Verloren gegangene Freiheit
Durch Zufall fand ich vor etwa zehn Jahren heraus, dass Wasser ein großartiges Element ist, um Bilder weich zu machen und etwas zu kreieren, das mehr ist als das, was das bloße Auge normalerweise sehen kann.
Zu dieser Zeit war ich in Los Angeles, vermisste das Meer vor Hawaii und bei einem experimentellen Shooting mit einer Freundin fragte ich sie, ob sie nicht in den Pool springen würde. Es schien der perfekte Weg zu sein, um die Unordnung und Leidenschaft auszudrücken, die ich in meinen Bildern wollte, die ich in mir selbst hatte.
Ich folgte dabei einem sehr natürlichen Instinkt, da ich rund um die Gewässer von Hawaii aufwuchs und sie auch so sehr liebte. Als ich also die Bilder von besagtem Shooting sah, war es wie ein Funke, der in mir entzündet wurde. Danach wollte ich nur noch im Wasser fotografiere, nichts anderes interessierte mich mehr.
Wie ein Kind, das Magie gesehen hatte, schmiedete ich danach tags und nachts Pläne, wie ich diese Gemälde kreieren könnte, die mir vorschwebten und die ich vorher mit einer Kamera und der realen Welt noch nicht umsetzen konnte.
Danach experimentierte ich für etwa sechs Jahre, bevor ich meine erste Serie „Siren“ vorstellte. Während dieser Zeit überzeugte ich einfach jeden, den ich kannte, für mich ins Wasser zu springen – inklusive meiner Mutter und meinem Vater.
Dies war eine berauschende Zeit der Forschung und Studien darüber, was funktioniert und was nicht. Wasser war ganz einfach das Element gewesen, das bis zu diesem Zeitpunkt in meiner Arbeit gefehlt hatte; die Entdeckung setzte alles frei.
Mich auf meine erste Veröffentlichung so lange vorbereiten zu können, war wahrscheinlich das Beste, was mir passieren konnte. Meine Arbeit zu zeigen war ja, als würde ich der Welt meine Seele offenbaren und zu der Zeit war ich noch gar nicht sicher, ob ich das wirklich will. Bis dahin hatten nur etwa eine Handvoll Menschen die Bilder gesehen.
Ich machte die Arbeiten, ließ sie drucken, legte sie dann zur Seite und widmete mich dem nächsten Projekt. Das hatte ein bisschen was von besessenem Schaffenszwang.
Aber heute genieße ich es sehr, dass meine Arbeiten für mich zu diesem großartigen Weg der Kommunikation geworden sind. Es ist, als könnte ich mit dem Publikum auf eine viel umfassendere Art und Weise ein Gespräch führen. Wenn mir Menschen schreiben und erzählen, wie sehr die Arbeiten sie berührt haben, dann treibt mich das so sehr an, weitere Bilder zu zeigen. Ohne diesen Austausch wüsste ich nicht, was passieren würde.
Es gab ein paar sehr gute Freunde, die mich in dieser Zeit angetrieben haben, meine Arbeit fortzusetzen. Aber ich hatte keine wirklichen Mentoren und habe es auch abgelehnt, auf jede Art der Kritik zu meinen Arbeiten zu hören. Ich wollte jede Form der Beeinflussung dessen, was ich als „rein“ für mich betrachtete, vermeiden. Ich wollte mich nicht der Gesellschaft beugen oder den Dingen, die vorher schon gemacht wurden.
Ein Freund von mir, der Spezial-Effekte für die Filmindustrie gemacht hatte, riet mir, dass ich den Leuten deutlich sagen sollte, dass ich diese Bilder direkt in der Kamera und nicht erst in der Nachbearbeitung mache. Er dachte, dass dies wichtig sei und ich hatte vorher nie darüber nachgedacht.
Aber im Allgemeinen habe ich sehr auf mich allein gestellt gearbeitet. Tatsächlich habe ich sogar viel gegen den Strich der Gesellschaft gearbeitet. Viele Leute haben mich versucht, davon zu überzeugen, dass es hart ist, sein Leben als Künstler zu bestreiten. Fragten mich, wie ich denn überleben wolle. Rieten mir, als Absicherung auch einen sicheren Job zu haben. Sagten, dass es nett wäre, zu träumen, aber die Realität und so weiter.
Das hat mich allerdings noch zielstrebiger und dickköpfiger gemacht, was meine Beschäftigung angeht. Das war doch genau das, was ich in meinen Arbeiten ausdrückte. Eine Art von Freiheit, von der ich fühlte, dass sie verloren gegangen war!
Mein heutiger Prozess ist immer noch sehr grob und experimentell. Muss er auch sein. Wenn zu viele Erwartungen von einem Besitz ergreifen, ist es für mich wieder Zeit, loszulassen und zu den Grundlagen zurückzukehren.
Wasser ist so unvorhersehbar, dass man sehr schnell und gerissen dabei sein muss, etwas zu sehen, es zu formen und in ein funktionierendes Ergebnis zu verwandeln. Deshalb liebe ich es auch, mit realen Menschen zu arbeiten: Sie machen ganz natürliche Fehler, die ich liebe.
Es ist echt. Sie tun interessante Dinge, die zu neuen Ideen führen. Jedes Shooting beginnt mit einem Notizbuch voller Ideen, Inspirationen, Farbschemen, Worten, Gefühlen und Zeichnungen, die ich ständig sammle. Irgendwann währenddessen manifestiert sich ein großes Konzept und ich fange an, in diese Richtung zu gehen.
Momentan bereite ich ein großes Shooting in Las Vegas vor, bei dem einige der talentiertesten Schauspieler und Tänzer der Stadt mitwirken werden. Es ist ein besonderes Vergnügen, diese Chance zu bekommen.
Danach geht’s zur Fotofever Art Fair in Brüssel und ich werde im November in Paris und Lissabon für eine Kunstmesse und die Eröffnung meiner Einzelausstellung zur neuen Serie „Of Smoke and Gold“ sein.
Außerdem gestalte ich eine Frauen-Schmucklinie für Silver Luthier, eine Marke für Rocker-Schmuck und Gitarren-Accessoires. Meine Arbeiten werden die eher weichere Seite des Labels zeigen und gegen Ende des Jahres erscheinen.
Dann gibt es noch die musikalische Seite der Dinge: Eine EP ist in Arbeit. Wann immer ich freie Zeit habe, arbeite ich daran. Der Musiker und Produzent Ryan Murphy nimmt das Album auf und produziert es mit mir. Er ist auch mein Vocal Coach und Vater meines ersten Babies, das ich im März erwarte.
Nach all diesen konkreten Plänen für die direkte Zukunft träume ich noch davon, später an Spielfilmen zu arbeiten und Grafiken für Opern zu gestalten.
Dieser Artikel wurde von Aileen aus dem Englischen ins Deutsche übersetzt.