Deutscher Fotobuchpreis 19/20
Der Deutsche Fotobuchpreis wurde am letzten Freitag vergeben und bietet immer wieder die Möglichkeit, neue Bildbände und Buchprojekte zu entdecken. Denn zwischen all den neuen Veröffentlichungen verliert man doch schnell den Überblick. Ein klein wenig stolz bin ich durchaus, dass unter den prämierten Büchern einige sind, die ich auch entdeckt und im Laufe des Jahres bereits auf kwerfeldein vorgestellt habe.
Was mir bei vielen Projekten auffällt, sind die unglaublich starken und aufwändigen Konzepte. Gerade die studentischen Projekte und Abschlussarbeiten sind Gesamtkunstwerke, was es nahezu unmöglich macht, sie einem breiten Publikum anzubieten. Denn mit dem Aufwand und Umfang steigt auch der Preis.
So gibt es von den meisten Büchern nur sehr geringe Auflagen und es sind eher Sammlerobjekte. Um sie dennoch einmal in die Hand nehmen zu können, gibt es eine Wanderausstellung aller nominierten Bücher. Die Termine stehen leider noch nicht fest – sie werden demnächst auf der Webseite des Deutschen Fotobuchpreis bekannt gegeben.
Im Folgenden stelle ich kurz alle acht Bücher vor, die mit Gold ausgezeichnet wurden. Die komplette Liste aller Nominierten zeigt der Deutsche Fotobuchpreis hier.
„Developments“ von Tino Zimmermann
Erinnert Ihr Euch an den Artikel von Tino Zimmermann, der ganz offen über seine drogeninduzierten Psychose berichtete? Im Buch zeigt er seinen Kampf, der durch Drogenmissbrauch hervorgerufenen psychischen Erkrankung mit Hilfe der Fotografie zu entkommen. Nachdem sein Crowdfunding für das Buch leider nicht erfolgreich war, freuen wir uns umso mehr, dass die studentische Arbeit nun auf diese Weise geehrt wird. Vielleicht hilft der Preis ja bei einer Veröffentlichung, denn aktuell ist das ausgezeichnete Buch leider nicht käuflich zu erwerben.
„Gelbe Seele“ von Lisa Schneider
Das Buch gibt gesellschaftliche Einblicke in den Berliner Untergrund und ist eine Semesterarbeit, die aus drei Teilen besteht. Im ersten Teil hat Lisa Menschen getroffen und interviewt, die alle auf sehr verschiedene Weisen mit der Berliner U-Bahn verbunden sind: Vom U-Bahnfahrer über einen Graffiti-Sprayer bis zum Obdachlosen, der Straßenpapiere im Untergrund verkauft. Der zweite Teil ist mit Bildern von Fremden gefüllt, die Lisa in der U-Bahn getroffen hat, und der dritte Teil zeigt Eindrücke während der Fahrt. Einen guten Einblick ins Buch bekommt man auf der Webseite der Fotografin.
„LA drive by“ von Michael Lange
Noch ein Buch, das wir im Magazin bereits vorgestellt haben. Es zeigt flüchtige Augenblicke aus Los Angeles und wurde aus dem Auto heraus fotografiert. Der besondere Stil der Bilder kommt durch die Nutzung des Schwarzweiß-Diafilms Polaroid PolaPan 35 mm zustande, dessen Produktion im Jahr 2000 eingestellt wurde. Aufgrund der chemischen Veränderungen in den letzten 20 Jahren sind verschiedene Schichten von Zeitlichkeit sichtbar. Das Buch entstand nach einer erfolgreichen Kickstarter-Kampagne und ist nun für 90 € direkt beim Fotografen erhältlich.
„Live with love. Promise.“ von Jasmin Breidenbach
Das Buch ist eine Abschlussarbeit und beschäftigt sich mit dem indischen Ort Simandhar City. Er wurde 2002 mit der Vision gegründet, eine reine und friedliche Stadt zu schaffen. Die Menschen glauben, dass jedem Lebewesen eine reine Seele innewohnt und ihre Grundprinzipien basieren darauf, niemanden zu verletzen und keine Fehler in anderen zu sehen, gleich welcher Herkunft, Nationalität, Glauben etc. Hiervon profitieren zu einem großen Teil die Frauen der Gemeinschaft, die hier einen sicheren Ort finden, in dem sie frei sein können. Bilder aus dem Buch findet Ihr auf der Webseite der Fotografin.
„MALLORCA – MAR i MUNTANYA“ von Antonia und Alexander Feig
Das Coffeetable-Book zeigt ein Mallorca fernab von touristischen Hotspots. Puristische Foodstills, episch anmutende Landschaftsaufnahmen, zeitgemäße Straßenfotografie und Charakterportraits von inselprägenden Mallorquinern füllen das großformatige, 264 Seiten umfassende Buch. Die Begegnungen und Gespräche mit den Protagonist*innen prägen den Blick der beiden Fotograf*innen auf die allseits beliebte Baleareninsel. Das Buch kostet 98 € und über Amazon erhältlich .
„Manche Fehler muss man selber machen“ von Patrick Ludolph
In der Kategorie Fototechnik hat Patrick Ludolph mit seinem Buch „Manche Fehler muss man selber machen“ gewonnen. Das Buch besteht aus zwei Teilen: Zunächst berichtet der Fotograf von seinem Ansatz, Menschen zu fotografieren. Der zweite Teil ist eine Sammlung seiner persönlichen Lieblingsbilder. Er schreibt zu jedem Bild, wie es entstanden ist, wie die Aufnahmeparameter waren, welches Licht zum Einsatz kam und vor allem, wie die Geschichte dahinter ist. Das Buch ist im dpunkt.verlag erschienen und kostet 36,90 €.
„Periphery“ von Erieta Attali
Die Fotografin Erieta Attali hat zwei Jahrzehnte lang die Wechselwirkung zwischen Architektur und Landschaft am Rande der Welt erforscht. Mit ihren Fotografien erkundet sie, wie extreme Bedingungen und anspruchsvolle Terrains die Menschheit dazu brachten, sich neu zu orientieren und mithilfe von Architektur einzurichten. Im Zuge ihrer Expeditionen durchquerte sie vier Kontinente und war in den abgelegensten Gebieten von Island bis zum indischen Ozean unterwegs. Ein aktuelles Interview zum Buch hat die NZZ. „Periphery“ erschien im Verlag Hatje Cantz kostet 50 €.
„Minkkinen“ von Arno Rafael Minkkinen
Auch dieser Bildband war bereits ein Buchtipp bei uns. Er zeigt die einzigartigen Selbstportraits des Fotografen der letzten 40 Jahre. In seinen Arbeiten verbindet er seinen eigenen Körper mit natürlichen oder urbanen Landschaften – ohne Assistenz und ohne Manipulation der Bilder. Das Buch ist im Verlag Kehrer erschienen und kostet 75 € .
Welches der prämierten Bücher spricht Euch besonders an? Habt Ihr vielleicht eins davon bereits zu Hause?