Nordirland wird aufgrund des britischen Brexit-Referendums im Jahr 2016 die Europäische Union nächstes Jahr verlassen müssen, obwohl eine Mehrheit seiner Bürger*innen für den Verbleib in der EU gestimmt hatte. Innerhalb des kleinen Landes verlief das knappe Ergebnis eng entlang der konfessionellen Linien. Während die protestantischen Unionist*innen für den Austritt stimmten, sind die katholischen Nationalist*innen für einen Verbleib in der EU.
Nach beinahe 30 Jahren bürgerkriegsähnlichen Konflikts während der sogenannten „Troubles“ war eine grundlegende Bedingung des Friedensabkommens von 1998 eine offene Grenze zwischen Nordirland und der Republik Irland und somit zwischen dem Vereinigten Königreich und der EU. Diese Grenze wird nach dem Brexit wieder zu einer Außengrenze der Europäischen Union werden und es besteht die ernsthafte Sorge, dass eine solch harte Grenze den fragilen Friedensprozess aus den Fugen heben könnte.
Besonders auf die Zukunftsaussichten der jungen Generation könnte es sich negativ auswirken, wenn die alten Konflikte wieder aufbrechen, die noch nicht komplett überwunden, aber in den letzten Jahrzehnten zumindest befriedet schienen. So kennen alle unter 20-Jährigen die bewaffneten Auseinandersetzungen nur aus Erzählungen. Dennoch durfte die große Mehrheit eben dieser Generation aufgrund ihrer Minderjährigkeit beim Referendum nicht mit abstimmen.
Nun werden vor allem sozial schwache Viertel von einem EU-Austritt wirtschaftlich betroffen sein und die Gewalt wird auch ebenso in den klassischen Arbeitervierteln, den ehemaligen Hochburgen der IRA auf republikanischer und der UVF auf loyalistischer Seite wieder aufbrechen.
Denn vor allem hier wird von den Alten die Feindschaft weiter geschürt und die ehemaligen Paramilitärs bringen sich bereits jetzt wieder in Stellung. So hat die typische Bestrafung der IRA, das sogenannte „Kneecapping“, bei dem den Opfern ins Knie geschossen wird, laut der Belfaster Polizei in diesem Jahr bereits wieder drastisch zugenommen.
Das Foto-Essay zeigt, dass Teenager in Nordirland oft die gleichen Probleme haben, egal ob sie in protestantischen oder katholischen Vierteln leben. Obwohl eine Mehrheit von ihnen im Alltag noch immer keinen Kontakt zu Jugendlichen von „der anderen Seite der Mauer“ hat, wollen sie die alten Muster überwinden und ein Leben führen, wie sie es aus anderen Teilen Europas kennen. Die aber noch immer an einem Ort leben, an dem Gewalt, Misstrauen und Perspektivlosigkeit allgegenwärtig sind.
Im kommenden Frühjahr wird ein Buch zur Fotoserie über den Alltag nordirischer Jugendlicher erscheinen.