Von der Mutter zur Fotografin
Meine fotografische Geschichte beginnt wie viele: Nachdem ich mein drittes Kind bekam (heute sind es vier), wollte ich großartige Portraits von meiner Tochter knipsen. Schnell wurde eine Kamera gekauft und los ging es. Schon nach wenigen Versuchen merkte ich, dass es schwierig werden würde. Ich dachte, was Neugeborenenfotografen wie Carrie Sandoval oder Kelley Ryden machen, kann doch nicht so schwer sein. Ich wurde eines Besseren belehrt!
Mir gefielen diese friedlichen, schlafenden Babys in ihren perfekten Posen, entspannt schlummernd, manchmal lächelnd. Meine ersten Versuche endeten in verdrehten Perspektiven, unentspannten Gesichtern, kleinen, zu Fäusten geballten Händen, ganz zu schweigen von meiner Kamera–Einstellung im Automatik-Modus.
Ans Aufgeben dachte ich aber nicht, denn es macht mir viel zu große Freude, diese kleinen Geschöpfe abzulichten. Um meinen Idolen näher zu kommen, musste ich besser werden. Mein großes Glück war, dass ich die letzten Jahre in den USA lebte und so die Möglichkeit bekam, an diversen Workshops teilzunehmen, unter anderem denen von Kelley Ryden und Tracy Raver.
Dieses Coaching war eine Offenbarung für mich. Angefangen von der Kameratechnik über Setup, Aufbau, Requisiten bis hin zum Umgang mit dem Neugeborenen und verschiedenen Beruhigungstechniken erlernte ich dort mein fundiertes Wissen. Fortan sahen meine Bilder komplett anders aus, viel professioneller.
Eine kleine Drehung der Kamera lässt den Eindruck zu, dass der Kopf des Babys erhöht liegt.
Es sind oft die kleinen Details, die ein Foto von einem Baby perfekt machen, auch wenn dies sehr unterschiedlich bewertet werden kann. Mir ist es zum Beispiel wichtig, dass ein Baby tief schläft, seine Fingerchen ausgestreckt sind, das Gesicht entspannt ist. Wichtig hierfür ist ein sehr warmer Raum, zusätzlich stelle ich einen kleinen Heizlüfter an mein Posing-Kissen, das einem großen Sitzsack ähnelt.
Dazu imitiert ein kleines Gerät Geräusche wie es das Baby im Mutterleib hören konnte, alles läuft ruhig und entspannt ab. Trotzdem brauchen manche Babys die erste Stunde beim Shooting, um „anzukommen“, da mache ich manchmal nicht ein einziges Foto! Damit ist auch die Shootingdauer von etwa vier Stunden zu erklären.
Haben sich die Babys aber an die fremde Umgebung gewöhnt und schlummern friedlich, beginne ich mit den verschiedenen Posen. Es haben sich einige Bezeichnungen für diese unter den Fotografen eingebürgert, wie etwa Froggy Pose, Tacco Pose, Potato Sack oder Wrapped Shot.
Natürlich habe ich den Automatik-Modus nie wieder benutzt und auch die Nikon D90 gegen eine D4 ersetzt, mit der ich sehr zufrieden bin. Zu Beginn der Session bestimme ich zunächst den Weißabgleich mittels Graukarte. Diese Methode garantiert mir authentische Farben.
Vorzugsweise arbeite ich nur mit Tageslicht, da es Babyhaut am meisten schmeichelt. Mit einer Blende von f/2.2 erreiche ich genügend Schärfe vom Kopf bis zu den Zehen und habe einen schön weichen Hintergrund mit wunderbarer Raumtiefe.
Ach ja, zum Thema Accessoires kann ich nur sagen: Sie machen süchtig und arm! Darum habe ich begonnen, sie selbst anzufertigen. Nicht selten sitze ich an der Nähmaschine und kreiere für die nächste Session neue kleine Outfits.
Alles in allem kann ich sagen, dass ich meine Arbeit liebe. Um von der Mutter zur guten Fotografin zu werden, braucht es mehr als eine gute Kamera: Geduld und Ausdauer, fundiertes Fachwissen und absolute Liebe zu den kleinen Erdenbürgern.
Inzwischen gebe ich selbst mein Wissen weiter in Form von Workshops oder Einzelcoachings.