft. Denn wenn ich mich dazu entschlossen habe, ein Messer in die Hand zu nehmen und zwei Seiten voneinander trenne, überwinde ich den mir eigenen Impuls, wegzuschauen und werde selbst tätig. Ich überwinde die Selbstzensur.

Ein totes Mädchen, eingehüllt in eine weiße Decke.

Die Intention des Fotografen beschreibt er selbst im Vorwort des Buches:

Ich möchte einfach eine Konversation beginnen. Darüber, wie wir mit entsetzlichen Bildern umgehen – oder auch nicht. Es ist ein Experiment. Was passiert, wenn ich meine Selbst-Zensur ausschalte?

Und Bangert weiß sehr gut, dass es nicht einfach ist, diese Bilder anzusehen. Doch daraufhin drängt sich die Frage auf, wie es wohl für Menschen sein muss, die dieses Leiden erleben. Sie können nicht flüchten. Das Privileg der Zensur ist ihnen verwehrt.

War Porn selbst verkörpert dieses Leiden. Nicht nur mit den Bildern, nicht nur mit den zusammhängenden Bildern, sondern auch in seiner Form selbst. Denn: Die Fadenheftung mit offenem Rücken spricht Bände. Das Buch ist offen wie der Rücken eines verletzten Menschen.

War Porn © Christoph Bangert

Eines ist klar: Das Buch ist nicht schön. Es ist gar das Gegenteil davon, denn es zeigt eben ungeschönt die hässliche Fratze des Krieges und der Gewalt. War Porn offenbart das Versagen der Menschen, friedlich zusammenzuleben. Das provoziert. Dessen ist sich Bangert bewusst.

Manche sagen: „Was ist der Sinn davon, solche Dinge zu zeigen? Wir wissen, dass Kriege schreckliche Momente sind.“ Sind wir uns jedoch bewusst, WIE schrecklich Kriege sind? Ja? Warum sind sind wir dann von solchen Bildern so schockiert?

Epilog

Auch, wenn ich mich mittlerweile sehr intensiv mit War Porn auseinandergesetzt habe, ist es mir immer noch nicht gelungen, einen Großteil der perforierten Seiten zu öffnen. Ich habe großen Respekt vor der Arbeit Bangerts und ich nehme an, dass das Buch noch für sehr viel Aufsehen sorgen wird.

Meine Position als Pazifist wurde durch das Buch nicht geschwächt, sondern gestärkt. War Porn möchte ich jedem, der sich mit der Thematik des Krieges und seinen verheerenden Folgen auseinandersetzen will, empfehlen.

Die Vorderseite des Buches War Porn

Informationen zum Buch

Fotograf: Christoph Bangert
Gebundene Ausgabe: 192 Seiten
Verlag: KEHRER Heidelberg (Mai 2014)
Sprache: Englisch
Größe: 15,8 x 12 x 2,2 cm
Preis: 29,90 €*

* Das ist ein Affiliate-Link zu Amazon. Wenn Ihr darüber etwas bestellt, erhält kwerfeldein eine kleine Provision, Ihr zahlt aber keinen Cent mehr.

33 Kommentare

Die Kommentare dieses Artikels sind geschlossen. ~ Die Redaktion

  1. Auch wenn das Thema an sich kein schönes ist, sind es doch genau die schockierenden Bilder der Realität die mich faszinieren, weil ich die Welt sehen kann, wie sie mir die Medien nicht zeigen.
    Deswegen finde ich auch ROG (Roporter ohne Grenzen) genial weil ich dort Berichte und Bilder sehen kann, die ich sonst eher kaum zu sehen bekommen.

    Ich hab das Buch mal meiner Wunschliste hinzugefügt und werde es beizeiten dann auch bestellen. Danke!

  2. Danke für diese Rezension, da zieht es mir grad eine Gänsehaut auf. Bin mir noch nicht sicher ob ich das Buch sehen will oder nicht…

  3. Habe das Buch bereits durchgeblättert. Wirklich harter Tobak. Sollte zur Pflichtlektüre von führenden Politikern werden.

    Christoph Bangert hat übrigens auch sehr gute Reisefoto-Bücher.

  4. Vielen Dank für die ausführliche Rezension zu diesem diskussionswürdigen Bildband und die Empfehlung.

    Allerdings bin ich mir nicht sicher, ob, auch wegen der hier gezeigten Bilder (diese werden wohl eher harmloser Natur sein), ich diesem Buch gewachsen bin. Der Betrachter wird hier wohl zwangsläufig Dinge sehen, die zwar leider Realität sind, aber für die meisten von uns wohl unvorstellbar. Ich möchte nicht die Augen verschließen, aber bin ich reif bzw. stark genug für diese Bilder?

    Wenn ich auch nur ansatzweise versuche mich in die Lage der Eltern des kleinen Mädchens zu versetzen kommen mir die Tränen.

    Auf jeden Fall wird dieses Werk wieder zum Nachdenken anregen – ob man es letztendlich komplett gesehen hat oder nicht – und damit seinen Zweck erfüllen.

  5. wir füttern unser gehirn tag für tag mit bildern.
    bei manchen können wir selbst entscheiden-wie bei diesem buch.
    früher hätte ich es mir wohl gekauft, aus ähnlichen gründen; das leid aushalten, nicht wegschauen, nicht verdrängen.heute verzichte ich darauf.denn durch das bloße anschauen von bildern verändert sich nichts.ich kann dadurch keinen krieg ungeschehen machen, noch ihn verhindern.
    ich werde mich nicht selbst quälen, ohne dass es irgendeinen sinn macht.
    dann lieber in der realität dinge verändern, die in meiner macht stehen.

    den titel hätte man sorgfältiger wählen können, er demütigt die opfer ein zweites mal.das ist zumindest meine persönliche meinung.

    • niemand kann einen krieg verhindern und niemand kann allein einen beginnen. gerade diese position, „ich kann dadurch keinen krieg ungeschehen machen…“ ist es, die ein vakuum hinterlässt, dass sich dann mit kriegstreibern füllt. oder wie sollen wir die position, dass deutschland wieder mehr verantwortung übernehmen sollte, unsere sicherheit am hindukusch geschützt wird und unsere handelswege doch bitte von unserer armee freigehalten werden sollen, anders verstehen? anders als dass jemand dieses vakuum nutzt, um langsam gedanken in uns einzupflanzen und uns den krieg als normalität verstehen zu lassen?
      drum ist so ein buch wichtig. damit wir, die wir krieg nicht erleben werden, uns damit konfrontieren. damit, welche folgen unsere nicht-position haben kann. welche folgen uns nicht in den medien gezeigt werden – wo alles wie eine saubere sache aussieht, weil man „so was ja nicht zeigen darf“ um 20:15. damit, dass krieg in aller erster linie tod bedeutet. verwundung, verstümmelung, abgerissene gliedmaßen, blut. und nicht sicherheit, freie handelswege und „ich kann ja sowieso nichts dagegen tun“.

      darum ist es ebenfalls wichtig, dass sich menschen damit konfrontieren und uns mitnehmen auf ihrer reise in die realität. meinen tiefsten respekt an den fotograf.

      „war porn“ – besser kann man es nicht beschreiben.

    • Das Buch nicht angucken ändert aber auch nichts am krigerischen Normalzustand. „Persönliche Aktionen“ haben wenig mit Fotografie zu tun. Es gilt Widerstand zu leisten. Fotografie kann sicherlich ein Teil davon sein.
      Ich verstehe und respektiere es, dass sich Menschen die Bilder lieber nicht angucken – ich bin mir selbst noch nicht sicher ob ich mir das Buch angucken sollte. Ich glaube aber, dass diese Bilder der Realität wichtig sein können, damit Menschen endlich Wut entwickeln über die bestehendes Verhältnisse. Ich frage mich schon lange warum die Menschen nicht wieder in Massen auf der Straße sind. Vielleicht kann solch ein Buch Teil davon sein.

      Ich finde den Titel sehr, sehr treffend. Diejenigen, die die Opfer verhönen sind die Soldat_innen die schießen, vergewaltigen und misshandeln, dass sind die Politiker_innen und Strateg_innen die diese Kriege zu verantworten haben. Verhönend finde ich, wenn hier in Deutschland die Menschen sagen, dass es wichtig sei, dass die Bundeswehr in anderen Ländern Krieg führe, damit „wir“ hier sicher leben können – einfach widerlich, genau wie die Bilder in diesem Buch.

      • wer noch immer keine wut gegen die kriege auf dieser welt entwickelt hat und daran, dass auch deutschland sich daran beteiligt, dem wird wohl nicht ausgerechnet ein buch dabei helfen, das halte ich für naiv gedacht. es ist ja nicht so, dass man nirgends damit konfrontiert wird und das buch die große enthüllung von etwas nie geahntem darstellt.

  6. Hallo Martin, schon beim Anblick des ersten Bildes und deinen ersten Zeilen habe ich gedacht: Oje, will ich das wirklich sehen? Ich habe dann weitergelesen und bin froh drum.

    Ich glaube, dass heute viele Menschen gemäß dem Motto „denn sie wissen nicht, was sie tun“ in vielen Lebensbereichen Schreckliches tun oder zulassen, ohne darüber nachzudenken. Und obwohl ich der Kriegsberichterstattung früher kritisch gegenüberstand (Stichwort Porn), finde ich sie heute unverzichtbar, um den Menschen die Konsequenzen ihres Handelns und Wegsehens, ihrer Wahlentscheidungen und des Handelns ihrer Regierungen vor Augen zu führen.

    Insofern kriege ich das große Kotzen, …
    … wenn ich von Gauck den Satz höre, wir müssten uns militärisch stärker engagieren
    … wenn ich lese, wir dürften die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Rüstungsindustrie nicht gefährden. Ja verdammt! Wieso gibt es nach den Erfahrungen von 1933 bis 45 überhaupt noch Waffenproduzenten in Deutschland?!!!
    … wenn ich erfahre, dass viele Regierungen auf der Welt (u.a. China, Russland und Saudi Arabien) ihre Rüstungsetats deutlich vergrößern
    … wenn sich Menschen beim Griff zu den Waffen auf Gott berufen oder ihre Waffen von Gott segnen lassen
    … wenn wir Flüchtlinge aus Ländern, die wir seit 70, 100 oder mehr Jahren systematisch ausplündern, in ihre von Krieg und Diktatur zerrüttete Heimat zurückschicken oder sie hier wie Verbrecher behandeln

    Vlt. sind solche Fotos wie die aus War Porn notwendig, um uns endlich wachzurütteln. Wir, die Bürger, sollten sich wieder stärker einmischen und den Kriegstreibern überall auf der Welt (und erst recht im eigenen Land) die rote Karte zeigen.

  7. NEIN – will ich nicht sehen. Der Gedanke so ein Buch versehentlich rumliegen zu lassen, und einer der Söhne (12 und 5) bekommt das zufällig zu sehen: Horror! Ich habe Tage gebraucht ein Bild aus dem Kopf zu bekommen, wo das Foto aus einem beliebigen Krieg der Neuzeit (Afrika?) den Unterteil eines Manns mit Hose zeigte. Der Rest bestand nur noch aus freiliegender Wirbelsäule… Das war – glaube ich – in der französischen PHOTO. Ich weiß nicht ob es die noch gibt. Egal. Ich habe – nicht persönlich – ein gespaltenes Verhältnis zu Kriegsfotografen… Ich glaube, das JEDER/JEDE dieser ReporterInnen sich irgendwann „bulletproof“ wähnt. Bis dann doch die eine gewollte oder einfach nur verirrte Kugel trifft… Ist doch gar nicht so lange her, dass es eine deutsche und eine französische Fotografin erwischt hat. Und wofür das Ganze? NICHTS hat sich seitdem geändert.

    Ralf

    • „Und wofür das Ganze? NICHTS hat sich seitdem geändert.“

      Ja, du hast Recht. Es hat sich nichts geändert (seit wann eigentlich?). Aber ist das die Schuld der Fotograf_innen? Das ist die Schuld von uns allen, von dir und von mir. Anscheinend geht es den Menschen hier noch zu gut. Wir spielen das Spiel mit. Wir machen alle vier Jahre brav unser Kreuzchen und halten in der Zwischenzeit unseren Mund.

      Natürlich ist das Buch nichts für Kinder. Aber das kann man wohl kaum dem Buch vorwerfen. Jeder Mensch und besonders Eltern müssen entscheiden ob das Buch etwas für sie und ihr Umfeld ist. Sicher können solche Bilder auch Traumata triggern.

  8. Wir sollten auf jeden Fall diese Konversation starten und stark mit diesem Thema auseinander setzen. Ich kann mir in etwas vorstellen, warum C. Bangert so ein Buch herausgebracht hat. Dieses Buch ist für mich auch eine Anspielung auf die heutige Medienwelt. Die nur zu oft das zeigt was sie möchten und nicht was den Menschen die Augen öffnen sollte. Mal darüber nachdenken, wo die Dinge herkommen und wie sie zu Stande kommen. Wir in unserer friedlichen Welt vergessen zu schnell, wie gut wir es haben, wissen aber allzu oft dieses nicht zu schätzen. Wir bekommen bekommen hierzulande in den Medien immer das schönste gezeigt…. Der Krieg und seine zensierten Bilder, sind da sehr weit entfernt.
    Bei dieser Gelegenheit kann ich auch das Buch „Bilderkrieger“ empfehlen. Von den Bilder nicht ganz so hart wie dieses Buch, aber auch ein Buch das den gleichen Sinn verfolgt. Kriegsfotografen berichten über Erlebtes und ihre Gedanken ihrer Arbeit in den Kriegsgebieten. Auch Christoph Bangert hat darin ein Interview abegeben.

    Wir sehen nur das was wir wollen. Erst wenn wir die Augen aufmachen, werden wir die Dinge sehen, wie sie in Wirklichkeit sind.
    Ich finde es gut, das Kwerfeldein auch auf solche Literatur aufmerksam macht und die Menschen sehen, das die Welt nicht nur rosarot ist.

    • Der Autor möchte mit expliziten Bildern von Gewaltopfern Geld verdienen. Das Vorgehen erinnert an die Zurschaustellung missgebildeter Menschen auf den Jahrmärkten des vorletzten Jahrhunderts.

      • bei einem verkaufspreis von 30€ und einer derart aufwändigen bindung kann man kaum davon sprechen, dass der fotograf damit irgendwie mehr als einen monatslohn verdient.

  9. Danke für die sehr einfühlsame Sprache zu diesem überaus wichtigen Buch. Ja, deshalb ein wichtiges Buch, weil es den Menschen, wohl insbesondere den friedliebenden Menschen, vor Augen führt, welch ein Wahnsinn Krieg ist. Und doch sind permanent mit Krieg konfrontiert, in unseren Breiten zum Glück nur aus den Nachrichten, die Kriegsherde aus nah und fern in unsere Wohnzimmer bringen: Afghanistan, Syrien, Ost-Ukraine oder ganz aktuell wieder im Irak.
    Der Fotograf schreibt selbstkritisch „Nutze ich die Menschen in meinen Bildern aus? …Produziere ich Kriegs-Pornografie?“ – meine Antwort: nein! Seine Arbeit ist wichtig, sie ist Zeitdokument. So hat das Sterben der armen Menschen wenigstens einen traurigen „Sinn“: Als Veranschaulichung und Abschreckung zu dienen, was Krieg bedeutet.
    Fotografen wie Bangert sind wichtig, das aufzuzeigen. Es ist auch legitim, ein Buch damit zu machen und zu verkaufen und damit Geld zu verdienen. Legitim, um damit Geldmittel zu haben für weitere wichtige andere Dokumentationen, die eine freudige oder aber – was sicherlich meist der Fall sein wird – eine traurige Realität zeigen. Ich werde mir das Buch sofort kaufen. Ich bin mir sicher, es wird das zweite wichtige, eindringliche Anti-Kriegs-Buch neben Gert Ledig „Vergeltung“ in meinem Bücherschrank sein. Jeder Politiker sollte dieses Buch als Zwangslektüre verordnet bekommen.

  10. Kriegsfotografie ist eigendlich gut, solange es darum geht, Unbekannte Konflikte in die Öffentlichkeit zu bekommen, doch vorsicht, sie wird auch manipulativ genutzt. Krieg bringt immer nur das schrecklichste in jedem Menschen hervor, dafür braucht es kein kunstvoll gestaltetes Büchlein mit jeder Menge grauenhaften Bildern. Der Titel sagt es ja schon, das ist wie Porno schauen, für die die es immer noch nicht kapiert haben.

  11. These: Auch dieses Buch bedient letztlich Erste-Welt-Eitelkeiten. Das ist sicherlich nicht vom Autor beabsichtigt; Hinweise darauf häufen sich aber in den Kommentaren und der Rezension. Da wird die Härte des Buches zum Gradmesser dessen, was „man“ aushält und wie man sich durchkämpft. Ein fast katharsis-ähnliches Erlebnis, an dessen Ende sich der tapfere Erste-Welt-Bürger für die Weltgerechtigkeit durch die wahre Fratze der Welt gepeinigt hat. Ich behaupte: Das ist vergleichsweise bequeme Gymnastik für das eigene Selbstbild und Gewissen. Denn die Welt wird durch ein bisschen Mittelschicht-Betroffenheit nicht besser. Bilder werden konsumiert, mit ihnen das Wohlgefühl, der wahren Welt ins Auge geblickt zu haben und weiter gehts mit dem wohlig warmen Gewissen, jetzt irgendwie ein besserer Mensch zu sein.

    Ersetzt doch erkenntnisheitshalber mal dieses „wir“ (müssten, sollten, könnten) durch „ich“. Da wird die Luft schnell merklich dünner, wenn man aus der Masse raustritt und erkennbar wird.

    Letztlich bleibt es bei der Frage von Resa Rot, was jeder Einzelne konkret in seinen Handlungen verändert.

    Damit keine Missverständnisse aufkommen: Ich hebe gleich mal die Hand und sage: Fuck, nix ändere ich.

    • Full ack.
      Sehe ich genauso.
      Ich empfinde erwachsene Menschen, die im Supermarkt an Papayas schnüffeln und dann gleichzeitig durch Bücher oder Bilder wieder an die Lebensrealität der 8jährigen Papayapflücker erinnert werden müssen, zunehmend als Beleidigung. m(

      Das kann doch nicht euer ernst sein. Was glaubt ihr macht die Bundeswehr in Afghanistan? Schulen bauen? O_o Dann würden wir da nicht die KFOR sondern HochTief hin schicken….

  12. Nachdem ich die Rezesion von Martin Gommel hier gelesen habe, wurde ich heute bei einem Büchertisch beim Lumix-Festival für jungen Fotojournalismus darauf aufmerksam und habe vorsichtig hineingeschaut. Nein, nicht jedes Bild angesehen – dafür war das Umfeld viel zu laut. Was ich gesehen habe, passte genau zu dem, was Martin hier beschrieb. Ich wusste nicht, ob ich die Bilder sehen wollte. Doch ich denke, dass solche Bücher schon einen Nutzen haben und Gedanken beeinflussen können. Zumindest in einigen Köpfen, die sich mit dem gesehenen nachdenklich auseinandersetzen.
    Ein „wieso haben wir nach 1945 eigentlich noch Waffenproduzenten in Deutschland“ empfinde ich dabei ebenso deplatziert wie ein „echt krass“. Bei diesen sehr eindringlichen Fotos sollte man nachdenken und nicht losplärren.
    Und ja, ich lege es besonders den politischen Redakteuren der Zeitungen und Magazine und den Politikern ans Herz, sich dieses Buch anzusehen.

  13. An dieser Stelle möchte ich mich kurz bei Euch für Euer reges Feedback bedanken. Es sind in der Tat schockierende Bilder und selbst Christoph Bangert sagt, dass die Fotos nicht leicht anzusehen sind.

    Zum Argument „es muss sich aber was ändern, sonst bringt das alles nix“:

    Der Anfang jeder Veränderung ist noch nicht die Veränderung selbst und ich sehe hier die Gefahr, von Anfang an, die Messlatte für einen „Erfolg“ zu hoch zu setzen, was konterkonstruktiv ist.

    Denn: Jeder Anfang ist klein. Natürlich ist es erstrebenswert, dass wir unser Handeln verändern. Am besten sofort. Jedoch ist das oft ein langer Weg und WAR PORN ist meines Erachtens ein guter Startpunkt dafür.

    Wer heute von diesen Bildern schockiert ist, wird vielleicht in einem Jahr gegen einen Kriegseinsatz in XY protestieren. Wird vielleicht anders wählen. Wird sich nicht bei einer Bank ein Konto einrichten, die in Waffen investiert, sondern evtl. zur GLS gehen.

    Wird der Verharmlosung von Kriegen öffentlich widersprechen. Wird vielleicht, wie auf unserer Facebookseite schon vorgeschlagen, ein Exemplar dieses Büchlein an den Bundespräsidenten schicken. Wird auf seine eigene Art und Weise Wege finden, aktiv zu werden.

    Das ist konkretes Handeln.

    Doch nur, weil wir JETZT NICHT SOFORT unser Handeln ändern, heißt das nicht, dass all die Fotos nichts wert sind. Ich denke, das Gegenteil ist der Fall. Das Schockiert-Sein kann der kleine, entscheidende Same dafür sein, dass wir uns verändern. Es liegt in unserer Hand.

  14. Komisch wie hässlich und unansehnlich der Tod sein kann, wenn man ihm gegenübersteht. Zumindest wird das mit diesen Fotos gut transportiert, realitätsnah und erschreckend. Ob man sich dieses Buch jetzt ansehen möchte oder nicht, kann jeder selbst entscheiden.

    Brechen möchte ich aber, wenn Bilder von Tod und Elend, per Bildbearbeitung mit Effekten und Filtern „künstlerisch“ nach bearbeitet werden, was mir in letzter Zeit schon öfter aufgefallen ist. Da frage ich micht, „Was soll das? Wenn du „schöne“ Bilder möchtest, fotografiere Blumen und süße Katzen!“ Meine moralische und etische Grenze ist damit überschritten.

    Und sonst ist dein Artikel, Martin, sehr emotional geschrieben und das gefällt mir sehr gut.

  15. Schöne Rezension – und sicher auch ein interessantes Buch. Eines, das mehr ist, als ein paar Bilder und Texte. Eines, das vom Leser Überwindung und Aktivwerden verlangt, auch wenn Letzteres nur das Aufschneiden der Seiten meint und nicht gleich das Beenden aller Kriege. Aber kann ja danach noch kommen. Ich gebe die Hoffnung nicht auf.

  16. Im Endeffekt liest es sich so, als ob Bangert den Film „War Photographer“ gelesen hat und sich dachte, dass er die Fragen 1:1 selber stellen könne um dabei seine eigenen Arbeiten zu zeigen.
    Nichts desto trotz scheint dieses Werk ein wichtiger Stützpfeiler zeitgenössischer Kriegsberichterstattung zu sein. Und ein wichtiger Mahnmal für uns alle darüber nachzudenken, was die Aufgabe von Fotografie (mitunter) ist und welchen Stellenwert sie auch heute noch einnehmen sollte, respektive welchen Stellenwert sie lediglich nur noch einnimmt …

  17. Ich habe dieses Buch bestellt um es in mein Regal zu stellen, neben die kriegshistorischen und geopolitischen Werke.
    Und falls ich auf den Gedanken komme dass Krieg eine Option ist, werde ich es öffnen.

    • Die Meisten Menschen möchten einfach und nur in Frieden leben es gibt aber eine kleine Minderheit die Krieg, Zwietracht und Hass unter den Menschen führt, dazu gehören Politiker.

  18. Blogartikel dazu: Bildband: WAR PORN von Christoph Bangert | BENHAMMER.DE - MAGAZIN

  19. Blogartikel dazu: browserFruits September, Ausgabe 3 › kwerfeldein - Fotografie Magazin | Fotocommunity

  20. Blogartikel dazu: Goldtitel des Deutschen Fotobuchpreis 2015 › kwerfeldein - Fotografie Magazin | Fotocommunity