11. Januar 2018

Ghosts of …

Ich bin oft auf Flohmärkten unterwegs, um nach alten Kameras oder Objektiven Ausschau zu halten. Vor etwa anderthalb Jahren besuchte ich in meiner neuen Heimatstadt Leipzig einen Trödelmarkt und entdeckte dort den Stand eines französischen Händlers, der unzählige alte Portraitfotografien verkaufte. Ich war sofort fasziniert von der Ästhetik und Haptik der teilweise über 100 Jahre alten Bilder und kaufte einige bei ihm.

Seit geraumer Zeit hatte ich die vage Idee, etwas mit alten Vintagefotografien zu machen, wusste aber nicht, was. Als ich die Bilder zuhause in Ruhe betrachtete, beschloss ich, die Personen auf den Fotos in die heutige Zeit zu transferieren. Die Serie „ghosts of …“ war geboren. Es geht mir dabei um die Visualisierung der Zeit, im weitesten Sinne des Todes und der Auferstehung. Die Menschen, die durch meine Kompositionen wieder zum Leben erwachen, sehen sich konfrontiert mit einem urbanen Raum, der zu ihren Lebzeiten so nicht existierte.

Für diese Aufnahmen nutze ich ein Verfahren, das so alt ist wie die Fotografie selbst: die Camera obscura. Es ist eine selbstgebaute analoge Lochkamera, in der ein Schwarzweiß-Mittelformatfilm nicht plan aufliegt, sondern anamorph belichtet wird. Dadurch entstehen Effekte, die dem Anliegen der Serie zugutekommen – traumähnliche Bilder einer entrückten Realität.

Geisterkinder vor der Weltzeituhr

Geisterkinder auf einer Straße

Zwei Kinder mit einem Wagen

Geisterkinder vor einem Haus

Geisterkind vor einer Kirche

Geisterkinder auf einer Straße

Geisterkinder auf einer Straße

Ein Kind mit Schubkarre

Geisterkinder auf einer Straße

Geisterkind vor einer Kirche

Geisterkinder auf einer Straße

Geisterkinder auf einer Straße

Geisterkinder auf einer Straße

Geisterkinder auf einer Straße

Ich erwecke die Personen, meist Kinder, in verschiedenen europäischen Städten und Gegenden wieder zum Leben und lasse sie mit der vorhandenen Architektur und Landschaft interagieren. Die dadurch entstandenen Bildkompositionen erinnern an Bilder aus alten Horrorfilmen oder frühe fotografische Experimente, lassen aber auch andere Gedanken zu: Die Stadt bzw. Landschaft als symbolischer Raum des kulturellen Andenkens, visuell dargestellt, wie undeutliche Erinnerungen.

Wie auch bei meinen anderen Serien arbeite ich hier mit analoger Technik sowie Kombinationen dieser mit anderen Stilmitteln.

24 Kommentare

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  1. Vielen Dank für diese Serie. Das nenne ich kreative Fotografie! Man denkt manchmal, es ist schon alles fotografiert und dann gibt es solche Überraschungen.
    Deine Idee ist sehr schön und passend umgesetzt.

  2. Darf man auch etwas Negatives sagen ?
    Mir gefallen die Bilder ehrlich gesagt nicht, weil der zu unterstellende angestrebte Effekt sich bei mir nicht einstellt. Wenn die Hintergründe vorwiegend historisch geprägte Stadträume sind, dann erscheint die Montage zweifelhaft und der Zeitsprung ist nicht sichtbar. Sind die Hintergründe erkennbar modern und der Zeitsprung zu den Portraits ist deutlich, dann ergibt sich aus der Diskrepanz eigentlich gar nichts.
    Der analoge „Kontaktabzug-look“ ist fast so etwas wie eine (überflüssige) dritte Zeitdimension, wirkt aber irgendwie aufgesetzt und aufdringlich.

    Hilfe !
    Es wäre schön wenn einer der zahllosen oben stehenden Lobspender mal näher erläutern könnte, worauf sein Lob fußt.

    • gottlob haben wir alle ganz persönliche zugänge zu photographie.
      ich halte mich oft in photogeschäften auf; meine beobachtung (ein kleines off topic sei gestattet ;-)
      ist: männer sind allermeist an pixel und ultrascharfen objektiven interessiert, frauen wollen am liebsten klein, praktisch, edel mit mit automatik.
      aber zurück zum thema:
      ich finde die story außergwöhnlich sehenswert, weil die anamorphotische verkrümmtheit eine weitere, noch nicht verbrauchte perspektive einbringt. das altertümelnd arrangierte schwarzweiß tut ein übriges.
      freilich sind die bilder nicht dokumentarisch im engeren wortsinn, aber:
      sie sprechen die phantasie an. schon das zwangsweise zweidimensionale schwarzweiß erzwingt dies, umso mehr der anamorphotische effekt. im übrigen gibt es diese bildwirkung als filter in einer app für android namens CAMERINGO. gemeinsam mit dem grunge-filter von SNAPSEED ist das konzipieren solcher bilder ohne jedwede handwerkliche vorbedingung vergleichbar herzustellen.
      abschließend: bitte weiter solche exzeptionellen bildstrecken, wertes kwerfeldein-team.
      servus aus der hochsteiermark,
      werner

  3. Tolle Fotos mit der Camera Obscura,

    die Fotos haben etwas mystiches, sehr gut gelungen, ich weiß das die Fotos mit diesem Vorgänger aller Kameras immer was interessantes hervorbringt, sehr toll.

    wir haben 2017 eine Fotoausstellung im Museum Camera Obscura in Mühlheim a. d. Ruhr. gehabt. Photography zu Anime Manga Cosplay zu der Dokomi Szene in Düsseldorf.

  4. Blogartikel dazu: Zehn Verweise › RAPPELSNUT