04. Januar 2013 Lesezeit: ~3 Minuten

Dara, erzähl mir eine Geschichte

Als ich in einer E-Mail mit „Birdy“ (Vögelchen) angesprochen wurde und die Verabschiedung mit „smile and tea“ (Lächeln und Tee) endete, war ich doch ein wenig verunsichert. Nachdem ich jedoch weiter mit Dara Scully hin und her schrieb, merkte ich schnell, dass diese etwas schrullige Art gut zu ihr passt.

Genau wie zu ihren Fotos. Sie sind verträumt und märchenhaft, gleichzeitig auch tiefgründig und oft schockierend. Ihre Art unterstreicht deren Charakter. Eine Art Gesamtkunstwerk. Auch, wenn ich finde, dass die Fotos ohne ihre wunderlichen Worte auskommen, ließ ich mich gern auf ihre Gedanken ein.

Dara ist 23 Jahre alt, lebt in Spanien und fotografiert. Ihre Vorstellung von sich selbst lautet so:

Ich halte einen Vogel in meiner linken Lunge und wenn ich traurig bin, laufe ich nackt durch den Nebel.

Ich bin ein Geschichtenerzähler, ein Dichter, eine Art uralter Baum. Ich versuche, die Schönheit zu fangen und spreche die Sprache der Wälder durch meine Bilder. Meine Arbeit ist voller blasser Mädchen, Zerbrechlichkeit, Verlangen und Tod.

Ihre Geschichten machen mir Spaß. Ich stelle mir vor, am Abend mit ihr zusammen zu sitzen, einen heißen Tee zu trinken und ihren Märchen zu lauschen. Mich dabei abwechselnd zu freuen und zu gruseln und oft auch einfach nur erstaunt auf das nächste Unglaubliche zu warten.

Eine Melancholie geht von vielen Fotos aus. Sie schreibt mir, dass ich am besten ihre Serie „your branches/my bones“ vorstellen sollte. An ihr arbeitet sie momentan noch. Es wird eine Liebesgeschichte zwischen einem Mädchen und einem alten Baum. Ich mag diese Geschichte, finde jedoch in ihren Arbeiten mehr als nur diese Schwermut, von der sie schreibt und auch das möchte ich zeigen.

Da ist zum Beispiel die märchenhafte, kindlich wirkende Serie „little dreamers“. Hier begleiten ein kleiner Elefant, ein Bär und ein Reh das blasse Mädchen. Sie trösten sie, spielen mit ihr und erleben einige Abenteuer. Ich muss unweigerlich lächeln, wenn ich diese Bilder ansehe.

Das blasse Mädchen in den Bildern ist Dara selbst. Aber sie würde auch gern mit Modellen arbeiten. „Dann müsste man nur den neuen Körper kennenlernen, wie eine neue Sprache. Die Bewegungen des Körpers, die Poesie unter der Haut“, gibt Dara zu bedenken. Aber die Idee gefällt ihr.

Inspiration für ihre Geschichten findet sie im Nebel und Bäumen. In Schönheit, in all ihren Formen. Ich frage sie, ob sie ihre Märchen auch aufschreibt. „Nein, das sind visuelle Gedichte, sie sind zum Ansehen und dafür, sich die Geschichten dahinter vorzustellen.“

Mit diesen Worten schickt sie mir die Bilder für diesen Artikel und ich sehe mir noch einmal ihre Serien an. Sie hat recht, für die Bilder braucht es eigentlich keine Worte.

13 Kommentare

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  1. Bei diesem Artikel musste ich spontan an den „bosque magico“ auf Madeira denken. Dicke alte Bäume, Nebel, magischer Ort. Die Bilder gefallen mir, und ich weiß gar nicht genau warum. „It’s magic!“

  2. Was machen all die nackten Menschen im Wald?

    Eigentlich sind die Fotos gar nicht schlecht. Eigentlich sind sie sogar ziemlich gut, und es ist bewundernswert, was die Künstlerin für einen Ideenreichtum zu haben scheint, wie viel Poesie und häufig auch Humor in ihren Bildern stecken.

    Diese ganzen Fotos hinterlassen bei mir aber einen faden Nachgeschmack. Entweder nehme ich das nur so wahr, oder die Anzahl nackter Menschen in unseren Wäldern hat in letzter Zeit tatsächlich stark zugenommen. Vorzugsweise junge Frauen, in weißen H&M-Kleidchen oder ganz nackt, vorzugsweise bei schlechtem Wetter — Nebel, Schnee, Nieselregen, irgendwas ungemütliches, wo es den Betrachter beim Ansehen schon fröstelt, aber die Frisur hält. Zerbrechlich und schützenswert wie ein Fötus liegen sie in Wald und Flur, decken sich mit Laub zu, bluten aus den Wunden, die wahrscheinlich gar nicht mal das dornige Gestrüpp, sondern die Mitmenschen ihnen zugefügt haben, sprechen mit den Tieren und trauern um jeden toten Vogel, aber ihre Hände sind stets sauber, ihre Fingernägel manikürt.

    Der Mensch als vollständiger Teil der Natur, von Tieren großgezogen, von Tieren umsorgt, zerbrechlich, vergänglich und vor allem ziemlich ziemlich unschuldig.
    Gerade in der Masse, mit der solche Fotos in letzter Zeit auftauchen, kauf ich den Dargestellten (und somit auch den Künstlern) diese Unschuld und Ursprünglichkeit nicht mehr ab und Kunst droht zu Kitsch zu verkommen.
    Ich habe das Gefühl, da wird häufig versucht, zwei Schönheitsideale zusammenzustecken, die nicht mehr so einfach zusammenpassen, das der Natur und das des Menschen.

    • Da muss man aber auch berücksichtigen, dass die (digitale) Fotografie in den letzten ein, zwei Jahrzehnten verdammt leicht zugänglich geworden ist. Da drängen also viele Heranwachsende ins Internet und zeigen ihre Bilder, die gerade in einem bestimmten Alter von bestimmten Vorstellungen und Stimmungen geprägt sind. Es sind also sicherlich mehr nackte Menschen im Wald sichtbar, aber unter Umständen laufen genauso viele wie früher dort herum – nur können sie es jetzt 1. abbilden und 2. zeigen.

  3. Sehr schöne Bilder, das letzte scheint für mich auf faszinierende Art und Weise den Augenblick eingefangen zu haben, in dem „die Seele den Körper verlässt“.. und aufsteigt in neue Höhen.

  4. Ich habe nur gerade einen Blick über die Fotos geworfen, habe gerade leider keine Zeit den Artikel zu lesen. Die Fotos haben mich jetzt schon verzaubert und zum Lächeln gebracht. <3

  5. Also den elefanten würd ich auch mit nach Hause nehmen. Ansonsten kann ich nur was mit dem letzten Bild anfangen.

    ich steh wohl mehr auf oberflächliche Bilder ohne tiefere Botschaft. Zumindest kann ich auf den anderen keine erkennen :)