Marco Schwarz: Ein Hochzeitsfotograf im Gespräch
In den letzten Monaten wurde ich immer häufiger auf einen Hochzeitsfotografen hingewiesen. Ich solle mir doch mal sein Portfolio anschauen und mir ein Bild davon machen. Sein Name: Marco Schwarz. Als ich dann vor ein paar Wochen auf seinem Portfolio landete, blieb mir erstmal der Mund offen stehen.
Nachdem ich dreimal geschluckt und die Bilder von Marco verdaut hatte, wollte ich es dabei nicht belassen. Unverzüglich setzte ich einen Text auf, ob er nicht Lust hätte, einwenig mit mir zu plaudern. Ich wollte unbedingt wissen, wie dieser Mann arbeitet, was ihn an der Hochzeitsfotografie reizt und… das ist das Ergebnis.
Also Marco. Erstmal dankeschön, dass Du meine Einladung angenommen hast. Wie würdest Du Dich selbst beschreiben? Stell Dich doch kurz den Lesern vor…
Nun ja, mein Name ist Marco Schwarz, ich bin 37 Jahre Jahre alt, lebe in der Nähe von Mainz, und bin Hochzeitsfotograf. Meine Hobbys sind Reiten, Schwimmen und lesen – nein Spaß – meine Hobbys haben vielmehr mit meinem Beruf zu tun. Ich bin – gleich zu Beginn 5 EUR ins Phrasenferkel – so etwas wie „Hochzeitsfotograf aus Leidenschaft.“
Das heißt, Dein Leben dreht sich rund um die Hochzeits..paare… Wie bist Du dazu gekommen? Was hast Du davor gemacht und wie kamst Du drauf, Hochzeiten zu fotografieren? Erzähl mal…
Alles fing an mit Panasonic, Griechenland, Angela, Luca und Langeweile. Von Panasonic war meine erste kompakte Digitalkamera, in Griechenland waren wir im Urlaub, Angela ist meine Frau, Luca heißt mein Sohn, und Langeweile hat man, wenn man hobbylos ist. Also fing ich an im Urlaub an, ausgiebigst meinen Sohn zu fotografieren, worauf meine Frau beschloss, mein Hobby gefunden zu haben. Und da man ja auf seine Frau hören soll, hatte ich von nun an keine Langeweile mehr. Ein Jahr später fragte mich ein Freund, ob ich an seiner Hochzeit ein paar Fotos schießen könnte. Hab ich gemacht, mit, sagen wir einmal, nur halbkatastrophalen Ergebnissen.
Neue Idee: Gewerbe anmelden, ab und zu an einer Hochzeit für wenig Geld fotografieren, und sich vom Erlös dann und wann mal ein neues Objektiv gönnen. Im Laufe der Zeit wurden Hochzeiten und Objektive größer. So groß, dass ich vor 1,5 Jahren meinen echten Job (Aussendienst bei einer Wirtschaftsauskunftei) an den Nagel hängen konnte – und auch wollte.
Das mit dem „auf die Frau hören“ kann ich bestätigen, den goldenen Riecher hat öfter mal die bessere Hälfte. Jetzt frage ich mal umgekehrt: Was hat Dich selbst persönlich daran fasziniert, Hochzeiten zu fotografieren – was hat es so wertvoll gemacht, Deinen Job an den Nagel zu hängen? Sowas macht man ja auch nicht alle Tage…
Das stimmt, insbesondere wenn du Familie hast. Es ist etwas fantastisches, wenn man sein Hobby zum Beruf machen kann. Vor allen Dingen ist es nicht selbstverständlich. Aber die Umstände haben mir die Tür geöffnet, ich musste nur nach der Klinke greifen. Und da die Fotografie inzwischen für mich weit mehr als nur Hobby ist, hab ich beinahe reflexartig zugegriffen.
Hochzeitsfotografie mag von vielen Fotografen ja manchmal belächelt werden. Aber für mich ist sie das Größte. Ich wollte in keinem anderen Bereich arbeiten. Warum? Weil Hochzeiten mir eine enorme Bandbreite künstlerischer Entfaltungsmöglichkeit liefern. Angefangen von den Portraits, bis hin zur Reportage. Ich hab von meinen Kunden her immer alle Freiheiten, kann mich also austoben. Das gepaart mit der Spannung, ein sowohl hochfreudiges, als auch nicht wiederkehrendes Ereignis „einzufrieren“, ist großartig.
Oh ja, das ist es. Deine Fotos zeigen Locations aus aller Welt, Du kommst also auch einwenig rum… Wie kommst Du an solche Aufträge – die liegen ja nicht gerade rum ;)
Die Welt ist kleiner geworden. Das Internet verkürzt die Wege enorm. Wenn ich also als Heiratender großen Wert auf Fotografie lege, dann schau ich mich auf den Märkten um. Diverse Plattformen und Vereinigungen erleichtern mir die Suche. Und wenn ich dann fündig geworden bin, spielt es (das nötige Kleingeld vorausgesetzt) auch keine Rolle, woher der Fotograf kommt. Am Anfang meiner „Laufbahn“ bin ich halt mehr Auto gefahren, jetzt schau ich öfter Menschen zu, die im Flieger Tomatensaft bestellen.
Auch nicht schlecht. Und am Flughafen hast Du auch schonmal ein Hochzeitspaar fotografiert, richtig?
Hab ich? Echt? Bitte entschuldige, ich bin schon 37, da schrumpft das Gedächtnis…. U-Bahnen fallen mir, und Bahnhöfe. Aber Flughafen? Das war glaub ich ein anderer :-) Moment – doch, da kommt´s wieder. Das war in London. Ich war dort mit 2 Brautpaaren bei gefühlten -30 Grad unterwegs. Im Flughafen war noch der warme Teil des Tages. Die folgenden Aussentemperaturen haben dann mein Erinnerungsvermögen gelöscht….
Glaub ich Dir aufs Wort (also das mit der Hitze). Wenn ich recht entsinne, hast Du vor Kurzem bekanntgegeben, dass Du noch einen Assistenten für eine Hochzeit in Istanbul sucht. Ist der Platz noch frei (Augenzinker: Na, liebe Leser, wie wärs)?
Leider nein, wenn ich das gewusst hätte… Ich hab eine sehr nette Fotografin aus der Nähe von Heidelberg gefunden. In der Regel arbeite ich immer assistenzlos, da ich meist auf Blitz oder Reflektoren verzichte. Istanbul wird aber eine sehr große Hochzeit mit ca. 600 Gästen. Und da ich an den Hochzeiten zwischendurch immer mal ein paar Bilder bearbeite, ist eine Assistenz hier wichtig. Ich mag nämlich meine Ausrüstung so gerne, und will sie nicht hergeben :-)
… oder wieder einfangen. Wenn wir schon bei fangen sind: Schonmal zu spät gekommen?
Es gibt zu diesem Thema Menschen die gerne den Kopf schütteln. Allen Voran: mein Freund und Kollege Konrad Licht (tschuldigung, aber meiner Meinung nach mit der beste Hochzeitsfilmer Europas). Ich bin so ein Punktlander. Ich hab früher, wenn´s zur Schule oder Beruf ging, immer bis zur allerletzten Sekunde im Bett gelegen, die Minuten bis zum Aufstehen gezählt. Und heute ist das auch nicht anders. Da wird morgens bis auf den Punkt gewartet. Mit der unangenehmen Folge, dass es dann oft stressig wird. Aber, nur ein einziges mal kam ich ein bisschen zu spät – Stau. Das Brautpaar hat netterweise mit der Trauung gewartet bis ich da war. Und letzte Woche hab ich fast meinen Flieger verpasst, bin gerade noch so auf den Heckflügel aufgesprungen. Aber sonst…..
Find ich gut, dass Du so ehrlich bist. Und Heckflügelfliegen macht ja auch nicht jedermann. Aber Du, mal eine andere Frage: Wie würdest Du Dich selbst beschreiben: Eher offensiv und nah dran an den Leuten oder fotografierst Du lieber aus „dem off“ und zurückhaltend? Warscheinlich ein bisschen von beidem, je nach Situation, oder?
Ja, von Beidem etwas. In erster Linie aber offensiv. Ich bilde mir aber ein, mich ganz gut in Menschen hinein versetzen zu können, versuche also alles störende und unangenehme zu vermeiden. Ich weiss aber schon, dass meine Art zu fotografieren bemerkt wird.
… was viele Vorteile hat. Bleiben wir mal direkt bei der Hochzeit: Wie viel Energie steckst Du in die Vorbereitung auf die Hochzeit? Das stelle ich mir – gerade bei internationalen Einsetzen – durchaus herausfordernd vor… Oder empfindest Du das gar nicht so?
Nein, keine Energie. Ich sammle meine Infos (Adressen, Telefonnummern,…) buche mein Ticket, packe meine Tasche, und los. Ich bin kein Locationscouter, sondern nehme immer das, was gerade da ist.
Wow. Sehr spannend. Ich glaube, anders ist das international auch kaum zu regeln. Mal ehrlich: Was ist für Dich (so im Schnitt) die größte fotografische Herausforderung auf Hochzeiten? Die Feier Abends bei gedimmtem Licht oder etwas ganz anderes?
Was mich am ehesten zum Schwitzen bringt, ist das Portrait Shooting. Insbesondere die erste halbe Stunde (vielleicht hat das was damit zu tun, dass ich mir die Location vorher nicht anschaue). Das Paar hat recht große Erwartungen. Und ich möchte diese nicht nur mit 2-3 guten Fotografien erfüllen, sondern mit mindestens mal 30-40 unterschiedlichen, hochwertigen Portraits. Und das möglichst in 1-2 Stunden. Da steh ich schon unter Strom. Wenn die ersten Bilder aber im Kasten sind, legt sich das dann auch recht schnell wieder.
Reportage, insbesondere mit wenig Licht, mag ich sehr gerne. Ich hab in der Regel keinen Blitz dabei, kann mir also in aller Ruhe die Lichtverhältnisse anschauen, und überlegen, was sich daraus machen lässt.
Also gut! Umgekehrt: Wann fotografierst Du am Liebsten? Welche Teile einer Hochzeit genießt Du am Meisten? Oder hast Du das mit „Reportage mit wenigem Licht“ quasi schon beantwortet?
Die Vorbereitung mag ich am Liebsten. Ist auch der einfachste Teil. Da liegt noch (abgesehen von aller Aufregung) Ruhe in der Luft. Auch ist das ein sehr stimmungsvoller Teil der Hochzeit. Ich kann mich aber auch beim Portrait Shooting, wenn ich merke, dass da nette Ergebnisse entstehen, freuen wie ein kleines Kind. Das mach ich eh ständig während meiner Berufsausübung. Wenn ich Abends spät nach Hause komme, fall ich nicht etwa gleich ins Bett, nein, da werden erst mal Bilder geschaut. Dann erst geht´s schlafen – vielleicht….
Thema Fotografieren selbst – und ich weiß, die folgende Frage wird wahrscheinlich nicht so einfach zu beantworten sein: Wie viele Fotos machst Du im Schnitt bei einem vollen Hochzeitstag? Was mich im gleichen Zug interessiert: Bist Du oft am Auslöser, um eine hohe Trefferquote zu erreichen (beispielsweise beim Einzug des Paares, Ringübergabe usw.) oder drückst Du eher selten ab?
Selten, ich will ja fotografieren, nicht filmen :-) 8 Stunden Hochzeit ergeben zwischen 1200-1300 Bilder. Da ich – bin so ein Verrückter – auch 8 Stunden fotografiere, macht das etwa 2-3 Bilder pro Minute.
Meiner Meinung nach ist das der bessere Weg, als, auf Nummer sicher, möglichst viele Bilder zu schießen. Man hat deutlich mehr Ruhe, sieht besser, und als Ergebnis wesentlich weniger Ausschuss. Also: bessere Bilder und weniger Arbeit. Ich wollte mir nicht jede Woche 5000 Bilder anschauen wollen. Das wundert mich übrigens immer sehr, wenn ich mir Filme über vermeintlichen „Stars“ der Szene (natürlich vorwiegend amerikanisch) anschaue. Die halten pro Einstellung 100 mal auf den Auslöser. Das ist Lotterie, keine Fotografie (tschuldigung).
Passt. Frage zu Abschluss: Welche Musik hörst Du zum Bearbeiten der Bilder? Oder bist Du da eher Minimalist und arbeitest in der Stille?
Ich schau immer Fernsehen – nein, Spass. Nur wenn Fußball läuft, ich höhr dann immer zu. Meistens Radio, gerne aber auch schön Ruhiges. Amy Seely, oder nette Baladen von Oasis oder Pearl Jam (ok, nicht immer ruhig).
Na dann sage ich mal Danke, Marco für die Zeit und das sehr nette Gespräch! Vielleicht wiederholen wir das ja mal in 2-3 Jahren und schauen dann, was sich bei Dir getan hat. Dankesehr!
Danke auch, hat viel Spaß gemacht!
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Update: Übrigens, Marco Schwarz hat auch einen Blog.