Atlantis
Am 29. Februar gab Fuji bekannt, dass die Produktion des letzten Trennbildfilms Fuji FP-100C eingestellt wird. Am Tag zuvor hatte der Postbote bei mir geklingelt und mir das lang ersehnte Päckchen – eine Landcamera 350 – übergeben. Ein Dilemma. Ich habe ein bisschen geheult und direkt eine E-Mail an meinen Filmdealer geschickt, mit der Bitte, er möge mir zehn Filme zurücklegen, mehr konnte ich mir leider nicht leisten.
Nun, ein paar Wochen nach dieser Nachricht weiß ich, dass die Filme durch Vorproduktion angeblich noch zwei Jahre lang zu bekommen sein werden. Zu welchem Preis, das steht auf einem anderen Stück Papier.
Ich habe den Film in kürzester Zeit lieb gewonnen und bin sehr froh, doch einige schöne Serien damit erstellt zu haben und hoffentlich noch zu erstellen. Auch, wenn das Gefühl nun ein anderes ist, denn das Wissen, dass jeder Film ein Stück in Richtung dieser weißen Leere ist, lässt mich mit noch mehr Bedacht den Auslöser drücken.
Passend zu diesem Gefühl möchte ich Euch meine Serie Atlantis vorstellen. Die Aufnahmen entstanden in den Wintermonaten, zuerst mit einer geliehenen Landcamera 340 und später mit meiner eigenen. Ich war gerade umgezogen und lernte das Licht in meinem neuen Zimmer kennen. Die Wände hatte ich innerhalb einer Woche von ihrer schrecklichen Raufasertapete befreit und die Strukturen darunter ließen alles ein wenig lebendiger wirken.


Wenn Freunde zu Besuch kamen, fragte ich sie, ob ich ein Bild machen dürfte. So entstand oft nur ein Bild oder auch mal zwei oder drei. Zunächst waren es für mich nur Erinnerungen an einen schönen Tag oder an Freunde, die auf lange Reisen gingen und die Zeit ihres Zurückkommens ungewiss.
Als ich die Bilder befreundeten Fotografen zeigte, waren diese jedoch begeistert und ermutigten mich, diese Portraits auszuweiten. Ich lud auch fremde Menschen zu mir ein, um ein Teil dieser Strecke zu werden.
Wenn ich die Bilder nach dem Entstehen betrachtete, begleitete mich ein Gefühl von Wehmut an Vergangenes. Die Menschen darauf erschienen mir vertraut und doch so fern. Die Bläulichkeit des Films ließ mich an eine Unterwasserwelt denken und die Helligkeit der Haut an Porzellan, das zerbricht, wenn man es nicht vorsichtig behandelt. All diese Gedanken formierten sich dann zu einem Wort – Atlantis.
Die Serie wird bis zum letzten Film weitergehen. In diesem Satz liegen Tragik und Komik nah beieinander. Atlantis ist ein Traum, untergegangen an nur einem Tag, weil die Überheblichkeit der Menschen die Götter entzürnte. Die Ära des Trennbildfilms geht nun zu Ende, weil die Welt eine optimierte und schnellere geworden ist.
Farewell, Fuji FP-100C!
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Halte durch Marit!
Große Kunst wurde schon so oft unter Mangel und Not geboren!
es will sich mir nicht so recht erschließen, inwiefern die arbeit mit analogem material isch jetzt wesentlich unterscheiden soll von digitalem.
ich kann heute jederzeit jeden“analogen“ effekt mit presets in der EBV nachstellen; und ich gehe jede wette ein, daß auch ambitionierte lichtbildner keine unterschiede zwischen „echt analog“ und „simuliert analog“ feststellen können.
freilich aber weiß ich, daß allein das hantieren mit einer „endlichen“ ressource wie etwa polaroid einen eher bedachtsamen umgang mit dem material nach sich zieht. bei allem respekt vor der schöpferischen autonomie der autorin dieser porträtstrecke:
dasselbe ergebnis hätte es auch digital geben können: bei einem materialaufwand von null.
lieben gruß aus der hochsteiermark,
werner
Die Ressource muss nicht mal „endlich“ sein. Schon der Kostenfaktor beim Entwickeln und/oder scannen, lässt mich defintiv bedachter arbeiten. Auch die manuelle Bedienung von Kamera und Objektiven entschleunigt das Procedere maßgeblich. Es entstehen „andere“ Bilder.. die in meinen Augen mehr „Tiefe“ haben. Mehr Bedeutung.. (ich arbeite digital und analog.. und neige digital dazu lieber 3x das selbe Motiv zu fotografieren, um sicher zu gehen, dass ein Bild sitzt. Analog mache ich nur ein Bild.. aber bin vorher wesentlich bedachter. Davon sollte ich mir auch im digitalen Bereich eine grosse Scheibe abschneiden :) )
Hallo Margit, es ist eine Sache Deines Willens. Du entscheidest, ob Du ein Foto (mit Tiefe) machst oder drei. Egal welche Kamera und welche Kosten. Die Kamera ist Dein Werkzeug und nicht Du bist die Ausführende der Kamera. Die Entschleunigung findet nicht im manuellen Procedere statt, sondern in Dir.
hallo werner,
das der digitale materialaufwand gleich null ist glaube ich nicht. eine digitalkamera, ein computer, ein bearbeitungsprogramm sowie dein ausdruck auf pearlpapier möchte auch bezahlt werden. und manchmal ist das ziel ein schönes ergebnis aber der weg dahin kann etwas in einem verändern. vergleichen wir es mit einer wanderung durch die schottischen highlands. natürlich kannst du mit einem auto, bus oder sogar mit einem flugzeug eine gewisse strecke abdecken. aber jemand der diesen weg -geht-, hat sich für eine langsamere bewegung auf das ziel zu entschieden und nimmt die umgebung anders wahr als jemand, der sich ins auto setzt und die hügel und landschaft aus dem autofenster betrachtet. natürlich erreichen beide am ende ihr ziel aber beide haben eine unterschiedliche erfahrung gemacht.
Hallo Marit,
bekanntlich hinkt ja jeder Vergleich, aber dieser hier (mit der Wanderung durch die Highlands) humpelt gleich auf beiden Beinen.
Impliziert er doch, dass nur die analogen Fotografen das volle Erlebnis haben, nur sie bereit sind wirklich sehr viel Vorbereitung und Aufwand in ein Bild zu investieren.
Das kann ich so nicht stehen lassen. Ich kenne eine Menge Leute, die ausschließlich digital fotografieren und trotzdem für ein Bild einen riesigen Aufwand betreiben. Sei es Vorbereitung in einem Studio oder das mehrmalige Erkunden einer bestimmten Location.
Um im Kontext Deines Beispiels zu bleiben, würde ich eher sagen, einer läuft durch die Highlands mit einem alten Juterucksack und genagelten Wanderschuhen und der Andere hat sich vorher bei Globetrotter ausgerüstet. Die Ausstattung ist unterschiedlich, aber das volle Erlebnis und die Erfahrung der Natur können beide haben.
Das besondere am Trennbildfilm besteht für mich übrigens darin, dass ein Unikat entsteht.
Wenn es am Kostenfaktor liegen würde, dann könnte man einfach ein Sparschwein in die Fototasche legen, in das für jede digitale Aufnahme Geld eingeworfen wird.
Mit der analogen Fotografie verhält es sich ähnlich wie mit dem Fahren von Oldtimern oder dem Hören von Schallplatten. Im Vergleich zu neuer Technik ist es umständlicher, etwas unbequemer und in den meisten Fällen teurer. Die Handhabung von antiquierter Technologie hat natürlich ihren Reiz, unter anderem weil es nicht mehr Mainstream ist.
Die Theorie, dass analog bessere und mehr durchdachte Bilder entstehen, scheint mir zu pauschal und so nicht haltbar zu sein.
„Die Ära des Trennbildfilms geht nun zu Ende, weil die Welt eine optimierte und schnellere geworden ist.“
Bei solchen Aussagen muss ich dann doch immer lächeln, weil der Sofortbildfilm ja selbst erfunden wurde, um zu beschleunigen.
Wir reden hier nicht vom Ergebnis aus der Dunkelkammer. Die Sofortbildknipse war zu ihrer Zeit ein Symbol für Beschleunigung.
Ansonsten wünsche ich viel Erfolg und Kreativität
da hast du recht. es ist immer eine frage des standpunkts.
Hallo Marit,
die Quelle des Fuli-Films scheint evtl. gerettet. Laut Fotoimpex hat sich das Impossible Project dieses Themas angenommen und versucht die Originalmaschinen zu bekommen. In einem Newsletter von Fotoimpex steht folgendes:
“
Fuji hat die Herstellung der Packfilme eingestellt. Zuletzt hatte Fuji noch einen Bedarf für mehrere Jahre vorproduziert aber als die Nachricht von der Einstellung kam, schmolz dieser Bestand schnell dahin. Florian Kaps, der Initiator des Impossible Project und Retter des Polaroid-Films ist sofort nach Tokyo geflogen um den Japanern die Maschinen aus den Rippen zu leiern. Er scheint soweit nicht unerfolgreich zu sein. Mit etwas Glück kommen die Fuji Packfilme ja dann als Impossible Filme zu uns zurück.
“
Nebenbei bemerkt, finde ich Deine Fotos ganz toll. Bei Analog spielt auch viel Zufall eine Rolle, Gerade das macht den Charme.
Viele Grüsse,
Oliver
Oh, das sind ja fantastische Nachrichten! Dann bleibe ich wachsam und drück die Daumen das die Japaner die Maschinen abgeben. Und vielen Dank – der Zufall ist ein guter Freund geworden.