Sitz, platz – und nun bitte recht freundlich!
Der Hund ist seit jeher des Menschen bester Freund, mittlerweile ist er sogar zum Familienmitglied geworden. Was liegt da nun näher, als von seinem Hund Fotos machen zu lassen, vielleicht ja sogar mit seinem Menschen zusammen? Die Hundefotografie boomt – meiner Meinung als vierfache Hundemama nach – natürlich auch zurecht, denn wer möchte keine Erinnerungsfotos von seinem Liebling?
Wie rückt man den Hund ins rechte Licht?
Am allerwichtigsten bei der Arbeit mit einem Hund, wie allgemein mit Tieren, ist die Geduld. Wer Bilder flott gemacht haben möchte, ist hier fehl am Platz. Und auch, wenn man eigentlich mit ihm sehr gut arbeiten kann – aus diesem Grund ist er ja zu unserem besten Freund geworden – so hat doch jeder seinen eigenen Rhythmus und manchmal auch seine ganz eigene Schwachstelle.
Die Entwicklung vom Arbeitskollegen zum Familienmitglied hat auch so seine Tücken: Viele Hunde weisen nicht mehr den Gehorsam aus, wie sie es als Arbeitshund gebraucht hätten, manche tanzen darum ihren Besitzer*innen auch etwas auf der Nase herum.
Man kann also nicht automatisch davon ausgehen, dass unser Modell Kommandos wie Bleib, Sitz, Steh und so weiter beherrscht. Und auch, wenn der Hund dies grundsätzlich könnte, so ist eine Fotosession etwas Neues, total Aufregendes und kann auch schon einmal die gute Erziehung in Vergessenheit geraten lassen. Auch die Besitzer*innen selbst sind natürlich meist sehr aufgeregt.
Ich lasse daher dem Mensch-Hund-Team immer ein wenig Zeit, mit mir warm zu werden. Meist spazieren wir zuerst gemeinsam ein Stück, bis wir am ausgewählten Ort für die Aufnahmen angekommen sind. Wenn sich der Hund dafür interessiert, lasse ich ihn mich und meine Ausrüstung inspizieren. Wenn er mich ignoriert, dann tue ich es ihm gleich und dränge mich keinesfalls auf. Bei scheuen Hunden lasse ich auch nebenbei einmal die Kamera einfach so auslösen, um zu sehen, wie sie auf den Ton reagieren und ob sie eventuell schreckhaft sind.
Für den Vierbeiner ist ein Fotoshooting gleichzusetzen mit einer Trainingsstunde. Sie ist anstrengend, denn er muss immer wieder Kommandos ausführen, manchmal mehrfach hintereinander, bis ich das gewünschte Bild im Kasten habe. Dass es dabei immer wieder Pausen braucht, in denen der Hund entspannen kann, versteht sich von selbst. Zu einer Trainingsstunde geht man in der Regel mit Motivationsmaterial, also je nach Hund mit Futter oder Spielzeug, beim Fotografieren ist das nicht anders. Niemand arbeitet gern umsonst, auch der Hund nicht.
Ist der Hund gut erzogen und bleibt bei seinem Menschen, kann er ohne Halsband und Leine Modell stehen. Ist es aber ein unsicherer Hund, einer mit Jagdtrieb oder befindet man sich an einem etwas heiklen Ort, dann sollte der Hund abgesichert werden. Ich empfehle dafür ein schmales Halsband oder eine Kette und eine dünne Schleppleine, die man dann notfalls einfach wegretuschieren kann.
Wie positioniere ich den Hund?
Genauso wie beim Menschen sind die Position und die Perspektive beim Hund wichtig. Hunden sollte man auf Augenhöhe begegnen, besser noch ein wenig darunter. Ich versuche, mich meist sogar gedanklich in den Boden „einzugraben“. So hat man im Hintergrund auch keine störende Horizontlinie, die optisch durch den Hund verläuft.
Meine bevorzugte Position für den Hund ist das Steh, das „steht“ einfach praktisch jedem, sofern er die Körperspannung halten kann. Wichtig dabei ist, dass er mit der Hinterhand von mir weg oder zu ihm hin zeigt und nicht direkt im 90°-Winkel zur Kamera steht.
Beim Positionieren sollte man auch ein wenig auf die Figur des Hundes achten. Ein etwas moppeliger Hund sieht im Sitzen noch runder aus, da würde sich bei Ganzkörperfotos eher ein Steh oder Platz anbieten. Ein schmaler Windhund dagegen sieht im Sitz wie eine edle Statue aus.
Je älter der Hund ist, desto schwieriger wird das Positionieren. Manche mögen nicht mehr sitzen, andere wiederum tun sich mit dem Hinlegen schwer. In diesen Fällen sollte man dann den Hund entscheiden lassen und versuchen, durch optimale Perspektive seine Vorzüge in den Vordergrund treten zu lassen.
Als Fotograf*in sollte man sich daher immer ein wenig von links nach rechts bewegen und dabei durch den Sucher schauen. Ganz oft sieht man erst so, dass die Komposition aus einem anderen Winkel viel schöner wirkt, weil da Hund und Hintergrund mit einem Mal harmonisch wirken.
Manchmal lohnt es sich auch, ab und an den Hund in seinem Tun einfach nur zu beobachten. Gerade, wenn weiter entfernt etwas passiert, das die Aufmerksamkeit des Hundes auf sich zieht, er vielleicht beobachtend verharrt, ergeben sich oft die wunderbarsten Szenerien, die man nur noch festhalten muss.
Direkt hinter dem Hund sollten keine störenden Elemente wie ein Pfosten oder Bäume sein. Man ärgert sich dann zuhause, wenn man beim Sichten erst bemerkt, dass auf dem Bild dem Hund optisch etwas aus dem Kopf wächst. Wenn man den Hund gut lenken kann, dann sollte man versuchen, die Natur wie einen Rahmen für den Hund zu betrachten und ihn – respektive sich selbst – entsprechend positionieren.
Ist der Hund da, wo ich ihn haben möchte, muss ich nur noch auf den richtigen Moment warten, in dem mir die Körpersprache des Hundes gefällt, dann kann ich auf den Auslöser drücken.
Wie schaut der Hund in die Kamera?
Na ja, eigentlich braucht er das gar nicht, er blickt nämlich meist an der Kamera vorbei zu seinem Menschen. Für viele Hunde ist das Objektiv wie ein großes, schwarzes Auge, von dem sie ihren Blick abwenden. Deswegen haben auch viele Besitzer*innen Probleme, wenn sie selbst ihre Hunde fotografieren möchten. Ganz oft höre ich: „Sobald ich die Kamera raushole, schaut mein Hund weg.“
Sie sind dieses riesige Auge nicht gewöhnt und haben daher Hemmungen ihm gegenüber. Wenn man seinen Hund regelmäßig fotografiert, kann man ihm die Kamera mit Leckerlies oder einer Tube Leberpaste aber recht schnell schmackhaft machen.
Da wir bei einer Fotosession zu zweit arbeiten, muss der Hund nicht zwingend in die Kamera schauen. Ich versuche, die Besitzer*innen dorthin zu dirigieren, wo ich den Blick des Hundes haben möchte. Soll er in die Kamera schauen, dann befinden sich die Menschen meist direkt hinter oder vor mir und animieren ihren Freund, aufzublicken. Meine Kamera ist dann Nebensache.
Wie motiviere ich den Hund?
Die Körpersprache ist entscheidend dafür, ob der Hund auf dem Bild fröhlich, stolz, unvorteilhaft oder unglücklich aussieht. Es gibt ein paar Tricks, die dabei helfen, den Hund in die richtige Körperspannung zu bringen und seine Mimik zu beeinflussen.
Am einfachsten klappt es bei Hunden, die gern spielen. Da müssen wir nur das entsprechende Spielzeug hervornehmen, es dem Hund zeigen und schon haben wir die Aufmerksamkeit, die wir uns wünschen. Die Ohren sind gespitzt, die Augen offen und im Idealfall ist auch die heraushängende Zunge wieder verschwunden.
Man muss sich einfach ein wenig an die Grenzen des Hundes herantasten. Bei manchen reicht schon der Griff zur Jackentasche, um den Hund unmittelbar aus seiner Position aufzulösen. Manche beherrschen sich auch noch, wenn man mit dem Lieblingsspielzeug vor ihrer Nase herumwedelt. Im Notfall greift man bei der Motivation auf etwas weniger Begehrenswertes als den Lieblingsball zurück, um den Reiz zu minimieren und es für den Hund dadurch einfacher zu machen. Man darf dabei aber nie vergessen, den Hund dann auch wirklich zu belohnen.
Hunde, die Spielzeug überhaupt nicht interessiert, reagieren vielleicht auf spezielle Töne. Ich denke, alle Hundefotograf*innen haben ein individuelles Repertoire meist seltsamer Töne, mit denen sie die Hunde aus der Reserve locken. Ansonsten gibt es auch tolle Tierstimmen-Apps, die man einsetzen kann – oder eine knisternde Folie in der Hand.
Aber Achtung: Jeder Ton und jede Tierstimme haben ihre Verfallszeiten. Anfangs reagiert der Hund darauf genau, wie man es möchte, irgendwann merkt er aber, dass da nichts ist und ignoriert das Geräusch.
Manchmal werfe ich auch Äste oder Steine hinter mich, die spätestens beim Aufprall die Aufmerksamkeit des Hundes erregen. Dabei sollte man dann aber darauf achten, niemanden ungewollt abzuschießen. Der Fantasie sind wirklich keine Grenzen gesetzt und es findet sich immer etwas, das funktioniert.
Der Weg zu erfolgreichen Aufnahmen
Die Fotosession steht und fällt mit den Besitzer*innen; kann man sie nicht mit ins Boot holen, wird man sich mit den Bildern sehr schwer tun. Oft sind die Hundehalter*innen, wie schon erwähnt, genauso aufgeregt wie ihr Hund, denn für sie ist die Situation ebenfalls sehr ungewohnt. Manche setzen sich dann auch selbst viel zu sehr unter Druck, sie möchten unbedingt liefern.
Da heißt es zuallererst einmal, eine angenehme, lockere Atmosphäre zu schaffen, den Druck herauszunehmen und die Ansprüche der Besitzer*innen an sich und vor allem an den eigenen Hund etwas herunterzuschrauben. Am besten gelingt dies, wenn man alles ganz entspannt erklärt. Kein Hund muss für ein schönes Portrait ein Bleib auf 10 m Distanz oder mehr halten, je nach Objektiv können Menschen sogar direkt neben dem Hund stehen bleiben, ohne dass sie auf dem Bild sichtbar sind.
Ich erzähle dann auch immer Anekdoten von meinen eigenen Hunden, die wahrlich keine Musterschüler sind und mich meist viele Anläufe kosten, bevor auch nur ein Bild im Kasten ist. Die Aufnahmen soll am Ende allen Spaß machen und keine Klausur sein. Sobald dann die ersten Fotos gemacht sind und man zeigen kann, dass es wunderbar läuft, entspannen die Leute sich und damit auch ihre Hunde.
Kurz zur Technik
Ich arbeite mit einer Vollformatkamera von Nikon und meine liebsten Objektive für die Hundefotografie sind das 70–200 mm f/2.8 , das 85 mm f/1.8 und das 35 mm f/1.4 .
Das 70–200-mm-Objektiv ist der Klassiker, es eignet sich für Portraits als auch für Bewegungsaufnahmen. Man braucht damit einfach genügend Platz, denn im Idealfall fotografiert man damit immer bei 200 mm Brennweite. Ich zoome so gut wie nie, sondern bewege mich vor und zurück wie bei einer Festbrennweite, denn ich möchte die Freistellung bei Blende f/2.8 vollends ausschöpfen. Man kann mit diesem Objektiv auch wunderbar an störenden Elementen vorbei fotografieren und nicht so schöne Orte „verschwinden lassen“.
Das 85-mm-Objektiv ist mein bevorzugtes, wenn ich meine eigenen Hunde fotografiere, dann muss ich nämlich nicht so weit weg, habe sie eher unter Kontrolle und kann auch schneller agieren, als wenn ich erst noch eine große Distanz zwischen mir und dem Hund schaffen muss. Das 35-mm-Objektiv nehme ich für Fotos aus der Vogelperspektive, für witzige Portraits oder wenn ich mich in einer tollen Landschaft befinde, die ich unbedingt mit auf dem Bild haben möchte.
Die Belichtungszeit bei Portraits sollte 1/500 s nicht unterschreiten, außer man hat einen sehr ruhigen und gelassenen Hund. Bei Bewegungsbildern reicht in der Regel eine Belichtungszeit von 1/1250 s aus.
Ich habe in der Kamera den Serienmodus eingestellt. Nicht, um sinnlos drauflos zu fotografieren, sondern weil es durchaus auch bei Portraits Situationen gibt, in denen die Ohren permanent in Bewegung sind oder der Hund oft blinzelt. Dann kann der Bruchteil einer Sekunde darüber entscheiden, ob das Bild Ausschuss ist oder sensationell wird. In solchen Situationen mache ich dann lieber zwei Bilder mehr als zwei zu wenig.
Der Autofokus steht bei mir grundsätzlich auf dem nachführenden Modus (bei Nikon AF-C, bei Canon Ai servo) und ich habe immer nur einen Fokuspunkt aktiv. Ich möchte der Kamera keine Möglichkeit geben, selbst zu wählen.
Gegenlicht
Es gibt eine Lichtsituation, bei der nicht nur der Autofokus sehr gefordert, manchmal sogar überfordert ist, sondern auch die eigentlich korrekten Einstellungen auf einmal überhaupt nicht mehr zu passen scheinen; entweder brennt der Himmel aus oder das Modell wird zum schwarzen Loch.
Ganz klar, ich rede vom Gegenlicht. Viele lieben es, aber noch mehr verzweifeln daran. Ich gehöre zur ersten Kategorie. Wenn ich fotografiere, dann meist nur im Gegenlicht oder im Schatten, respektive bei bedecktem Himmel. Natürlich gibt es auch bei Gegenlicht ein paar Tricks, die dabei helfen, die Technik bestmöglich unter Kontrolle zu bringen.
Am einfachsten fotografiert es sich bei indirektem Gegenlicht, also wenn die Sonne sich nicht direkt hinter dem Modell, sondern am Bildrand (wenn nicht sogar außerhalb) befindet. So kann der Fokus relativ problemlos greifen und man hat dennoch eine wunderbare Lichtstimmung.
Möchte man Fotos mit direktem Gegenlicht machen, empfiehlt es sich, möglichst gleich bei Sonnenauf- oder -untergang zu fotografieren. Je tiefer die Sonne steht, desto weniger stark fallen die Hell-Dunkel-Extreme aus. Wenn lichte Baumgruppen oder Sträucher zwischen Sonne und Modell sind, helfen diese, das Licht diffuser wirken zu lassen und die Extreme ebenfalls entsprechend abzuschwächen.
Dennoch kann es vorkommen, dass der Fokus in der Situation zu wenig Kontrast im Gesicht des Hundes findet und sich nicht aufs Auge scharfstellen lässt. Dann sucht man sich am besten eine Stelle am Hund, die kontrastreich ist und möglichst auf derselben Schärfeebene wie die Augen sitzt. Je nach Position können das die Vorderbeine oder die Ohren sein.
An der Silhouette des Hundes bildet sich bei Gegenlicht immer ein Lichtkranz, der vom Fokus sehr gut erkannt wird, diesen kann man sich zunutze machen. Man kann dabei auf Nummer sicher gehen, indem man die Blende etwas schließt und nicht ganz bei Offenblende fotografiert.
Schafft es der Fokus dennoch nicht, scharfzustellen und springt permanent hin und her, dann kann man es mit dem manuellen Fokus versuchen. Ist der Hund ein ruhiger und geduldiger Geselle, ist das die sicherste Methode für ein scharfes Gegenlichtfoto. Man kann so in aller Ruhe die Schärfe von Hand einstellen und fotografieren. Ist das Modell ein Hund, der kaum stillsitzen kann, hat man mit dem manuellen Fokus schlechte Chancen. Dann sollte man lieber seine Position verändern und im indirekten Gegenlicht fotografieren.
Gegenlichtbilder brauchen meist etwas Nachbearbeitung, denn die Kamera kann nicht so feine Lichtnuancen wie das Auge wahrnehmen und wird immer entweder in den Lichtern etwas zu hell oder in den Tiefen etwas zu dunkel belichten. Je nachdem, ob die Kamera ihre Stärken in den Tiefen oder den Lichtern hat, sollte man also Gegenlichtbilder immer etwas unter- oder überbelichten und in der Bearbeitung dann die hellen oder tiefen Bereiche nachjustieren.
Ich belichte meine Fotos meistens zu dunkel, da ich ausgebrannten Himmel einfach kaum mehr retten kann, aber immer noch genügend Bildinformationen in den tiefsten Tiefen habe, um dort die Korrekturen vorzunehmen. Darum empfehle ich allen, zumindest bei Gegenlichtfotos im RAW-Format zu fotografieren, damit man in der Nachbearbeitung noch alle Möglichkeiten hat.
Hunde zu fotografieren ist eine wunderbare Sache. Es braucht zu Beginn einfach ein wenig Übung, den richtigen Moment für das Foto zu erwischen. Wenn man die Technik im Griff hat, kann man sich ganz auf seine Modelle einlassen und lernt mit der Zeit auch, die verschiedenen Charaktere und Situationen zu lesen.