Fünf Fototipps für Rucksackreisende
Seit rund drei Monaten reise ich mit dem Rucksack durch Chile und Argentinien. Mein Ziel, die Panamericana von Patagonien bis Alaska zu bezwingen, werde ich bei meinem aktuellen Tempo wohl kaum in einem Anlauf schaffen. Dafür habe ich schon einiges gelernt, was Kameras und Fotografie auf so einer Reise angeht. Das sind meine fünf wichtigsten Erkenntnisse und Tipps:
1. Die digitale Spiegelreflexkamera gehört zuhause in den Schrank und nicht in den Reiserucksack.
Denn wenn Du Dein ganzes Gepäck jeden zweiten oder dritten Tag durch die Gegend schleppst, wirst du dieses Schwergewicht füher oder später loswerden wollen. Wenn Du mit Zelt, Essen und Ausrüstung tagelang durch Nationalparks wanderst, sowieso. Ich habe hier in Südamerika schon mehrere Leute getroffen, die ihre DSLR – genervt von Größe und Gewicht – mit Freunden oder Verwandten nach Hause geschickt haben.
Kleinere und leichterer Alternativen gibt es zu genüge. Und dass diese den „Großen“ etwa in Sachen Bildqualität nicht ganz das Wasser reichen können, ist zu verkraften. Denn machen wir uns nichts vor: National Geographic wird unsere Fotos eh nicht kaufen – egal mit welcher Kamera wir sie schießen.
2. Mein Smartphone ist auf der Reise eine tolle Ergänzung zur Kamera, aber kein Ersatz.
Und das unabhängig von der Frage nach Bildqualität und fotografischen Möglichkeiten. Das große Manko ist für mich der Akku, auch wenn es Powerpacks und Solarzellen gibt. Denn ich surfe mit dem Telefon in Hostels viel im Internet, bewege mich mithilfe einer Kartendienst-App durch Städte, höre trotz meines MP3-Players gelegentlich Musik damit.
All das saugt Energie. Und als Reisender habe ich deutlich weniger Gelegenheiten als daheim, das Smartphone sicher abzulegen und aufzuladen. Daher mein Tipp: Überleg Dir gut, ob Du ganz auf eine reine Kamera verzichten willst. Für mich kommt es nicht in Frage.
3. Es wird etwas schief und kaputt gehen – stell Dich darauf ein.
Kamera und Objektive können ins Meer fallen, verkratzen, geklaut werden – und dazu haben sie auf einer langen Reise viel mehr Gelegenheit als in einem Kurzurlaub oder daheim. Du kannst Dich vorbereiten, etwa indem Du statt einer großen Speicherkarte mehrere kleine verwendest. Oder indem Du Dich für eine unauffällige Tasche entscheidest und nicht für eine, die schon aus hundert Metern Entfernung als Kameratasche erkennbar ist.
Doch auch alle Vorsicht schützt vor Schaden nicht. Als ich bei den Aufräumarbeiten im Katastrophengebiet von Valparaiso geholfen und nebenbei fotografiert habe, habe ich mir zum Beispiel einen Kratzer auf meinem nicht wechselbaren Objektiv zugelegt. Wer schon bei dem Gedanken daran einen Nervenzusammenbruch erleidet, sollte eine Kamera mit auf die Reise nehmen – und bei Bedarf günstig kaufen – bei der notfalls auch ein Totalschaden okay ist.
4. Finde eine Möglichkeit, mit Klischee-Motiven umzugehen.
Wenn Du vor dem Eiffelturm stehst, willst Du ihn womöglich fotografieren, weil das ein ganz geiles Ding ist. Auf der anderen Seite vielleicht auch nicht, weil es schon Millionen Fotos davon gibt, in allen möglichen Varianten. Und viele davon haben ein besseres Licht als das, mit dem Du gerade Vorlieb nehmen musst. Mir geht es oft so, ich bin hin- und hergerissen. Wenn Du also nicht nur langweilige Fließbandbilder von touristischen Highlights produzieren willst, lass Dir etwas einfallen.
Ich mache es mir gerade einfach: Ich habe in meiner Kamera eine Art Tilt-Shift-Modus mit sehr kleinem Schärfebereich und knalligen Farben entdeckt. Viele Leute finden die Bilder furchtbar, aber für mich werden ausgelutschte Motive dadurch wieder interessant. Du kannst auch wie in „Die fabelhafte Welt der Amelie“ einen Gartenzwerg vor die Sehenswürigkeiten stellen oder jedesmal lustige Japaner fotografieren, die das eigentliche Motiv ablichten. Sei kreativ.
5. Mach auch mal Touri-Schnappschüsse und Selfies.
Alleine oder mit anderen. Lade sie bei Facebook, Flickr oder sonstwo hoch oder verschicke sie per Mail. Viele FotografInnen halten sich ja gern aus den Bildern heraus. Doch auf langen Reisen gilt: Ein Bild mit dem Partner oder der Partnerin im Arm vor dem Taj Mahal ist zwar irgendwie furchtbar, aber Deine Eltern werden sich freuen. Und Deine Freundinnen und Freunde auch, wenn Ihr Euch ein halbes Jahr lang nicht mehr gesehen habt. Und das ist doch eigentlich das Wichtigste.