12. Oktober 2011 Lesezeit: ~3 Minuten

Eine Verbindung fürs Leben

»In Studentenverbindungen tragen junge Männer bunte Uniformen, träumen vom Großdeutschen Reich, saufen literweise Bier und zerhacken sich mit Säbeln das Gesicht.« (aus: »Rechtsweg nicht ausgeschlossen«, spiegelonline, 22.06.2001).

Solche Texte und die Tatsache, dass ich Burschenschaftern, obwohl sie Studenten sind – wie ich – vor dem Beginn meiner Arbeit nie in der Uni oder auf der Straße begegnet bin, haben mein Interesse für dieses Thema geweckt.

In Deutschland gibt es mehr als 1.000 verschiedene Studentenverbindungen mit ungefähr 22.000 aktiven Mitgliedern und 135.000 Alten Herren, den ehemaligen Mitgliedern und jetzigen Finanziers einer jeden Verbindung. Burschenschaften sind auch heute noch schlagende Verbindungen, die das akademische Fechten praktizieren.

„Dabei geht es aber nicht, wie oft falsch vermutet, um wildes Draufhauen, sondern vielmehr um eine saubere Technik und höchste Konzentration. Früher galten dicke wulstige Narben im Gesicht als schnittig; waren ein Zeichen der Zugehörigkeit, worauf man stolz war. Da streute man sogar noch Salz in die Wunde oder legte ein Pferdehaar hinein. Das ist heutzutage anders: Verbindungsstudenten haben mit vielen Vorurteilen zu kämpfen, so dass sie nach außen hin versuchen, eher unauffällig zu wirken.“ berichtete mir ein Burschenschafter.

Zu Beginn meiner Arbeit habe ich ganz breit gefächert Verbindungen unterschiedlicher Art telefonisch kontaktiert und fast nur Absagen bekommen. Daraufhin bin ich zum jährlich stattfindenden Burschentag gefahren, um dort direkt mit den Leuten ins Gespräch zu kommen. Ich habe mich dadurch dafür entschieden, mich nur auf Burschenschaften zu konzentrieren und nicht noch andere Verbindungsarten einzubinden.

Erstaunlicherweise war es gar nicht so schwierig als Frau in diese Männerwelt einzutauchen, wie zuvor erwartet. Natürlich habe ich auch Absagen mit der Begründung, dass die Anwesenheit von Frauen auf den Häusern nicht erlaubt sei, bekommen, aber die durchaus größere Hürde war der Fakt, dass ich Fotojournalistin bin und das Ziel hatte, die Bilder zu veröffentlichen. Es war ein großes Misstrauen der Presse und den Medien gegenüber zu spüren, was natürlich nicht überraschend ist. Artikel über dieses Thema sind einfach meistens sehr reißerisch und klischeebehaftet.

Ich persönlich stehe Studentenverbindungen im Allgemeinen sehr kritisch gegenüber und wäre ich ein Mann, dann würde der Einstieg in eine Verbindung für mich absolut nicht in Frage kommen. Das steht fest. Aber Ziel meiner Arbeit war es nicht, einfach nur die Klischees zu reproduzieren, sondern ich wollte mir ansehen, wie es dort wirklich zugeht und den Betrachter meiner Bilder dazu animieren, sich selbst eine Meinung über das Thema zu bilden. Natürlich haben sich viele Vorurteile bestätigt, aber ich habe gemerkt, dass man wirklich feiner differenzieren muss. Man kann keineswegs alle Verbindungsstudenten über einen Kamm scheren.

Interessant sind auch die unterschiedlichen Reaktionen, die ich zu meiner Arbeit bekomme. Viele sagen mir, dass die Bilder viel zu nett und unkritisch seien. Andere wiederum finden sie viel zu negativ. Aber gerade das macht es für mich spannend und zeigt, dass mein Konzept funktioniert.

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