07. Juni 2012 Lesezeit: ~5 Minuten

Kleine und größere Missgeschicke

Bei der Vorbereitung meiner Shootings versuche ich, nichts dem Zufall zu überlassen. Ideen werden skizziert, Locations ausgekundschaftet und Listen mit Accessoires und Requisiten, die ich auf gar keinen Fall vergessen darf, werden verfasst. Lieber einmal zu viel als einmal zu wenig kontrolliere ich, ob ich Rollfilme, Speicherkarten, Akkus und sonstiges Equipment eingepackt habe. Mein kleiner „Notfallkoffer“ mit Sicherheitsnadeln, Schere, Faden und Draht darf ebenfalls nie fehlen, wenn ich aufbreche.

Und trotz alledem machen bei Fotoprojekten im Eifer des Gefechts die kleinen und größeren Missgeschicke vor mir natürlich keinen Halt. Manchmal sind sie Grund, sich kurz zu ärgern. Meist verursachen sie jedoch ein Schmunzeln oder gar ein schallendes Lachen – und sie sorgen vor allem dafür, dass es nie langweilig wird.

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Zugegeben, ich bin schusselig und etwas kreativ-chaotisch, trotz meiner Vorbereitungen und Listen. Denn auch die helfen nicht immer dabei, dass auch wirklich alles am Ort des Shootings ankommt, was ankommen soll. Wie vor ein paar Wochen, als ein Brautshooting geplant war.

In meinem Zimmer türmte sich ein großer Berg aus Sachen auf, die alle ins Auto sollten: Reflektor, Kameraequipment, eine Schaukel, bunte Bänder, jede Menge Blumen und ein kleiner Brautstrauß, den ich extra am Morgen noch hatte binden lassen. Alle diese Dinge fanden schließlich ihren Weg in mein Auto – bis auf den Brautstrauß.

Als wir, an der Location angekommen, alles auspackten, fehlte der Strauß. Ich rief daheim an, doch der Strauß war weder in meinem Zimmer noch lag er auf der Straße vor dem Haus. Ich war ratlos, durchsuchte noch einmal den Kofferraum und fing dann gleichzeitig an, mich zu ärgern und zu lachen.

Vermutlich habe ich an diesem Tag jemanden mit Blumen glücklich gemacht, denn ich bin mir im Nachhinein sicher, dass ich den Strauß auf dem Autodach liegen gelassen habe und er herunter gefallen ist, als ich losgefahren bin. Einen knallbunten Blumenstrauß auf dem Dach beim Einsteigen zu übersehen, kann wohl wirklich nur mir passieren.

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Zuerst gar nicht zum Lachen zumute war mir beim nächsten Missgeschick. Wir wollten unbedingt zwischen Sträuchern und Kakteen und vor grandioser Bergkulisse an einem Aussichtspunkt auf Gran Canaria Fotos machen. Das größte Hindernis dabei war der Wind. Wir kämpften mit wehenden Haaren, flatternden Kleidern und vor allem mit dem Reflektor, mit dessen Hilfe man bei den Böen hätte wegfliegen können.

Vor der Reise hatte ich Fernauslöser für meinen Aufsteckblitz gekauft, die nun zum ersten Mal zum Einsatz kommen sollten. Ich montierte den Blitz also auf das Stativ und ließ ihn erst einmal stehen, da ich zuerst Fotos mit natürlichem Licht machen wollte.

Dabei blieb es schließlich auch, denn während ich aufs Fotografieren konzentriert war, warf der Wind das Stativ samt Blitz mit voller Wucht um. Das Geräusch ließ darauf schließen, dass vom Blitz nur noch kleine Einzelteile übrig waren. Zum Glück und zu meiner großen Erleichterung war der Blitz jedoch unversehrt und nur der Fernzünder zerstückelt.

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Nicht nur vor, sondern auch nach dem Shooting sollte man den Überblick über seine Sachen behalten. Wenn man allerdings unzählige Taschen und Beutel dabei hat und im kreativen Chaos alles mögliche weit verstreut auf dem Boden verteilt, so wie ich es oft tue, verschwindet schon mal die eine oder andere Sache. Wie zum Beispiel, ebenfalls auf Gran Canaria am Ende eines Shootingtages, der Schieber für das Magazin meiner Hasselblad.

Ohne diesen Schieber ist das Magazin unbrauchbar, da es nicht mehr von der Kamera abgenommen werden kann und ein Filmwechsel unmöglich wird. Einen fehlenden Objektivdeckel meiner Digitalkamera hätte ich verschmerzen können – nicht jedoch den Magazinschieber.

Also machten wir uns allesamt auf die Suche und liefen die Ecken des kleinen Dorfes ab, an denen wir fotografiert hatten. Es sah so aus, als wäre nichts zu machen. Der Schieber lag nirgendwo herum. Ich ärgerte mich heftig über meine eigene Schusseligkeit, durchwühlte nochmals alles und fragte schließlich Einheimische, die gerade aus dem Fenster schauten oder die Straße fegten, ob jemand eine kleine Metallplatte gesehen hätte.

Tatsächlich hatte jemand den Schieber aufgehoben, für Abfall gehalten und in den Mülleimer befördert, aus dem ich ihn dann überglücklich wieder herausfischte. Ich muss jetzt noch grinsen, wenn ich daran denke, wie erleichtert ich war.

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Bilder bei Wind und strömendem Regen zu machen, macht definitiv Spaß, besonders am Meer und vor allem dann, wenn man selbst und die Kamera von den netten Begleiterinnen vor Regen und vom Sturm aufgewirbelter Gischt mit dem Reflektor geschützt wird. Jedoch sollte man bei solchen Aktionen beim Fotografieren seine Umwelt im Auge behalten.

Das wissen Fotografin Eva und ich, seit Eva so aufs Fotografieren konzentriert war, dass sie sich immer weiter nach vorn wagte und dann von der (wie wir sie bis heute nennen) „Monsterwelle“ überrollt wurde. Ich weiß noch, wie von Eva nur noch der nach oben ausgestreckte Arm mit der Kamera zu sehen war, die im Gegensatz zu ihrem Handy die überdimensionierte Dusche zum Glück überstanden hat.

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Nun möchten wir natürlich von Euch wissen, welche Missgeschicke Euch beim Fotografieren schon passiert sind. Gibt es Pannen, über die Ihr Euch bis heute ärgert oder Vorfälle, auf die Ihr jetzt mit einem Lächeln zurücksehen könnt? Wir freuen uns auf Eure Geschichten!

16 Kommentare

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  1. Ich hatte mal ein sehr aufwändiges Shooting in einem großen Studio, bei dem ich mit einem Beamer Bilder und Muster auf Menschen projiziert habe. Nach vier Stunden und 5 vollen Speicherkarten wollte ich das gelungene Shooting mit einer Freundin und einem Kuchen in einem Café feiern. Natürlich waren wir neugierig und schauten schon mal die Bilder auf der Kamera durch.

    Als ich nach einer Stunde Zugfahrt zu Hause war, wollte ich die Bilder natürlich sofort auf die Festplatte kopieren. Doch die kleine Tasche mit den Speicherkarten war weg. Weg! Ich zerpflückte den gesamten Fotorucksack, alle Taschen, einfach alles. Doch sie waren verschwunden. Panisch versuchte ich, das Café anzurufen aber niemand ging ran. Auch meine Freundin, die noch länger im Café bleiben wollte, hörte ihr Handy nicht. Also setzte ich mich wieder in den Zug und erlebte eine absolut schreckliche Stunde auf dem weg zurück zum Café. Die schlimmsten Vorstellungen entwickelten sich. Die Speicherkarten hätte man ersetzen können aber dieses Shooting ließ sich nicht wiederholen.

    Ich stürmte also ins Café und suchte überall nach dieser verdammten Tasche. Und als ich schon fast aufgeben wollte, entdeckte ich, dass das Sofa, auf dem wir gesessen hatten, nicht bis zum Boden reichte, griff drunter und holte meine staubige kleine Tasche hervor.

    Seitdem schaue ich alle paar Minuten nach, ob sie immer noch mit ihrem Karabinerhaken am Rucksack festgemacht ist…

    • Oh ja, die Sache mit den Speicherkarten kenne ich natürlich auch. Mittlerweile haben sie einen festen Platz in der Fototasche und ich habe schon seit längerer Zeit keine mehr gesucht, kann mich aber nur noch zu gut an einige panische Suchaktionen erinnern ;).

  2. „Bei der Vorbereitung meiner Shootings versuche ich, nichts dem Zufall zu überlassen“

    Über diesen Satz bin ich mehrfach gestolpert und er stösst mir persönlich hart auf. Das man sein Equipment geordnet hält und die Accesoirs bereithält die man unbedingt im Bild haben möchte, unterstreiche ich noch. Alles andere ist für mich aber ein sehr handwerklicher Ansatz.

    Diese Vorgehesweise macht sicherlich Sinn, wenn man eine Auftragsarbeit hat, wie z.b. eine Hochzeit, bei der einige Motive definitv Pflicht sind.

    Das was Du als Zufall bezeichnest und durch rationale Planung und Skizzierung vermeiden möchtest, halte ich für einen ganz wichtigen Teil des kreativen Prozesses. Es ist Ausdruck und Einfluss der rechten Hirnhälfte, unseres nonverbalen, in Bildern Arbeitenden Teils unseres Gehirns.

    Nach meiner Erfahrung enstehen ohne diesen Ansatz selten Bilder mit einer emotionalen Tiefe, die auch der Betrachter wahrnimmt.

    In diesem Sinne……mehr Raum für das was Du Zufall nennst.

    Bogi

    • Hi Bogi. Dieser Post gefällt mir persönlich sehr. Und ich möchte Dich darin bekräftigen. Bei meinen bisherigen Shootings ging ich ohne Skizzierung der Posen aus dem Haus, nicht einmal die Location, wenn sie auswärts war, war mir bekannt. Es sind dennoch bisher Bilder entstanden, wie ich sie mir vorstelle. Ohne größere Missgeschicke.

  3. Solche und ähnliche Missgeschicke sind uns sicher allen schon mal passiert und später – wenn es gut gegangen ist, oder nicht ganz so schlimm – lacht man darüber. Aber eben erst einige Zeit später, gell!

    Ich bin öfter auf Lanzarote und dort natürlich immer mit Kamera unterwegs. Auch beim täglichen Einkaufen im Supermercado etc. Am letzten Urlaubstag, Speicherkarte randvoll, schnell nochmal Einkaufen gegangen und dann machte ich, ermattet auf einer Bank vor einem kleinen Shop, eine kurze Rast.

    Spät am Abend, nach dem Koffer packen, wollte ich das Foto Equipment vestauen und bemerkte: Die Kamera war weg, nicht da, nicht da, wo sie liegen sollte, nirgendwo….PANIK!!!!

    Eine Kamera kann man (wenn auch teuer) ersetzen, nicht aber die Speicherkarte!!!

    Mit absoluter Konzentration konnte ich mich erinnern, dass ich sie zum letzten Mal real auf der Bank im Blick hatte. Also, Schlunze-Feierabend-Klamotten abgeworfen, rein in normalo Kleider und losgerast zur Bank. Natürlich mit Null Hoffnung. Ich konnte das Lachen eines glücklichen Finders förmlich hören!

    Auf der Bank…nichts, unter der Bank…nichts, rund um die Bank herum…nichts. Im Umhersuchen und Schauen sehe ich einen kleinen Tabakladen mit freundlichen Indern. Völlig verzweifelt bin ich einfach in den Laden gegangen und habe nachgefragt, ob nicht irgend jemand „zufällig“ eine Kamera gefunden habe.

    Und dann geschah das Wunder:
    Der Inder lächelte noch freundlicher und sagte mir, er hätte mich (mit der Kamera) gesehen und nach meinem Fortgehenbemerkt, dass ich den Apparat offensichtlich vergessen hatte. Er sei raus geeilt und hätte sie mitgenommen, hoffend, dass ich mich melden würde.
    Noch nicht einmal „Finderlohn“ wollte er, also bin ich gefühlte tausend Mal Danke, Danke, Danke stammelnd und total vom Glück überwältigt mit meiner Kamera+Speicherkarte abgezogen.

    Seit damals hänge ich mir immer Trageriemen etc. 2mal um Arm/Hals, egal wie störend, aber diesen Stress möchte ich nicht noch einmal erleben.

    Wie gesagt, nachher schmunzelt man, aber währenddessen altert man wirklich in Minuten um Jahre!
    Liebe Grüße
    moni

  4. @Juri: Ich seh da einen deutlichen Unterschied zwischen „Bei der *Vorbereitung* meiner Shootings“ und „bei meinen Shootings“.
    Ich nehm lieber ein paar Sachen mehr mit, die ich dann nicht brauche (weil’s nicht in die Stimmung passt, weil gerade spontan andere Ideen wichtiger sind), als wie bei anderen Photographen/Künstlern zu erleben, dass sie völlig unvorbereitet dann Mist produzieren, nur weil es an der Vorbereitung hapert und Kleinigkeiten fehlen. Nur weil man gut vorbereitet ist, heisst das nicht, dass man beim Shooting selbst dann nicht auch spontan sein kann.

    • Ina, ich habe deutlich geschrieben, dass ich ein geordnetes Equipment sowie das Zusammenstellen von Accesoires etc. unterstreiche.
      Geht es aber soweit, dass die Posen skizziert werden und wie es hier ausdrücklich geschrieben wird „nichts dem Zufall überlassen wird“, dann kommt dabei ein solides Handwerk heraus. Nicht mehr und nicht weniger.

      Natürlich gibt es auch Fotografen bei denen Mist rauskommt. Das liegt aber nicht daran, dass sie nicht vorbereitet sind, sondern dass sie keinen Zugang zu ihrer Kreativität haben und/oder handwerklich ihr Werkzeug nicht beherschen.

      • Genau die Vorbereitung eines Shootings meine ich mit meinem Satz. Und Skizzen mache ich dann, wenn es an Projekte geht, in denen etliche Requisiten zum Einsatz kommen. Da muss ich das, was ich im Kopf habe, vorher zu Papier bringen, weil ich eben die Idee im Kopf 1:1 umsetzen möchte. Natürlich gibt es, meist eher am Ende meiner Shootings, auch Phasen, wo ich einfach probiere und den Dingen ihren Lauf lasse. Und da kommen dann auch oft Bilder heraus, die ich vorher nicht auf dem Plan hatte. Was auch sehr gut so ist.

  5. Mir ist tatsächlich mal der Klassiker passiert und bei dem berühmten einen Schritt zurück für die bessere Perspektive bin ich holterdipolter mitsamt Kamera eine Steintreppe heruntergefallen. Die Kamera blieb unversehrt, ich habe allerdings schon ein paar schmerzhafte Schrammen und blaue Flecken abbekommen. Die beiden Modelle waren hinterher etwas blass um die Nase und mussten sich nachschminken, denn aus ihrer Perspektive sah das Ganze wohl extrem spektakulär aus. Trotzdem habe ich das Shooting noch einigermaßen geordnet zuende gebracht, bevor ich dann zuhause erstmal meine Wunden versorgt habe. Seitdem schau ich selbst beim genialsten Licht und dem schönsten Modell garantiert immer erstmal, ob ich wirklich noch einen Schritt zurück kann…

  6. Ich war mal für zwei WOchen Freunde in Tokio besuchen. Für Fotos hatte ich „nur meine 5d Mark II mit dem 28-70 Objektiv dabei, weil ich nicht unnötig viel Gewicht schleppen wollte. Ich habe mir dann in Tokio einen Kamerarucksack gekauft, da das doch etwas praktischer war als die Kamera immer offen rumzutragen.

    Diesen Rucksack habe ich bei der Heimreise beim einsteigen in den Zug zum Flughafen am Bahnsteig in Shinagawa stehen gelassen, das ganze aber erst nach 1h Fahrt bei der ANkunft am Airport Narita bemerkt. Da wir den Flieger kriegen mussten, war an eine Rückfahrt nicht zu denken. Ein ANruf bei meinen Freunden war unmöglich, da auch das Handy im Rucksack war, und damit auch alle Telefonnummern die ich natürlich nicht auswendig konnte. Also blieb uns nichts übrig als den Heimflug anzutreten und 24h später zuhause in Stuttgart die Freunde in Tokio anzurufen. In meinem tiefsten Innern wusste ich, es wird nichts passiert sein, denn Japaner sind unheimlch ehrliche Menschen. Und selbst in einer Megametropole wie Tokio kommt einfach nichts weg. Genauso war es dann auch. Der Rucksack wurde abgegeben, reiste vier Wochen später mit einem Kollegen des Freundes zu mir zurück und die Bilder waren gerettet.

    Denn: Die Kamera ist tatsächlich ersetzbar, aber die hunderte von Bildern die auf der zweiwöchigen Reise in Tokio, Hiroshima, Kyoto und Nara entstanden sind wären unwiderbringlich verloren gewesen.

  7. Auch recht gut ist, wenn man sich absolut seriös auf ein Geschäfts-Shooting vorbereitet. Das Auto voll mit Ausrüstung, alles mehrfach eingepackt. Am Ziel, 150km weiter, bemerken wir, dass wir Speicherkarten und Akkus vergessen haben. Das ist dann etwa gleich schlimm, wie wenn man alle Karten verliert, weil die Personen teilweise ja auch extra eingeflogen sind ;). Ging dann aber gut aus, weil wir noch genau einen (nicht ganz vollen) Akku in der Kamera hatten und eine Karte auftreiben konnten.

    Und so schnell man etwas vergessen kann, bei uns waren die Probleme mit dem Auto fast grösser. Keyless-Go, Schlüssel oft IM AUTO SELBER nicht mehr gefunden zwischen der ganzen Ausrüstung. Aber das beste war, als wir fast kein Benzin mehr hatten, das Auto schon seit Minuten „Reichweite: 0km“ sagte und als wir verzweifelt eine Tankstelle fanden haben wir den Randstein zu früh erwischt und der Reifen war platt. Und natürlich wäre der Arbeitstag noch lange nicht zu ende gewesen ;).

    Und trotz all den irren Aktionen und Versehen, haben wir nur einmal Bilder verloren: Eine CF-Karte hat in der Kamera den Geist aufgegeben und auch mit teurer Datenrettung war nichts mehr zu machen.