Ich starte ein Projekt: iPhone statt DSLR
Ich habe Lust, meine Werkzeuge, mit denen ich auf der Straße arbeite, ein wenig zu reduzieren. Beginnend am heutigen Tage werde ich ein ganzes Jahr lang nur noch mit dem iPhone auf der Straße fotografieren. Und warum, das werde ich in diesem Artikel erklären.
Wie wäre es, eine Fototour nur mit dem iPhone zu machen? Fasziniert von diesem Gedanken fuhr ich vor einigen Wochen in die Stadt und lies mich mich überraschen.
Die Erfahrung war einmalig. Und weil ich seither fast jeden Tag Straßenfotos mit dem Apfeltelefon und mir gründlich Gedanken darüber machte, starte ich heute mein nächstes Jahresprojekt: Ich tausche meine EOS 5D Mark II gegen das iPhone.
Die Vorteile liegen auf der Hand, die Nachteile auch. Ich beginne mit den Nachteilen.
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Kontra
Bildqualität. Ganz klar schlägt meine Vollformatkamera (21,1 MP) die Bildqualität des 4er iPhones (5 MP) um Längen. Sie hat nicht nur vier Mal so viele Megapixel, sondern auch ein großartiges Rauschverhalten. Beides spricht gegen die Möglichkeiten beim Druck eines iPhone-Bildes und ich nehme das durchaus als Einschränkung wahr.
Schärfe. Die Kamera des iPhones ist gut, aber nicht sehr gut. Naja, sie ist passabel. Verglichen mit den Bildern, die ich mit der 85er Festbrennweite an der Canon mache, kackt – Verzeihung – das iPhone ordentlich ab.
Kontrastumfang. Auch hier hat das iPhone schlichtweg keine Chance. Ich fotografiere nicht einmal in Raw, sondern direkt in JPG. Das iPhone verliert.
Im Dunkeln. Sobald die Sonne untergeht, sieht das iPhone schwarz. Da hilft überhaupt nichts, denn ich kann die ISO-Empfindlichkeit kein bisschen justieren. Wenn es aus ist, ist es aus. Blitzen? Naja, ihr wisst schon.
Brennweiten. Ich habe eine Brennweite. Nicht mehr und nicht weniger. Heranzoomen ist nicht, da es ein rein digitaler Zoom ist. Natürlich ist das nicht nur nachteilig, da ich von der „Großen“ die Arbeit mit Festbrennweiten gewohnt bin.
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Pro
Warum fotografiere ich trotzdem mit dem iPhone? Die technische Gründe wiegen schwer. Aber nur auf den ersten Blick. Es folgen die Vorteile.
Gewicht. Ich habe das iPhone nicht gewogen, aber im Vergleich zur DSLR wiegt das Telefongerät überhaupt nichts. Das macht das Fotografieren auch psychologisch zu einer „leichten Angelegenheit“.
Mobilität. Ich habe das iPhone immer bei mir. Ergo kann ich immer – egal, was die Destination des Tages ist – ein Foto machen, die oben genannten Situationen selbstverständlich ausgeschlossen. Das bringt (beinahe unendlich) viele Fotomöglichkeiten und da ich sowieso alles interessant finde und oft in der Stadt unterwegs bin, ist das ein bedeutungsvolles Argument fürs iPhone.
Größe. Das iPhone fällt eigentlich niemandem auf. Wurde ich vor Jahren mit der DSLR in Kaufhäusern vom Sicherheitspersonal zur Seite genommen, fotografiere ich heute genau dieses Personal, ohne dass sie irgendetwas merken. Scherz beiseite: Die Kamera am iPhone ist für die meisten Menschen nicht existent. Und das ermöglicht eine weitere Palette voller Fotomöglichkeiten.
Sucher vs. Display. Da das Display um Längen größer ist als das Sucherbild der 5D, ist das Fotoerlebnis nicht besser, aber ein anderes. Und ich mag große Bilder, insbesondere beim Fotografieren. iPhone gewinnt.
Lautstärke. Wer schon einmal versucht hat, auf einer Familienfeier mit der DSLR die Leute zu fotografieren, weiß: Es ist unmöglich, unentdeckt zu fotografieren, weil das Klicken alles vers… verrrät. Selbst diejenigen, die nicht bemerken, dass ich die Kamera auf sie gerichtet habe, kapieren es spätestens, wenn sie das Klicken hören. Das entfällt beim iPhone vollständig. Ein enormer Vorteil.
Publizieren. Der Weg, den ein Bild hinlegt, um von der Speicherkarte der 5D ins Netz zu kommen, ist lang. Lang im Vergleich zum iPhone. Ich kann nach dem Bearbeiten direkt auf Instagram, Twitter, Facebook und was weiß ich wohin publizieren. Mit einem Klick. Für mich ist das perfekt.
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Ich habe gut darüber nachgedacht, ob ich das wirklich machen soll. Denn die Nachteile sind evident. Da ich es aber langweilig finde, Dinge immer auf die gleiche Weise zu machen und ich gern neue Methoden ausprobiere, versuche ich es. Anders gesagt: Weil ich es kann.
Bei all dem Theoretisieren bin ich mir darüber bewusst, mitnichten das Rad neu zu erfinden oder gar der Erste zu sein. Es gibt schon viele Straßenfotografen, die diesen Weg gehen und mir dadurch ein Vorbild sind.
Ich freue mich auf die folgenden zwölf Monate, werde alle möglichen Apps testen, die iPhone-Kamera ausreizen und an ihre Grenzen bringen. Werde sie fernauslösen, an die unmöglichsten Stellen bringen und so oft wie möglich auf der Straße fotografieren. Das wird cool.
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Eine Bitte habe ich: Falls Ihr irgendeine neue iPhone-App zum Fotografieren entdeckt, die irgendetwas Tolles kann, lasst es mich wissen. Ihr findet mich jederzeit auf Twitter. Tausend Dank.