In Charles Pétillons Fotografien gibt es einen Doppelbezug zur Zeit. Obwohl sie durch den fotografischen Akt, der die Szene einfriert, angehalten wurde und sozusagen „schwebt“, kann nichts ihren Lauf wahrlich anhalten. Obwohl wir nur das Standbild betrachten können, haben wir nicht vergessen, dass es ein Vorher gab und ein Nachher geben wird.
Obwohl das Bild als solches unbewegt ist, meinen wir, das leichte Schweben der Ballons wahrnehmen zu können. Dieses vermeintliche Quäntchen Leben steht im Kontrast zu verlassenen Landschaften oder der gähnenden Leere von Räumen, die von Menschen für Menschen gemacht worden sind und doch nur ihre Abwesenheit ausstrahlen.
Komposition, Farben, Texturen und Licht werden präzise kontrolliert. Um das zu erreichen, kreiert er regelrechte Plastikinstallationen, die manchmal komplex, umfangreich und sperrig sind, um Dutzende oder sogar Hunderte weiße Ballons ins Spiel zu bringen, die die Grundlage seiner Serie „Invasions“ bilden.
Activités de plein air 2: Ballons fungieren mir als Symbol für das Stigma, das der Mensch seiner Umwelt zufügt. In gewisser Weise schaue ich damit in einen Abgrund, da die Ballons hier in einem Raum angeordnet sind, der als ehemaliger Bergbaustandort selbst bereits Wunden von der Menschheit zugefügt bekommen hat.
Copier-Coller: Dieses Bild habe ich in Shanghai aufgenommen. Was mich als Westler dort überrascht hat, war, wie ähnlich doch die Erwartungen sind, die Menschen auf vielen Kontinenten haben, obwohl es zwischen ihnen ganz grundsätzliche kulturelle Unterschiede gibt. Wir sind alle sehr unterschiedlich und doch sehr ähnlich.
Baguette magique: Ermöglicht die Stadterneuerung die Veränderung der Lebensaussichten?
T.O.C. – Trouble Obsessionnel Compulsif: Es ist eine Störung, die durch das wiederholte Auftreten von Obsessionen oder Zwängen gekennzeichnet ist. Sind wir alle mehr oder weniger von dieser Störung betroffen?
Igloo mobile 2: Was bedeutet Nomadismus heute? Um diese Frage zu beantworten, suchte ich nach einem Symbol und habe das ideale Objekt im Iglu gefunden. Interessanterweise ist es allen bekannt, ohne dass wir es tatsächlich gesehen haben. Es ist äußerst robust und doch so zerbrechlich. Es muss nur ein paar Grad über null sein, damit es verschwindet.
Anarchitectures: Standardisierung von Wohnraum. Verliert Architektur ihre Identität?
CO2: Das Automobil – Objekt der Lust, Objekt der Notwendigkeit, von dessen Verwendung man sich nur allzu schwer lossagen kann. Dieses Bild ist eine Metapher für das Ausufern des Individuums im täglichen Leben.
Cloud computing: Wärest Du bereit, Deine Familienfotos, Dein Tagebuch oder die Wohnorte Deiner Freunde einem Fremden zu geben?
Conversations: Das Zeugnis eines fast verschwundenen Objekts, das durch ein universelleres Telefon ersetzt wurde, das transportabler, aber völlig privat ist.
Fragilité: Menschliche Herrschaft – kann der Mensch gegen die Natur kämpfen?
Folklore: Es ist ein Kommentar über das Verhalten der Menschheit, die manchmal unbesonnen ist. Der Titel erlaubt es mir, den Kontrast zu verstärken, in der Tat ein genialer Name für Verhalten, das Konsequenzen hat.
Igloo: Nomadismus im Wandel der Zeit auf der ganzen Welt. Wie hat sich der Nomadismus verändert?
Invasions: Es verweist auf das Programm „Mille piscines“, dessen Modell „Sunflower“ in der Alltagslandschaft der späten 1970er und frühen 1980er Jahre sehr erfolgreich war. Mit Luftballons kann man einen Blick auf ein architektonisches Erbe werfen, das die Zukunft symbolisierte und jetzt mit Überalterung und dem Verschwinden konfrontiert ist.
Mutations 1: Diese Balloninstallation ist eine Art Vergrößerung der molekularen Struktur der DNA. Sie symbolisiert genetische Veränderungen. Indem man sie in einen malerischen, romantischen Kontext stellt, offenbart sich das Stigma, das der Mensch im natürlichen Raum hinterlässt, noch stärker.
Playstation 2: Dieser Titel lässt uns offensichtlich an die berühmte Spielekonsole, die stellvertretend für die Welt der Videospiele steht, denken. Was ist der Einfluss von jeglicher Form von Spielen auf die Entwicklung unserer Gesellschaft?
Ribambelle 2: Fotografie in der Wüste – bevor die Installation dort erschien, gab es nur einen abstrakten Raum ohne Grenzen und ohne Bedeutung, der jeder Intervention fremd war. Wir berühren den Begriff des Unendlichen.
Superpositions: Die wörtliche Übersetzung der Zeit. Was ist die Funktion von Objekten und Raum im Zeitverlauf?
Vae victis: Wehe den Besiegten! Wer möchte nicht gegen die Übermacht unserer Wirtschaftswelt ankämpfen? Es stellen sich viele Fragen. Was ist die besondere Beziehung der Franzosen zu Drogen? Wie lässt sich das Verschwinden von Geschäften in den Stadtzentren aufhalten?
Seine Projekte entstehen interessanterweise zuerst überwiegend in Form von Zeichnungen. Alles beginnt mit einer Idee, von der ausgehend es eine Frage der Formgebung eines Problems ist, dessen visuelle Lösung erst gefunden werden muss. Fotografien und Installationen sind eine natürliche Erweiterung des angestoßenen Denkprozesses: Sie verkörpern die geistige Projektion der Idee.
Von dieser Phase des Reifens bis zur endgültigen Aufnahme vergeht noch eine ziemlich lange Zeit, da nichts dem Zufall überlassen wird. Die Fotografien von Charles Pétillon sind keine Bilder, die blitzschnell aufgenommen werden, sondern solche, die bis ins kleinste Detail inszeniert sind.
Charles Pétillon, 1973 in Frankreich geboren, entdeckte im Alter von 11 Jahren die Fotografie für sich. Seit 2002 widmet er sich als freier Künstler fast ausschließlich seinen freien Arbeiten, verfeinert seine ästhetischen Forschungen und sein eigenes künstlerisches Feingefühl.