Ich mache gerade eine fotografische Pause. In dieser Zeit rühre ich keine Kamera an und die iPhone-Foto-App bleibt zu. Ich bin dabei, meine letzten sechs Monate zu rekapitulieren und darüber nachzudenken, wie ich weiterarbeiten möchte.
Denn: Es gibt so viele Möglichkeiten. Es sind, wenn ich ehrlich bin, zu viele dergleichen. Und ich möchte mich für einen Weg entscheiden. Fotografisch gesehen heißt das:
Weiter Street? Wenn ja, was sehr wahrscheinlich ist, wie? Ich habe viel ausprobiert. Superweitwinkel, Superweitwinkel mit Blitz, Tele, bei Nacht, Mehrfachbelichtungen, Langzeitkram, nah dran, weit weg, mal komplex, mal sehr minimalistisch.
Es ist schön, so vielseitig arbeiten zu können, aber ich sehne mich nach Kontinuität. Auf welchem Wege ich diese finden werde, kann ich derzeit noch nicht sagen, aber jetzt ist es an der Zeit, mich zurückzulehnen.
Meine Fotos anzusehen und mich zu fragen, wohin es gehen soll. Und gerade möchte ich keinen ewig langen Artikel darüber schreiben, warum ich welches Bild wann gemacht habe oder darüber großmaulig meine Grätschposition beim Komponieren beschreiben.
Deshalb folgen nun meine wichtigsten Fotos aus dem letzten halben Jahr in loser Reihenfolge. Ich hoffe, sie gefallen. Wenn nicht, auch okay.
Habt Ihr auch schon einmal eine fotografische Pause bewusst eingelegt, um weiterzukommen? Welche Erfahrungen habt Ihr damit gemacht?
Mich würde eine Pause nicht weiter bringen. Lieber probiere ich in solchen Situationen ganz neue Sachen aus. Man lernt dazu und findet vielleicht eine neue interessante Spielwiese.
Ich war vor kurzem in Karlsruhe und habe dort auf dem Hin- und Rückweg mit dem Auto von und nach Turin jeweils eine Nacht Zwischenstopp gemacht. Schon auf dem Hinweg ist mir wieder aufgefallen, wie öde deutsche Städte der Größe von Karlsruhe sind. Am frühen Abend war schon fast kein Mensch mehr auf der Straße (nach Ladenschluss) und das kulinarische Angebot im Zentrum rund ums Hotel beschränkte sich überwiegend auf Dönerläden und Pizzabuden. Deprimierend.
Ich war dann zwischendurch drei Wochen in Turin auf beruflicher Basis, hatte vor Ort aber viel Zeit, mit der Kamera zu flanieren. Eine Stadt wie Turin ist im Vergleich zu einer Stadt wie Karlsruhe eine ganz andere Bühne für Strassenfotografie. Zurück in Karlsruhe für eine weitere Nacht stellte ich das erneut zu Lasten von Karlsruhe fest.
In Karlsruhe musste ich Martin denken und habe mir versucht vorzustellen, ob ich es dort (fotografisch) aushalten könnte. Die Antwort war ein recht schnelles, lautes „NEIN NEIN NEIN“ meiner inneren Stimme. Der Eindruck verschärfte sich auch dadurch, dass in der Lobby des Hotels gerahmte Fotos eines örtlichen Fotografen hingen, die Karlsruher „Stadtszenen“ abbildeten. Ein bisschen HDR, ein bisschen Spiel mit Bokeh und Unschärfe, ein bisschen langweilige Architektur aus dramatischen Perspektiven im Weitwinkel, aber ja keine interessanten Bilder mit Spannung durch Personen im Bild. Eben biedere „Straßenfotografie“ geprägt durch deutsche Rechtgebung und Kultur. Gähn.
Für Fotografie braucht man Inspiration. Inspiration ist auch, wenn nicht vor allem, vom Ort abhängig. In deutschen Kleinstädten findet man das weniger. Ich weiss das, weil ich auch in sehr vielen deutschen Kleinstädten gelebt habe: Brühl, Kaiserslautern, Zweibrücken und einige andere. Karlsruhe fällt für mich auch in diese Kategorie. Ich habe mich nach dem Studium bewusst für eine Großstadt entschieden, auch wenn hier die Mieten dreimal bis viermal so teuer sind wie in einer Kleinstadt. Nichts würde mich aus Hamburg in eine Stadt wie Karlsruhe bewegen können. Außerdem führt mich mein Beruf beinahe monatlich in Städte wie London, Paris, San Francisco, Las Vegas, Washington D.C., New York, Seattle, Turin. Ich war dieses Jahr bereits in Seattle und Las Vegas und werde im April wieder Zeit in Las Vegas, New York und San Francisco verbringen. DAS bringt Inspiration! Auch wenn ich nicht hauptberuflich Fotograf bin, habe ich mein Leben und meinen Beruf nach meinen fotografischen Bedürfnissen ausgerichtet. Der wesentliche Bestandteil dieser Ausrichtung ist das heimische Umfeld und die Möglichkeit regelmäßig an verschiedene Orte der Welt zu reisen.
Statt einer fotografischen Pause würde ich einfach mal einen fotografischen Ortswechsel empfehlen und Karlsruhe Karlsruhe sein lassen und andere Bühnen erkunden, vielleicht auch längerfristig mit einem Umzug in andere Stadt oder gar in ein anderes Land.
Hallo Tobias, vielen Dank für Deine Einschätzung. Jedoch muss ich Dir widersprechen: Karlsruhe ist meine Heimat. Ich habe hier die besten Freunde der Welt und meine Familie. Ein Umzug kommt für mich deshalb alleine schon nicht in Frage. Und: ich mag Karlsruhe. Auch ich war schon in Hamburg, Frankfurt, Amsterdam, London, Graz, und zwei mal in New York. Doch dort habe ich Karlsruhe schätzen gelernt. Klar haben andere Städte Vorzüge. Dort ist es leichter, ein gutes Foto zu machen. Doch für mich ist Inspiration das, was ich draus mache. Und nicht, was mir auf einem Teller serviert wird. Außerdem: ich mag das Triste an Karlsruhe. An deutschen Städten sowieso.
schöne Auswahl die Du zeigst, da sind doch echt coole Sachen dabei!
Keine Ahnung was Schaffenspausen bringen- stecke gerade selber mehr oder weniger in meiner Ersten drin. ich fühle mich einfach übersättigt von den vielen Bildern die ich in den letzten zwei Jahren gesehen und selber gemacht habe. Ich denke ein gewisser Abstand tut aber immer gut wenn man feststeckt, insbesondere wenn man thematisch auf zu vielen Hochzeiten tanzt. Eigentlich sind Projekte ja nicht so meine Sache, aber ich denke so etwas werde ich dennoch mal ausprobieren. Erstens bietet es sich bei mir gerade so an, zweitens zweifel ich daran, dass das Ergebnis meine Ansprüchen entsprechend gut wird, was drittens die eigentliche Herausforderung für mich an dem Projekt ausmacht. So habe ich meine Aufgabe auf die ich mich konzentrieren kann und kriege gleichzeitig den Kopf wieder frei- so weit der Plan..
//Matz
Das unterschreibe ich. ;)
Die Photos gefallen!
Eine bewusste Pause habe ich noch nicht gemacht, bin aber trotzdem immer wieder in der von Dir beschriebenen Überlegungsphase. Kontinuität, eine eigene Handschrift finden – das beschäftigt mich auch noch. Bin gespannt, was bei Dir nach den 6 Monaten für ein Ergebnis vorliegt.
Gruß, HF
Jop. Gottseidank geht meine Pause keine 6 Monate. ;)
Da habe ich den 6-monatigen Rückblick in die Pause übernommen – also sehen wir viel früher Ergebnisse. ;-)
Jepp!
Ein paar gefallen, ein paar andere nicht. Auch gut :-)
Ne Pause ist immer gut. Ich nehm mir zumeinst eine Pause, wenn ich relativ viel am Stück draussen unterwegs war. Da brauch ich dann einfach mal ne Zeit um die geschossenen Fotos mir nochmals zu gemühte zu führen, die Aufgestauten Werke wo man nicht sofort beareitet mal zu sichten und eben was ich ggf. an meinen Fotos bzw. meinem Stil verbessern könnte. Durch so eine Pause ist mir aufgefallen, dass ich ne Zeitlang durch den übermäßigen Einsatz eines POL-Filters mir sehr viele Bilder kaputt gemach thabe. Jetzt gehe ich mit dem Filter etwas zögerlicher um und überlege mir zuerst, ob ich ihn wirklich ans Objektiv schnalle. Also ich bin da voll und ganz bei Dir.
Grüße floSen
Finde ich gut. Abstand ist für mich gerade deshalb wichtig, um mich wieder ganz neu dem Schaffen zuzuwenden und allem eine gewisse Kurskorrektur zu geben, die frischen Wind in die Sache gibt. Da bin ich auch voll und ganz bei Dir. ;)
Fantastische Arbeiten! Mit einem konsequenten Stil entwickelt das Portfolio mit Sicherheit noch stärker den Charakter eines zusammenhängenden Kunstkörpers, die einzelnen Werke zeugen jedenfalls schon von Größe…
Ich kenne das Gefühl, an jeder Stilrichtung Gefallen und Spannung zu finden gut, und trotzdem habe ich selbst gerade in letzter Zeit mit einer geradlinigen Herangehensweise und einem kohärenten Workflow eine angenehme Ruhe in meiner Arbeit gefunden.
Viel Glück bei der Suche nach der fotografischen Identität! :-)
Super, danke! Gleiches wünsche ich Dir.
Klasse Bilder dabei.
Pelham, Indian und Sale finde ich am besten.
Ich lege Schaffenspausen ein, wenn ich keine Zeit habe oder einen anderen kreativen Schwerpunkt wähle (z.B. Geschichten oder Gitarre).
Sonst nicht, dann aber auch mal länger. Den Fokus auf mehrere Aktivitäten zu legen schaffe ich sowohl zeitlich wie mental nicht.
Dass ich mich verrenne, gibt es selten und wenn, dann brauche ich eine kurze Sammelphase, wo ich hin will. Lustlos werde ich, wenn ich mal hier und mal da knipse (z.B. im Urlaub). Bin ich unzufrieden mit meinen Bildern, dann wechsle ich eher die Einstellung (Will ich mich weiterentwicklen oder jetzt einfach mal nur Spaß? Oder Austausch?)
Ja, diese „Sammelphase“ bringt es gut auf den Punkt. Da bin ich zumindest gerade.
Man kann es nicht oft genug sagen: deine Bilder sind wunderschön und regen mich fast zum Street-Fotografieren an!
Eine bewusste Pause habe ich noch nie gemacht, doch ich verstehe denn Wunsch nach Kontinuität in den eigenen Fotos, ja nach einem eigenen Stil. Mir persönlich würde eine Pause wohl nicht weiterhelfen, da ich mich in dieser wahrscheinlich nicht mit meinen Fotos auseinander setzen würde. Spannend fände ich, wenn du nach deiner Pause einen Artikel über eben diese schreiben würdest!
Manchmal frage ich mich, ob man denn wirklich ein Ziel braucht um weiterzugehen…
Hallo Petra. Danke für die Blumen! Ich für mich brauche keine Ziele. Ich denke da eher an eine Fahrtrichtung. Norden? Oder Süden? Wo ich lande, weiß ich nicht, aber es macht einen großen Unterschied, welche Richtung ich einschlage. ;)
Eine Pause habe ich in dem Sinne nie eingelegt.
Ich habe mich vielleicht mit anderen Fotografischen berreichen
beschäftigt, mehr Bildbearbeitung von alten Fotos gemacht
oder weniger fotografiert. Aber eine wirkliche Pause habe ich
meiner Meinung nach nicht gemacht.
Ich denke auch, dass dich eine Pause weiterbringen wird!
Oder um es mit den Worten der kanadischen You Tube Fashion Fotografin „May“
zu sagen „Tip 1 – Think less Do more !“
;) hier der Link mit dem Zitat zur Motivation – http://youtu.be/mdswWg-wQjw?t=41s
fotografische Pausen: ja. Um seine Kreativität in anderen Medien auszuleben :) es gibt ja so viele Möglichkeiten.
Ja, das kann man so machen. Ich für mich habe die Pause aber nicht eingelegt, um meine Kreativität in andere Kanäle zu stopfen, sondern dem Ganzen ein komplettes STOP zu verpassen. Auch das tut gut. ;)
Wenn man nicht wirtschaftlich von der Fotografie abhängt, kann man Pausen machen. Das ist das schöne an einem Hobby (auch wenn’s bei Dir indirekt etwas mehr als ein Hobby ist).
Die Frage, die Du in dieser Pause klären willst, finde ich interessant. Du suchst nach Kontinuität. Ich stelle dazu einfach mal einen ungeschliffenen Gedanken in den Raum: Die Kontinuität versteckt sich vielleicht nicht in den Mitteln sondern in den Inhalten. David DuChemin wird zwar der Satz zugeschrieben „Je mehr Sie mit einem Bild zu sagen versuchen, desto wahrscheinlicher ist es, dass Sie gar nichts sagen“ aber obwohl ich Herrn DuChemin gerne lese, bin ich mir in diesem Punkt nicht so sicher. Mir scheint es im Gegenteil absolut unumgänglich, sich gleichrangig mit sich selbst zu befassen, wenn man fotografieren geht.
In diesem Sinn: Viel Erfolg in der Pause ;-)
Danke. ;)
Du bist mir ja sowohl mit Deinen Texten hier und den damit verbunden Haltungen und ebenso mit vielerlei Effekthascherei in Deinen älteren Bildern auf die Eier gegangen aber in letzter Zeit – seitdem Du Dich, für mich sichtbar, von Community-Trends los gelöst hast, muss ich neidlos anerkennen, das da geiler Scheiß bei rumkommt. Nicht immer mein Ding aber auf jeden Fall Haltung und Persönlichkeit in Bildern. Respekt!
Pausen sind immer gut um sich aus der Bilderflut zu lösen und mal hart darüber nachzudenken, was ich eigentlich will und warum ich das nicht auf Kette bekomme. Standortbestimmung eben.
Korrekt.
Blogartikel dazu: Straßenfotografie: New York, Paris oder doch vor Ort? › kwerfeldein - Fotografie Magazin | Fotocommunity