Landschaftsfotografie im Mondlicht
Es ist dunkel, oft kalt und man ist sehr wahrscheinlich alleine. Das klingt nicht gerade nach einer lohnenden Beschäftigung. Aber genau das ist es für mich: Die Landschaftsfotografie im Mondlicht. Eine inspirierende Alternative zur typischen Landschaftsfotografie.
Bei Vollmond allein einen Spaziergang im Wald zu machen, stellt auch den mutigsten unter uns die Rückenhaare auf. Es sind magische Momente, die durch das fahle Licht und die oft gespenstische Stille mein Herz höher schlagen lassen. Um die Chance auf lohnendes Bildmaterial zu erhöhen, möchte ich im Folgenden meine Erfahrungen mit Euch teilen.
Wie die Sonne im Verlauf eines Jahres zwischen einem südlichsten und einem nördlichsten Punkt auf- und untergeht, so schwankt auch der Aufgangsort des Mondes am Horizont während einer Mondphase. Der Mond läuft im Verhältnis zur Erdoberfläche in entgegengesetzter Richtung, sein Aufgang erfolgt wie bei Sternen im Osten und sein Untergang im Westen. Mondlicht hat gegenüber direktem Sonnenlicht eine sehr geringe Farbtemperatur von 4100K, es hat also einen wärmeren Farbton.
Die Hochalmspitze im Kärntner Teil des Nationalpark Hohe Tauern in Österreich. Mit dem Zelt allein hochalpin unterwegs zu sein, ist immer ein Erlebnis. Eine klare Vollmondnacht auf 2500m Seehöhe ist eine Offenbarung. Den relativ hohen ISO-Wert von 500 wählte ich zwangsläufig, da ich (nicht zum ersten Mal) meinen Fernauslöser für Belichtungszeiten über 30 Sekunden im Tal vergessen hatte. (Canon EOS 5DII, 4/17-40mm @ f6.3, 30sek, ISO 500)
Mehrere Faktoren beeinflussen die Eignung des Mondlichts für die Fotografie. Den augenscheinlichsten Einfluss hat die Mondphase. Neumond, Halbmond, Vollmond – jeder kennt den Mond in seinen verschiedenen Phasen. Zwischen Halbmond und Vollmond ist Fotografieren im Mondlicht sinnvoll, wobei der halbe Mond nicht halb so hell wie der volle ist, sondern nur etwa 11% der Leuchtkraft besitzt. Die Erklärung dafür ist, dass die Strahlen der Sonne wesentlich schräger reflektiert werden als bei Vollmond.
Ein weiterer Einflussfaktor auf die Mondlichtqualität ist der Mondstand. So wie ein Tag am hellsten ist, wenn die Sonne ihren Höchststand erreicht, ist die Nacht am hellsten, wenn der Mond den größten Winkel zum Horizont einnimmt. Aber Vorsicht, die Sonne nimmt immer in der Mitte des Tages ihren Höchststand ein, beim Mond variiert das über die gesamten 24 Stunden eines Tages. Deswegen ist es wichtig, sich nicht nur über die Mondphase zu informieren, sondern auch über den Zeitpunkt von Mondauf- und –untergang.
Gestalterisch gelten für mich dieselben Regeln wie bei Tageslichtaufnahmen. Schräge Einstrahlung garantiert niedere Kontraste und durch die längeren Schatten entsteht mehr Struktur und Tiefe in der Landschaft. Ich versuche bei Mondlichtaufnahmen genauso anspruchsvoll zu sein wie bei Aufnahmen tagsüber. Anders gesagt: Ich möchte ein Motiv nicht des Mondlichts wegen fotografieren, sondern immer nur des Motives wegen.
Die Ennstaler Alpen in der Steiermark. Das Bild entstand etwa eine Stunde bevor der Vollmond im Westen unterging, während der allabendliche Dunst einer Sommernacht gemächlich über dem Teich aufstieg. Nur die Sternenbahnen am Himmel enttarnen die Nachtaufnahme. (Canon EOS 1Ds III, 2.8/21mm Zeiss Distagon @ f4, 892sek, ISO 100)
Bei geschlossener, starker Bewölkung ist es natürlich unmöglich, Mondlichtaufnahmen zu machen. Sind die Wolken aber aufgelockert – sprich: kommt der Mond immer wieder für ein paar Minuten zum Vorschein – kann das schon für ein eindrucksvolles Bild reichen. Wolken können wie am Tag als Gestaltungsmittel eingesetzt werden. Bei Belichtungszeiten von mehreren Minuten werden einzelne Wolken je nach Windrichtung zu Strichen, was sehr interessante Effekte auslösen kann.
Wenn es sich anbietet, nutze ich eine Taschenlampe, um tiefe Schatten etwas aufzuhellen. So habe ich bei dem Leuchtturmfoto den Zaun und das Gras mit Kunstlicht betont. Eine Thermoskanne mit einem heißen Getränk bei kalten Temperaturen und ein gutes Buch (bloß keine Horrorgeschichten!) packe ich gern ein, um mir die Zeit zu vertreiben. Oder ich spaziere nach weiteren Motiven suchend umher, in freudiger Erwartung des Ergebnisses bei meiner Rückkehr.
Leuchtturm Barns Ness in Schottland. Leuchttürme gehören neben Landschaften zu meinen bevorzugten Motiven. Geeignet für die Mondlichtfotografie sind aber nur solche, die nicht selbst leuchten. Viel zu hoch wäre der Kontrast zum gedämpften Mondlicht. Wind machte mir bei dieser Aufnahme das Leben schwer, so musste ich während der gesamten Belichtungszeit mit einem Schirm als Windschutz neben dem Stativ stehen, um Verwacklungsunschärfe zu vermeiden. (Canon EOS 1Ds III, 4/17-40mm @ f4, 474sek, ISO 100)
Ein Herausforderung kann das korrekte Fokussieren in der Nacht sein. Besonders, wenn keine Lichtquellen wie Straßenbeleuchtung in der Komposition sind. Der Autofokus funktioniert vielleicht bei Vollmond und sehr lichtstarken Objektiven, aber darauf möchte ich mich nicht verlassen müssen. Die Fokussierung über die Live-View-Funktion der Kamera ist die bessere Variante. Zum Beispiel kann man eine Taschenlampe ins Motiv legen und darauf fokussieren.
Ist auch dies nicht möglich, schätze ich die Entfernungseinstellung und mache eine Testaufnahme mit offener Blende und höherer ISO-Zahl. So kann ich auch gleich die richtige Belichtungszeit testen oder durch Hochrechnen ermitteln. Eine weitere Möglichkeit ist es, sich auf dem Objektiv Markierungen für diverse Entfernungseinstellungen zu machen.
Die bekanntesten Wasserfälle Österreichs im Mond(gegen)licht. Auch wenn das Bild Ruhe und Harmonie ausstrahlt, was es ein aufregender Moment, im lauten Getöse der fallenden Wassermassen auf den rutschigen Steinen zu stehen. Ein Tilt-Shift-Objektiv ist perfekt dazu geeignet, die verringerte Schärfentiefe durch die offene Blende optimal zu nutzen. (Canon EOS 5DII, 3.5/24mm TS-E II @ f5.6, 600sek, ISO 100)
Die Kamera vermag Dinge zu sehen, die der menschlichen Wahrnehmung verwehrt bleiben. Mit vollformatigen (CMOS-)Sensoren der letzten Generation sind Belichtungen bis zu 30 Minuten in hoher technischer Qualität möglich. Die einzige Voraussetzung ist eine DSLR mit möglichst großem Sensor und ein lichtstarkes Weitwinkelobjektiv.
Bezüglich der Kameraeinstellung rate ich, unbedingt alle kamerainternen Rauschunterdrückungen abzuschalten und die ISO-Einstellung mit der besten zu erwartenden Qualität (ISO 100 bis 200) zu wählen. Sollen Sterne als Punkte dargestellt werden, bleibt jedoch nur die Wahl einer kürzeren Belichtungszeit (maximal 20 Sekunden) und ein rauschanfälliger, hoher ISO-Wert (1600 und mehr).
Meine Belichtungszeiten bewegt sich zwischen 5 und 15 Minuten. Konkrete Zeit-Blenden-Kombinationen möchte ich keine angeben, da diese von mehreren Faktoren wie der Vegetation oder der Luftgüte abhängen. Im Zeitalter der digitalen Fotografie sieht man das Ergebnis ohnehin gleich nach der Belichtung. Um Enttäuschungen durch unterbelichtete Fotos vor dem Bildschirm zuhause zu vermeiden, rate ich unbedingt, das Histogramm zur Beurteilung der Belichtung zu verwenden, da das Kameradisplay in der Dunkelheit täuschend hell und kontrastreich ist.
Blende 4 bis 5,6 verwende ich am häufigsten. Für Blende 5,6 muss der Mond schon annähernd voll, der Himmel frei von Bewölkung und die Luft klar sein. Die größte Blende am Objektiv verwende ich trotz der verlockenden Zeitersparnis ungern, da der Schärfeabfall in den Randbereichen auch bei den besten Linsen immer noch deutlich ist. Besonders eignen sich somit lichtstarke Weitwinkelobjektive, denn bei kürzeren Brennweiten ist die Tiefenschärfe auch noch bei Blende 4 akzeptabel.
Die Großglockner Hochalpenstraße bei Vollmond. Das Stativ steht offensichtlich mitten auf der Straße. Ich habe in der Nacht keinen Verkehr erwartet, zur Sicherheit habe ich trotzdem eine Stirnlampe ans Stativ gehängt. Mit eingeschaltetem Licht bin ich dann um die Kurve gefahren, habe das Auto versteckt und bin zu Fuß zurückgelaufen. (Canon EOS 1Ds III, 2.8/16-35mm @ f4, 359sek, ISO 100)
Ungeeignet oder zumindest mit großer Vorsicht zu genießen ist Kunstlicht. Ich meine nicht Aufsteckblitze oder Taschenlampen, die durchaus ein kreatives Potential besitzen, sondern Laternen oder beleuchtete Gebäude. Diese Lichtquellen werden durch die extrem lange Belichtungszeit hoffnungslos überstrahlt abgebildet.
Ich bevorzuge, sie nicht in die Komposition einzubeziehen, oder wenn überhaupt, dann nur ihr indirektes Licht zu nutzen. Wenn es zum Beispiel diesig ist oder eine dünne Wolkendecke am Himmel steht, kann das indirekte Licht von Städten an der Unterseite von Wolken interessante Effekte hervorrufen. Mit bloßem Auge ist die Wirkung oft schwer zu erkennen und ich empfehle, (wie beim Fokussieren) zu einer Testaufnahme mit offener Blende und sehr hoher ISO.
Diese mittelalterliche Burgruine im Niederösterreichischen Pottendorf ist nicht weit von meinem Zuhause entfernt. Ein geeignetes Mondlichtmotiv, da die Wasserburg im Gegensatz zu vielen anderen Sehenswürdigkeiten in der Nacht nicht beleuchtet ist. Nichtsdestotrotz macht das warme Licht der entfernt stehenden Laternen für mich den besonderen Reiz des Bildes aus. Es wirkt durch das Mondlicht wie eine Mischung aus Sonnen- und Kunstlicht. (Canon EOS 5DII, 2.8/21mm Zeiss Distagon @ f4, 899sek, ISO 100)
Ob ein lichter Wald, eine weitläufig Kulturlandschaft oder ein Bergpanorama, nahezu alle typischen Landschaftsmotive können im Mondlicht fotografiert werden. Es ist nicht nur aufregend, Zeit in der nächtlichen Natur zu verbringen, sondern eine wirklich intensive Erfahrung, besonders wenn man allein unterwegs ist.
Ich kann jedem nur empfehlen, einen Versuch zu wagen. Und nicht vergessen, sich gut mit Mondcreme einzuschmieren, ein hoher Faktor vermeidet unangenehmen Mondbrand.