Fotografische Crowdfunding-Projekte #4, 2020
Die Auswirkungen der Pandemie bemerkt man auch auf den Crowdfundingplattformen. Es gibt viel weniger spannende Fotogadgets, die Geld für einen großen Markteinstieg sammeln und von den bekannten Firmen, die ihre neuen alten Linsen gern so finanzieren, ist im Moment auch nichts zu sehen.
Nichtsdestotrotz haben wir eine gute Handvoll spannende Kampagnen gefunden, die aktuell noch laufen. Geheimtipps, die noch einen langen Weg vor sich haben, bekannte Namen und sicher finanzierte Projekte sind mit dabei. Natürlich ein paar Fotobücher, aber auch ein Belichtungsmesser, ein Baukasten für Bewegungen sowie ein soziales Projekt.
Bildung durch Fotografie
Die gemeinnützige Organisation Art Meets Education hat ihre Arbeit im Magazin im letzten Jahr bereits selbst in einem Artikel vorgestellt. Kurz gesagt: Mit ihrer Hilfe kreieren Kinder aus finanziell benachteiligten Familien eigenständig Kunst. Die Fotografien der Kinder werden in Ausstellungen präsentiert, die die Mittel zur Finanzierung ihrer Schulbildung generieren.
In der aktuellen Crowdfundingkampagne geht es um die Anschubfinanzierung, aus der für 40 Kinder 12 Jahre Schulbildung finanziert werden. Mit dem Geld aus der Kampagne werden die Workshops in Manila auf den Philippinen sowie Equipment und Reisekosten finanziert. Die von den Kindern gemachten Fotos werden zu Produkten, deren Verkaufserlös dann ihre eigene weitere Schulbildung finanzieren wird.
Statt wie viele klassische NGOs Geld direkt auszuschütten, wird damit Bildung finanziert, die langfristig und nachhaltig wirkt. Die Kampagne läuft noch 16 Tage, hat ein Fundingziel von 15.000 € und bisher ca. 23 % davon erreicht.
Fotobuch-Triptychon „I Am Warning You“ von Rafał Milach
Was die dokumentarischen Arbeiten von Rafał Milach so besonders macht, haben Jens Pepper und Grażyna Siedlecka erst vor ein paar Monaten in ihrem Interview an dieser Stelle besprochen. Nun finanziert er sein neues Werk „I Am Warning You“ über eine Kickstarter-Kampagne.
Mich hat dabei nicht nur sofort die Aufmachung – dreiteilig mit offener Bindung und im Schuber – angesprochen, sondern als irgendwie noch Wendekind auch das Thema: Jedes der Bücher ist einer Mauer gewidmet: Der amerikanisch-mexikanischen, der ungarisch-serbisch-kroatischen sowie der Berliner Mauer.
Im Kampagnenvideo bekommt man anhand der von Rafał gezeigten Dummys einen guten Eindruck, welche Konzepte und Bilder einen in den Büchern erwarten. Die Kampagne läuft nur noch 6 Tage, hat ein Fundingziel von 13.000 £ und davon bereits ca. 70 % erreicht.
Lime One – kompakter Belichtungsmesser für analoge Kameras
Johannes Heberlein hat mit dem „Lime One“ einen Belichtungsmesser für analoge Kameras entwickelt, der eine Alternative für alle sein soll, denen Handyapps zu umständlich oder externe Geräte zu klobig sind. Lime One wird einfach am Blitzschuh aufgesteckt und kann so dauerhaft auf der Kamera leben.
Lime One gibt’s in zwei Farbvarianten, außerdem sind eine Schutzhülle sowie drei Blitzschuh-Adapter erhältlich, um das Gerät je nach Anwendungsfall und sonstiger Kameraausstattung in andere Positionen zu bringen oder neben Lime One noch ein weiteres Accessoire aufstecken zu können.
Das Projekt ist ein schönes Beispiel für ein kleines Business, das sich um ein Problem kümmert und es einfach ohne Schnickschnack, mit Konzentration auf Usability und elegantes Design löst. Die Kampagne läuft noch 13 Tage und hat ihr Fundingziel von 25.000 € bereits jetzt zu über 200 % erreicht.
Fotobuch „The Bridge, Reconstructed“ von Michael Yuan
Unter den fotografischen Crowdfundingkampagnen nehmen die für Fotobücher und Bildbände stets den allergrößten Teil ein. Jedermann und seine Tante wollen ihre Fotoprojekte zwischen zwei Buchdeckeln sehen. Wie sticht man in dieser Masse noch heraus? Und ist nicht alles schon einmal fotografiert, gedruckt und gebunden worden?
„The Bridge, Reconstructed“ widmet sich einem absolut totfotografierten Motiv – der Golden Gate Bridge – an und sucht neue Perspektiven darauf. Es ist das Ergebnis von zweieinhalb Jahren Arbeit, Dutzenden Reisen zur Brücke und Hunderten Stunden des Fotografierens – auf die interessantesten Entdeckungen daraus reduziert.
Die detailverliebten, teilweise fast abstrakten Bilder sowie der minimalistische Einbandentwurf sind vielversprechend – ein Geheimtipp unter den Crowdfundings, der gut noch mehr PR vertragen kann. Die Kampagne läuft noch 21 Tage, hat ein Fundingziel von 24.000 CA$ und davon erst ca. 18 % erreicht.
RGKit Play von Argineering
Fast schon ein Blick über den Tellerrand: Das RGKit Play ist nicht nur etwas für Videograf*innen, sondern auch für alle Fotograf*innen, die experimentierfreudig sind, Spaß am Basteln haben und möglicherweise auf der Suche nach Möglichkeiten, mehr Action in Fotos zu bringen.
Es handelt sich um einen Baukasten mit kabellosen Motoren, Slidern und je nach Bundle jeder Menge weiterem Zubehör, mit dem sich vielfältige Bewegungsabläufe für Kameras, Lichtquellen und natürlich alle anderen involvierten Objekte realisieren und mittels einer Smartphone-App steuern lassen.
Die Kampagne läuft nur noch 7 Tage und hat ein Fundingziel von 50.000 US$, das aber bereits jetzt zu 330 % erreicht ist. In den Dankeschöns gibt es sehr viele Abstufungen, sodass sich sowohl zum Reinschnuppern als auch für die große Profi-Ausstattung etwas findet.
Fotobuch „Airports“ von Tom Hegen
Tom Hegen kennt Ihr garantiert. Allein hier im Magazin hat er unzählige Male seine Arbeiten vorgestellt, die sich in den letzten Jahren vor allem auf Luftaufnahmen menschlicher Landschaftsgestaltung konzentrieren – Salzgewinnung, Klimaerwärmung, Vulkankrater oder sein Bildband „Habitat“.
Sein neuer Bildband trägt den Titel „Airports“ und zeigt, na klar, Flughäfen von oben. Das Projekt ist ein tolles Beispiel dafür, das Beste aus einer Situation zu machen – in diesem Fall, die historisch einmalige Situation der Pandemie, die für einen so gut wie kompletten Stillstand des Flugverkehrs sorgte, für Fotos zu nutzen, die sonst niemand machen kann.
Die Kampagne läuft noch 23 Tage und hat ihr Fundingziel von 10.000 € jetzt schon zu über 200 % erreicht. In den Dankeschöns gibt’s neben dem Buch „Airports“ auch den ersten Bildband „Habität“ sowie limitierte Poster-Editionen ausgesuchter Motive.
Welche Kampagnen sprechen Euch an oder welche fotografischen Projekte habt Ihr in letzter Zeit unterstützt? Erzählt uns gern davon in den Kommentaren!