Nass, nasser, am nassesten – Bachfotografie!
„Ich fahre doch keine 500km, wenn’s nicht einmal richtig regnet!“ Diese Worte können nur von einem Naturfotografen stammen und sie stammen in der Tat von einem sehr guten Freund, mit dem ich eigentlich einen besonderen Bach in Südfrankreich aufsuchen wollte. Hierzu benötigten wir aber genug Regen.
Wie bitte? Regen und Fotografie, wie soll das zusammenpassen?
Ganz einfach: Ich möchte heute etwas zum Thema Wasserfotografie im weitesten Sinne erzählen, genauer zur Bachfotografie. Mir werden regelmäßig Fragen gestellt wie: „Warum sehen Deine Bachfotos so aus? Hast Du einen Graufilter benutzt? So krasse Farben, ist das viel bearbeitet?”
Die Antwort und das Geheimnis sind ernüchternd einfach: Es ist der Regen, der das alles bewirkt. Bachfotografie fängt für mich erst dann an, wenn es richtig regnet. Bevor der Wetterbericht nicht mindestens leichten bis mäßigen Regen meldet, fahre ich gar nicht erst los.
Doch warum ist es der Regen, der mir so wichtig erscheint? Durch den Regen verändern sich die Farben im Wald, die Blätter werden nass und leuchten in wesentlich intensiveren Farben und auch die nassen Moose und Steine strahlen auf einmal viel kräftigere Farben aus. Dennoch sieht man diese Farben noch nicht auf dem Bild, dazu benötigt man einen Polfilter. Der Polfilter entfaltet eine unheimlich intensive Wirkung im Wald, wenn es regnet.
Stellt man ihn so ein, dass weitgehend alle Spiegelungen von ihm geschluckt werden, bleibt eine Farbenbracht erhalten, die schlichtweg unglaublich ist. Die Grüntöne sind teilweise so intensiv, dass man seinen Augen kaum trauen mag. Der zweite Vorteil, den der Regen mit sich bringt, ist die Dunkelheit. Oftmals ist es bei Regen so dunkel, dass man gar keinen Graufilter verwenden muss, um eine ausreichend lange Verschlusszeit zu erhalten. So bin ich fast immer ohne Graufilter unterwegs.
Nun gibt es zwei Möglichkeiten, Wasser fließend darzustellen. Zum einen die „kitschige“ Variante mit einer möglichst langen Verschlusszeit irgendwo zwischen 8 und 60 Sekunden. Dabei verwischen die Konturen des Wassers komplett und es wirkt fast wie Watte, die man in den Bachlauf gelegt hat.
Die andere Möglichkeit besteht darin, eine Verschlusszeit zwischen 0,3 und 1,6 Sekunden zu wählen, abhängig von der Fließgeschwindigkeit des Baches. Dabei verwischt das Wasser schon etwas, sodass es ausreichend ruhig wirkt, es behält aber gleichzeitig weitgehend seine Strukturen.
Neben dem Regen ist ein zweiter Faktor besonders wichtig: Die Standortwahl. In der Regel ist man dabei sehr beschränkt auf eine Seite des Baches und da liegt das Problem. Viele Bachbilder wirken erst richtig, wenn man wirklich im Bach steht. Bei flachen Bächen ist das kein Problem, bei tieferen schon.
Ich laufe in der Regel einfach in der Badehose durch die Bäche, bis zu einer Außentemperatur von 6 Grad ist das noch recht angenehm. Wem das zu kalt ist, dem empfehle ich eine Wathose oder Gummistiefel. Damit kommt man schon deutlich tiefer ins Wasser als mit normalen Wanderschuhen.
Zu guter Letzt möchte ich darauf hinweisen, dass es an Bächen eine unglaubliche Vielfalt von Details zu entdecken gibt, man muss sich nur öffnen und sie wahrnehmen. Manchmal tanzen Reflexionen über das Wasser, an anderer Stelle spiegelt sich der Himmel und sorgt für interessante Formen und an wieder Stellen bilden sich durch die Wasserströmungen Strudel und ähnliches. Diese gilt es zu entdecken und ins Bild zu setzen. Sie sind oftmals das Interessanteste am Bach.
Die Regeln der Bildgestaltung sind bei der Bachfotografie nicht anders als bei der normalen Landschaftsfotografie, weshalb ich an dieser Stelle nicht weiter darauf eingehen möchte.