Entdecken und zur Ruhe kommen
Die Suche nach dem Motiv ist das, was mich an der Fotografie fasziniert. Nicht das Auslösen der Kamera, nicht zwangsläufig das letztliche Resultat auf dem Bildschirm zu betrachten, sondern das Sehen und Entdecken an sich. Fotografie bedeutet für mich, sich Zeit zu nehmen. Das Umfeld, die Umwelt auf sich wirken zu lassen. Das hat nichts mit Knipsen zu tun, denn nur, wenn ich mich bewusst mit dem befasse, was mich umgibt, kann ich es auch so wie ich es mir vor meinem inneren Auge vorstelle, festhalten.
Ohne Zweifel entstehen und entstanden eine Vielzahl von großartigen Fotos auch spontan, innerhalb von Sekundenbruchteilen, in denen der perfekte Moment zählt – zum Beispiel in der Street- oder Sport-Fotografie – doch zählt für mich nicht der Bruchteil eines Momentes, sondern viel mehr das zeitlose Auskosten der Szene, die ich festhalten möchte.
Unser alltägliches Leben ist so sehr geprägt von Stress, Hektik und dem Blick auf die Uhr (oder das Smartphone), dass ich mit meiner Art zu Fotografieren vor allem diesem entfliehen möchte. Und obwohl ich nahezu ausschließlich digital fotografiere, was für viele ja mit der Annahme einhergeht, dass nach jedem Fotostreifzug die Speicherkarte bist zum Bersten gefüllt ist, so komme ich nicht selten nach einem Tag, an dem ich stundenlang fotografiert habe, mit zwei Dutzend Fotos nach Hause.
Dies mag der Tatsache geschuldet sein, dass es sich bei den meisten meiner Bilder um Langzeitbelichtungen handelt, aber ebenso kommt es mir nicht auf die Masse an, sondern darauf, das Foto schon so aufzunehmen, wie es mir gefällt.
Merke ich beim Fotografieren, dass der Blickwinkel nicht stimmt, wechsle ich diesen und suche so lange, bis alles passt. Gefallen mir die vorbeiziehenden Wolken nicht oder ist das Licht nicht stimmig, warte ich, bis sich die Szene so darstellt, wie sie mir gefällt. So entstehen zwar nicht viele Fotos, aber eben nur solche, die genau dem entsprechen, was ich mir vorgestellt habe.
Ebenso wie ich mir Zeit zum Fotografieren nehme, möchte ich auch den, der sich meine Fotos anschaut, dazu anhalten, sich Zeit zum Betrachten zu nehmen und so möglichweise auch einen Moment zur Ruhe zu kommen. Daher ist es mir auch wichtig, meine Fotos bei Ausstellungen zu präsentieren und nicht nur als Datei auf meinem Bildschirm abzuspielen.
Die digitale Fotografie bietet unzählig viele Möglichkeiten – auch die, dass ich diesen Artikel schreiben und Ihr meine Fotos und den Text auf Eurem Bildschirm sehen könnt – doch finde ich, dass letztlich nichts über einen physischen Druck oder eine Ausbelichtung geht.
Denn auch nur dann, wenn ein Foto den Computer verlässt und von einer digitalen Datei zum physischen Druck wird, habe ich wirklich Zeit, ohne Störungen zur Ruhe zu kommen und es auf mich wirken zu lassen.