Die Suche nach dem einzigartigen Moment
Als ich mit der Straßenfotografie begann, kam ich von jeder Tour mit hunderten von Bildern zurück. Ich habe alles Mögliche geknipst, jede Person, jede Situation. Inzwischen brauche ich viel mehr Zeit, eine Rolle Kleinbildfilm mit 36 Bildern vollzubekommen. Ich bin einfach wählerischer geworden. Im folgenden Artikel erzähle ich über meine Herangehensweise bei der Straßenfotografie und hoffe, den ein oder anderen Tipp zu diesem vielschichtigen Thema geben zu können.
Straßenfotografie bedeutet nicht bloß, die Kamera mit sich herumzutragen und willkürlich Schnappschüsse zu machen. Für mich ist sie der Versuch, gute Momente und gute Bilder zu komponieren. Natürlich läuft man beliebig herum und macht auch mal instinktiv Schnappschüsse, aber ich bin mir gar nicht so sicher, wieviel Willkür tatsächlich dahinter steckt.
Straßenfotografie hat für mich ihren Reiz insbesondere als Zeitdokument. Man dokumentiert die Gegenwart und diese Gegenwart wird in der Zukunft ganz anders sein. Autos, Gebäude, Kleidung, Menschen, Orte – alles verändert sich.
Habt ihr die Bilder von Vivian Maier schon gesehen? Unglaublich. Diese zauberhaften Momente aus den Sechzigern, all das hat sich so sehr verändert mit der Zeit. Wäre sie in den Straßen Chicagos ohne Kamera unterwegs gewesen, würden wir nichts von ihrem Talent wissen.
Beeindruckt schauen wir uns diese Bilder heute an und können uns dabei vorstellen, wie es wohl gewesen wäre, wenn wir zu dieser Zeit gelebt hätten.
Was Straßenfotografie so interessant für mich macht, sind die besonderen, einzigartigen Momente, die man draußen in der Stadt findet.
Die Leidenschaft für diese Suche nach einzigartigen Momenten auf der Straße ist unendlich. Vergleichbar vielleicht mit dem Angeln: Man bereitet sorgfältig seine Aurüstung vor, wählt einen guten Ort am Wasser aus, um dann auf Fische zu warten und ohne zu wissen, wie gut der Fang sein wird.
Was ein gutes Bild ist, hängt von unserer Wahrnehmung ab und auch diese Wahrnehmung wird sich mit der Zeit verändern. Soviel ist sicher. Ob ein Bild gut ist, ist also sehr relativ.
Beim Fotografieren hat man die Möglichkeit, die Zeit für den Bruchteil einer Sekunde anzuhalten. Das Tolle daran ist, dass jedes Bild einzigartig ist und exakt das gleiche zu wiederholen unmöglich ist.
Ich könnte für den Rest meines Lebens Straßenfotografie machen und es würde jedesmal ein anderes Ergebnis dabei herauskommen. Das fasziniert mich.
Was für eine Rolle spielt der Ort? Ob man in Madrid oder in New York oder in einer kleinen Stadt fotografiert – es ist nicht das Gleiche. Aber man kann natürlich überall ein gutes Straßenfoto machen.
Ich finde es aufregender, in großen Städten umherzulaufen. Madrid, Barcelona, Buenos Aires begeistern mich. Auch ist es wichtig, denke ich, dass man eine Stadt beständig dokumentiert. Also beispielsweise einfach nur kurz in eine großartige Stadt wie New York zu kommen, praktisch auf Durchreise, bringt weniger als für längere Zeit an einem Ort zu bleiben und ihn kontinuierlich zu fotografieren.
Für mich ist es wichtig, unbemerkt zu bleiben, weil ich nur auf diese Weise einen echten und reinen Moment festhalten kann. Manchmal passiert es allerdings, dass sich die Blicke der Fotografierten mit meinem Objektiv kreuzen und ich merke hinterher, dass das letzendlich dem Bild gut tut.
Dennoch sollte man in erster Linie versuchen, die Aufnahme nicht mit der eigenen Gegenwart zu „verschmutzen“. Ob man das erreicht oder nicht, ist allerdings eine andere Geschichte. :)
Will man unbemerkt fotografieren, bietet sich unauffällige Ausrüstung an. Abhängig davon, welche Art von Bild ich machen möchte, benutze ich gern Brennweiten von 28mm, 35mm und 50mm. Ich stelle den Fokus vorher ein und benutze dann oft Zeitautomatik mit Blendenvorwahl. So kann ich schnelle Bilder schießen.
Man muss dann nur ungefähr die richtige Distanz abschätzen, zielen, abdrücken und einfach weiter laufen. Kommt es zu Augenkontakt, hilft meist ein Lächeln, um Unmut zu vermeiden.
Man kann die Kamera beim Fotografieren natürlich auch auf Hüfthöhe halten, weil das nicht so offensichtlich ist. Es braucht aber einiges an Übung, bis man auf diese Weise eine gute Bildkomposition erzielt.
Ich liebe Fotografie. Nicht nur, selbst Bilder zu machen bereitet mir Freude, sondern auch, mir die anderer Fotografen anzuschauen und mich mit der Technik, dem Prozess, mit Büchern und Prints zu beschäftigen. Fotografie ist mein großes und einziges Hobby.
Ich hoffe, ich konnte euch hier einen kleinen Einblick in meinen Ansatz zur Straßenfotografie geben. Ich freue mich sehr, wenn ich Interesse für diese Genre wecken konnte und euch vielleicht auf die ein oder andere Idee gebracht habe. Genießt die einzigartigen Momente!
Danke für den guten Artikel, die schönen Bilder und die Inspiration. Ich probiere mich auch immer mal wieder in dem Thema. Meine ersten Versuche:
http://www.flickr.com/photos/ebisah/5734848028/in/photostream
Ich würde sagen, du hast ähnliches Talent wie Vivian Mayer. Die Fotos wirken allesamt so natürlich und aus dem Leben gegriffen, wie Schnappschüsse. Trotzdem sind sie gut komponiert und sprechen eine klare Sprache.
Das erste Bild ist total klasse, wirkt sehr spontan, aber irgendwie auch so, als ob für die Beiden gerade die Zeit stehen bleibt…
Ich finde Deine Streetfotografie sehr authentisch, es geht nur richtig gut mit dem unbeobachteten Fotografieren. Aber müssen die Leute nicht doch gefragt werden? Was sagen den Deine „Models“ dazu, wenn sie heimlich abgelichtet werden? Wie gehst Du damit um?
Danke für eure Kommentare. Der Text ist aus dem Englischen übersetzt. Der Autor selbst spricht leider kein Deutsch.
Matu, deine Fragen habe ich an Nacho weitergeleitet. Sobald er darauf antwortet, poste ich sie hier.
Interessante Bilder. Streetfotografie ist wie ich finde ein sehr reizvolles Sujet, als (blutiger) Amateurfotograf ist mir die Einstieghürde aber zu groß: Sich mit Menschen auf der Strasse auseinanderzusetzen – im positiven wie im negativen Sinne – liegt noch ausserhalb meiner Komfortzone. Killer ist aber die Deutsche Gesetzeslage: Noch weniger als mit Menschen möchte ich mich mit ihren Anwälten auseinandersetzen (müssen).
Street ist wesentlich schwieriger als man denkt. Gerade weil die guten (einzigartigen) Moment so schnell verfliegen. Und dann muss man noch schnell sein.
Dies analog mit den gezeigten Ergebnissen durchzuführen – Hut ab.
Toller Artikel und schöne Fotos!
Ich denke auch, dass Streetfotographie schwieriger ist als viele denken. Oft ist es garnicht so einfach ein Foto zu machen, dass nicht nur den Fotographen begeistert, sondern auch jemanden, der garnicht mit in der Stadt war und somit nicht das gleiche Gefühl mit dem Foto verbindet wie der Fotograph.
Danke für diesen tollen Artikel. Ich finde das Thema auch sehr interessant und gleichzeitig stellt sich mir die Frage, ob es erlaubt ist, Personen zu fotografieren und die Fotos im www zu veröffentlichen? Würde mich über eine Antwort sehr freuen.
@Frau Ö: Das erste Foto gefällt mir sehr. ;)
Grüße
Da kann ich Mark nur zustimmen. Also ich selbst auch noch Anfänger in der Fotografie, hätte nicht den Mut zu solchen Schnappschüssen. Dieser Schuss kann leicht nach hinten losgehen. Glaube den Mut dann noch die abgelichtete Person anzusprechen
„Hallo, ich habe sie gerade Fotografiert und finde, es wurde ein gutes Bild. Darf ich es ins Internet stellen?“
hab ich dann auch nicht. So oder so, kann es passieren, man bekommt Post vom Anwalt und wird wegen Urheberrechtsverletzung vor gericht bestellt. Im schlimmsten Falle, rastet die Person noch an Ort und Stelle aus und man hatte mal eine Kamera.
Vor dem Ablichten die Personen zu fragen, machen diese Art von Bildern aber auch nur zu gestellten Portraids. Die will dann auch kein Fotograf in seiner Sammlung.
Wegen Urheberrechtsverletzung wird man dich nicht anklagen, denn der Urheber des Bildes bist in deinem Szenario du selbst. Höchstens wegen Verletzung des Rechts am eigenen Bild der abgebildeten Person(en).
Ja, genau das ist doch auch Bestandteil des Urheberrechts, beziehungsweise Kunsturheberrechts. Recht am eigenen Bild. Wenn ich kurz mal nur ein paar Beispiele aus dem Gesetzestexten, die Aktuell gültig sind, posten darf.
http://de.wikipedia.org/wiki/Recht_am_eigenen_Bild
http://bundesrecht.juris.de/kunsturhg/__22.html
http://bundesrecht.juris.de/kunsturhg/__23.html
http://bundesrecht.juris.de/kunsturhg/__33.html
Ich denke mal, allein die angedrohte Strafe, sollte es zum Prozess kommen, schreckt schon ab. Aber jetzt nicht denken, dass ich ein Rechtsverdreher bin, bin da auch nur Leie. Daher glaube ich auch, dass es immer eine Auslegungssache ist. Weis auch, dass dies zwar kein Forum für solche Diskussionsgrundlagen ist, wollte aber auch nur meine Kernaussage verteidigen.
Super Artikel, spitzenmässige Bilder.
Meine Frage…wissen das die Leute dann auch das Du sie abgelichtet hast?
ich bin überrascht, welchen boom die street fotografie gerade erlebt und wieviele tolle fotografen aus dem „nichts“ erscheinen. ich finds gut!
ich finde es immer schwierig anhand von 3 oder 4 bildern etwas über einen fotografen zu sagen. deshalb schweige und genieße ich…
den vergleich zu vivian maier finde ich übrigens sehr gewagt.
Hm also ich bin mal ehrlich, mich faszinieren diese Bilder hier nicht wirklich. Viele könnten auch mit den Handy auf dem WEg zur Arbeit/Uni gemacht sein.
Street hat derzeit einen Boom aber naja, verstehen muss ich solche Stadtknipsereien wohl nicht immer. Aber scheinbar ist man schon gut wenn man sich traut in der Öffentlichkeit zu fotografieren. (Beschränke mich aber mal nur auf die hier gezeigten Bilder, er kann sicherlich anders)
Bis auf das erste, spechen mich die Bilder auch null an.
Das wirkt eher wie: „Ein alter Mensch,… oh gleich mal knipsen,… könnte ja ausdrucksstark werden“
Sorry, das kann jeder, und genau so sieht`s auch aus.