24. Oktober 2011 Lesezeit: ~6 Minuten

Von Silhouetten und anderen Entdeckungen

Wenn ich an bestimmten Plätzen und Orten mit der Kamera bin und andere Fotografen bei der Aufnahme eines Motivs wieder fluchen höre, dass ihnen jemand durchs Bild gelaufen ist, beneide ich sie eigentlich in diesem Moment.

Als Vielfahrer mit dem Fahrrad ist die Kamera oft dabei und das macht mir den Reiz beim Fotografieren aus. Fahre ich an einem Ort vorbei, an dem eine Person im Halbschatten steht und den Zigarettenqualm in das Licht bläst, ist der Griff zum Rucksack ein Muss.

Landschaften und Bäume bei Wanderungen haben es mir genauso angetan, aber Personen in bestimmten Situationen und in Kombination mit Ausschnitten aus Wald, Stadt, öffentlichen Plätzen, Gebäuden usw. sind für mich mit der Zeit immer attraktiver geworden.

Der Wechsel der Jahreszeiten, Wetterumstände, Stand der Sonne und gewisse Geschehnisse, die in der Stadt und dem Umland passieren, machen eine vermeintlich normale Situation oft in Ausschnitten interessant.

Auch mit dem Hintergrund, einen passenden Titel für das Bild zu wählen, um dem Betrachter damit vielleicht eine Kleinigkeit mitzuteilen oder einfach nur zu sagen, „so hätte ich diese Situation vielleicht interpretiert“.

Wenn ich einen Platz oder Ort sehe, der interessant im Ausschnitt ist, braucht man oft nicht lange zu warten, bis jemand dort vorbeiläuft und diese Art der Bewegung wiedergibt, die für den Betrachter vielleicht interessant wirken kann. Ich mag es sehr, gegen das Licht zu fotografieren, da oft sehr stimmungsvolle Momente entstehen.

Das folgende Bild mit dem Kind im Licht ist aus einer Situation entstanden, bei der die Sonne diese extreme Intensität am Abend hatte. Ich konnte nur hoffen, dass das Kind zwischen den Bäumen durchlaufen wird und ich im richtigen Moment auslöse.

Es hat ja dann auch geklappt und mit Hilfe von etwas Nachbearbeitung ist es so entstanden wie ich es geplant hatte, dabei hatte ich die Einstellung der Blende und Verschlusszeit bei der Kamera schon vorgewählt, um die Silhouette in diesem Stil zu fangen.

Die genaue Beobachtung von Personen im Licht und ihrer Umgebung ist wie schon gesagt eine meiner Interessen beim Fotografieren. Ich denke oft: Warum soll man zum Beispiel in einem Automuseum nur Autos aufnehmen oder dessen Architektur?

Was passiert sonst noch drumherum und wo und in welcher Situation könnte ein Motiv eventuell wirken?

Sehe ich Silhouetten von Menschen im Licht, versuche ich herauszufinden, ob dieser Moment länger bestehen bleibt, sich eine rasche Änderung ergibt oder die eigentliche Idee mit dem Motiv komplett verschwindet.

Geben einem die Personen die Möglichkeit, sich lange genug auf eine Situation vorzubereiten, ergeben sich oft kleine Geschichten zu dem Bild. Kleine Geschichten, die zum Beispiel Nachdenklichkeit, Freude oder Hektik zeigen.

Schnee und Nebel sind eine fantastische Kulisse für minimale Fotografie und ich nutze diese Konditionen, wenn es geht, gerne, da besonders im Schnee simple und effektvolle Bilder entstehen können.

Der Bahnarbeiter, der an den Schienen entlang läuft, hat einige „Optionen“ und so würde ich auch das Bild im Titel nennen. Die Entdeckung solcher Kombinationen ist meine Hauptmotivation beim Fotografieren.

Orte, die ich zwangsläufig immer wieder besuche, motivieren mich dazu, den Stand der Sonne und die Tageszeiten genauer zu beobachten. Ich versuche herauszufinden, wann es sich lohnt, die Kamera dort dabei zu haben und wann es sich nach meinem Geschmack nicht lohnt. Die Chancen für ein vielleicht lohnendes Bild steigen dabei natürlich deutlich. So kann der tägliche Weg zur Arbeit jeden Tag interessant sein.

Technik und Equipment sind bekanntlich ein großes Thema in der Fotografie. Ich mag es einfach und unkompliziert. Fast alle der hier vorgestellten Bilder habe ich mit einer Canon EOS 1000D aufgenommen und benutze mit ihr zusammen die Einsteigerobjektive wie das EF-S 55-250mm und das EF-S 18-55mm.

Auch wenn viele sagen, dass diese Objektive nichts taugen, bin ich anderer Meinung: Diese Objektive taugen gut dazu, zusammen mit dem Body in den Rucksack geschmissen zu werden, um bei Bedarf schnell in der Hand zu sein. Schweres Material ist natürlich besser, aber es ist eben schwer und groß; ich bin mit der Leistung dieser billigen Objektive eigentlich sehr zufrieden.

Mir ist bewusst, dass ein Bild im Raw-Format einem in der Nachbearbeitung deutlich mehr Freiraum lässt, aber ich bin faul, was die Nachbearbeitung betrifft und nehme die Bilder im JPG-Format und selten in Raw auf. Trotzdem hat auch ein JPG-Bild eine kleine Nachbearbeitung am PC verdient und ich spiele mit der Gradation und Farbeinstellung ein bisschen herum, bis ich denke, dass es nach meinem Geschmack passt.

Da ich ausschließlich mit Linux arbeite, benutze ich Gimp und digiKam zur Nachbearbeitung. Das Zuschneiden auf ein 1:1-Format hat es mir irgendwie angetan und ich achte mittlerweile beim Auslösen oft darauf, auch diesen Schnitt final verwenden zu können.

Für eine minimale Komposition mit wenigen Elementen im Bild ist eine eher größere Brennweite oft vorteilhaft und ich bewege mich im Bereich zwischen 50mm bis 200mm bei den gezeigten Beispielen.

Ich fühle keinen Zwang beim Fotografieren und genieße es, die Augen für ein Motiv offen zu halten und die Umwelt dabei genauer zu beobachten. Die Freiheit alles machen und lassen zu können, macht die Fotografie für mich zu einem entspannenden Ausgleich zur täglichen Arbeit und ich bin der Meinung, dass beim Knipsen alles erlaubt ist, was Spaß macht und einem selbst gefällt – der Betrachter wird schon Kritik üben.

17 Kommentare

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  1. Sehr schöner Artikel, der, denke ich, auch den Anfänger, nicht Technikfreak oder/und Klein-Budgetisten ermutigt. Die 1000d war meine Erste und ich habe auch lange mit den Kit-Objektiven fotografiert. Bräuchte ich nicht ab und zu mal eine hohe Serienbildgeschwindigkeit, wären wir sicher noch lange zusammengeblieben. Machmal vermisse ich die kompakte Größe schon ;)

    Bild drei hat es mir besonders angetan. Eine großartike Momentaufnahme.

    Den letzten Satz unterschreibe ich. Genau so isses :)

  2. Hi Michael,

    das Kind und die Silhouette, außerdem der Mann im Park sprechen den Künstler in mir an. Deine hier vorgestellten Bilder haben aus meiner Sicht einen künstlerischen Wert.

    Ich finde es schön, dass du der Meinung bist, dass ausdrucksstarke Bilder auch mit leichter sowie günstiger Ausrüstung für deine Zwecke sogar oft von Vorteil sind. Die Fähigkeit etwas zu beobachten lässt eine Meinung entstehen, lässt Kritik zu, lässt Kunst entstehen.

    Es geht um die eigene Wahrnehmung in Bezug zu einem Ding, Ereignis oder einem anderen Wesen. Es ist egal welche Mittel der Künstler/Fotograf verwendet um seine Absicht Hinsichtlich dieser Beobachtung und einem Gefühl zum Ausdruck zu bringen.

    Dein Artikel zeigt hierbei wunderbar, dass nicht die Kamera die Bilder macht, sondern der Fotograf!

    Lieben Gruß,
    Jonathan

  3. Wirklich kraftvolle Bilder und ein schöner erklärender Text dazu. Ich erkenne mich darin ein wenig wieder, allerdings mit anderem Hintergrund und eventuell anderer Intention, da ich Personen nur sehr ungern Ablichte.

    Zur Technik:
    Ich selbst schieße (aufgrund des Budgets noch) hauptsächlich mit einer Canon Powershot S5. Inzwischen ist die Kamera gefühlt „Uralt“ und das Rauschen ist be ISO 200 schon gut und unangenehm bemerkbar und wirklich immens bei ISO 400. Das Objektiv hat CA und manchmal eine durchgehende leichte Unschärfe in der Tele-Endstellung. Aber dafür auch eine Naheinstellgrenze von 0mm, die ich liebend gerne Nutze. Damit ist Sauberkeit bei Makros mit Autofokus mehr als wichtig, denn sie stellt ab und an beharrlich auf die Staubkörner oder frisch hinterlassenen Pollen auf der Linse scharf.

    Getreu des Mottos „Die beste Kamera ist die, die man dabei hat“ habe ich diese Kamera auch immer dabei, lasse mich auf sie ein, als wäre es die beste Kamera und habe deshalb über die Zeit mit ihr (für mich) wirklich tolle Fotos schießen können. Nicht zuletzt, da ich Inzwischen die Kamera auch nahezu in- und auswendig kenne und größtenteils weiß, welche Macken ich wann und wie ausgleichen kann.

    Entsprechend unterstreiche ich auch auch deine Aussage mit den Objektiven: Es gibt kein schlechtes Equipment, solange man sich darauf einlässt; höchstens das falsche für bestimmte Aufgaben.

  4. Du hast einen tollen Blick für Motive, das Bild mit dem Bahnarbeiter z.B. ist für mich ein unglaublicher Kracher!

    „…was Spaß macht und einem selbst gefällt“
    Ich habe leider lange gebraucht, um diese Möglichkeit wieder für mich zu entdecken, mir das selber zuzugestehen.

  5. Wie wahr…anfangs hatte ich eine kleine DSLR (Standartobjektiv) und habe ständig in Jpeg fotografiert. Mit dieser Einsteigerkamera habe ich grandiose Fotos gemacht. Heute muss es das beste Modell sein und fürs Objektiv gibt man gut und gerne das gleiche wie für die Kamera aus.
    In diesem Technic-Strudel kann man sich schnell verlieren. Das Bild wird vielleicht dadurch Objektiv besser, aber man verliert schnell den Blick für das Wesentliche. Selbst ein korrekt belichtetes Bild ergibt nicht immer etwas zufriedenstellendes.

    ..ach ja, super fotos..das Foto mit dem (Spiegel?) und dem Schatten der Frau ist genial.
    mach weiterso und konzentriere dich auf das Motiv.

  6. Oh, endlich auch mal einer der sich zu jpeg bekennt. :-) Und ich finde auch Kitobjektive sind gar nicht so schlecht, wobei allerdings meines von der Nikon D90 schon ein ordentliches Gewicht hat.
    Ich mag von den gezeigten Fotos am Liebsten das mit dem Regenschirm und den drei Personen sowie das Schienenbild. Schöner Artikel! Danke! LG Frau Zausel

  7. Sehr schöne Fotos! ich finde es mal wieder sehr auffällig, dass gerade Schattenrissbilder bzw. von Natur aus hartkontrastige Bilder in SW deutlich besser wirken… mein Favorit ist der Mann mit dem Stock. Welche Linse ist das?

  8. Sehr schöne Photos. Mir gefällt auch der Artikel in vielerlei Hinsicht. Zum Einen: wir sehen Photos die sehr „beseelt“ auf mich wirken, ohne dass ein Technokrat eine lange Liste seines Eqipment aufführen musste und andererseits wirkt der Autor keinesfalls starr in seiner Haltung, wenn er uns erzählt, dass er durchaus auch noch ein wenig Bildbearbeitung betreibt.
    Ganz fasziniert bin ich davon, dass wir kein einziges Photo sehen, wo die s.g. Persönlichkeitsverletzung passiert. Endlich Photos von Menschen die anonym bleiben dürfen und keine wütenden empörten Gesichert die uns in Photos anklagen und wir aplaudieren auch noch.
    Nein, hier die Photos sind leise, der Autor wirkt bescheiden und trotzdem erscheint mir alles geradezu perfekt. Danke für diesen Artikel.
    Martina