21. Mai 2012 Lesezeit: ~8 Minuten

Kunstvolle Inszenierung von Flüssigkeiten

Nachdem mein erster Artikel über Wassertropfenfotografie sehr gut angekommen ist, kommt hier nun ein weiterführender Artikel, der sich wieder mit dem Thema der kunstvollen Inszenierung von Flüssigkeiten beschäftigt. Dieses Mal erläutere ich weitere Techniken, die auch mit fotografischer Grundausrüstung realisierbar sind, in der Hoffnung, dass sich einige selbst an der wundervollen Welt der Tropfen, Flüssigkeiten und Farben versuchen.

copyright 2012 Markus Reugels

Kronen

Als Erstes gehe ich auf die wohl beliebteste Form bei Einsteigern ein: Die Krone. Um sie in einer gefüllten Wasserschale einzufangen, reicht ein Tropfen Wasser aus. Aber die schönsten Kronen entstehen, wenn ich sie auf einer Plexiglasplatte produziere – eine Glasplatte ist leider nicht zu gebrauchen, da sie eine doppelte Spiegelung erzeugt.

copyright Markus Reugels

Hierfür muss ich am Aufprallpunkt etwas Flüssigkeit platzieren: Es bietet sich an, farbiges Wasser oder Milch zu benutzten. Ohne diese Basis würde keine Krone entstehen, sondern nur eine flache Scheibe, deren Ränder nicht in die Höhe ragen.

Alternativ kann ich auch einen dünnen Wasserfilm auf der Plexiglasplatte verteilen. Dadurch spare ich mir das Auftragen des ersten Tropfens. Ich kann zwar keine so farbenfrohen Kronen erzeugen, aber das lästige Säubern nach jedem Versuch wird hinfällig.

copyright Markus Reugels

Wie üblich in der Tropfenfotografie ist es besser, mit verdicktem Wasser zu arbeiten. Auf schwarzem Hintergrund benutzte ich sehr gern Sahne, diese hat genau die richtige Konsistenz und bildet einen sehr guten Kontrast zum Hintergrund. Allerdings ist die Beleuchtung etwas kniffliger als vor einem hellen Hintergrund.

Double Pillar

So habe ich eine Technik getauft, die ich vor Kurzem entdeckt habe. Mit ihr lassen sich nur sehr schwer schöne und ruhige Formen erzeugen, dennoch sind die Ergebnisse mehr als sehenswert.

copyright Markus Reugels

Um derartige Bilder zu erschaffen, benötige ich zwei Tropfen, die in einem bestimmten Abstand zueinander synchron ins Wasser fallen. Die entstehenden Wassersäulen ziehen sich dabei gegenseitig an und vereinigen sich zu einer einzelnen Säule, auf der ich einen dritten Tropfen platziere. Für solche Aufnahmen werden mindestens drei Ventile benötigt, die unabhängig voneinander angesteuert werden.

copyright Markus Reugels

In Planung sind bereits Aufnahmen mit vier Säulen, doch leider habe ich es noch nicht zustande gebracht, alle vier Säulen im Mittelpunkt zu vereinen. Bis jetzt ist es mir lediglich gelungen, drei Säulen auf einen Nenner zu bringen. Doch den Gedanken mit vier Säulen habe ich noch nicht verworfen und er wird zu gegebener Zeit wieder in Angriff genommen. Von Misserfolgen lasse ich mich nicht kleinkriegen.

Farbexplosionen

Diese Aufnahmen machen sehr viel Spaß. Man hat jedoch so gut wie keinen Einfluss auf das Ergebnis. Dennoch können dabei sehr beeindruckende Bilder entstehen.

copyright Markus Reugels

Das Prinzip ist einfach: Ein Luftballon wird über einen Lautsprecher gestülpt und dient als Membran, auf der ich die Farben platziere. Als Basis gebe ich einen Teelöffel verdicktes Wasser auf die Membran, mit einer Pipette gebe ich Farbe hinzu. Das hat den Vorteil, dass die Formen etwas länger zusammenhalten, bevor sie zerreißen. Durch Musik wird die Membran in Schwingung versetzt und dadurch springen die Tropfen in unterschiedlichsten Formen nach oben.

Anfangs habe ich Bässe aus Technomusik verwendet oder mit Frequenzen eines Tongenerators gearbeitet. Doch mit der Zeit bin ich dahinter gekommen, dass das nicht optimal ist. Jetzt benutze ich ein Keyboard, um die Töne zu erzeugen. Das hat den Vorteil, dass ich nur einen Ton benötige und die Farben sich nicht so sehr mischen. Dadurch ist es möglich, noch ein zweites oder drittes Bild mit den gleichen Farben zu machen, ohne dass es eine braune Suppe wird.

Meine Kamera löse ich über einen Soundtrigger aus. Somit kann ich gezielt steuern, wann die Kamera auslösen soll. Es geht aber auch ohne, jedoch hat man dann weit weniger Kontrolle und benötigt unter Umständen mehr Versuche.

copyright Markus Reugels

In meinen aktuellen Bildern habe ich noch einen fallenden Tropfen in die Farbexplosionen eingebracht. Dieser soll beim Zusammenstoß mit der nach oben springenden Farbe einen Schirm erzeugen. Da ist aber viel Zufall im Spiel, da ich nie weiß, wie sich die Farbe nach oben bewegt.

Was bei solchen Aufnahmen noch wichtig ist: Jede Kamera hat eine Auslöseverzögerung (Shutter Lag). Das heißt, wenn die Kamera auslöst, ist die Action schon vorbei. Das kann ich umgehen, indem ich in einem abgedunkelten Raum fotografiere und über die Blitze auslöse. Die Auslösung sollte dabei recht früh erfolgen. Je später die Blitze ausgelöst werden, umso stärker reißen die Formen ab und enden im Tropfenchaos.

copyright Markus Reugels

Bei meinen Aufnahmen bevorzuge ich einen schwarzen Hintergrund. Um das zu erreichen, bestücke ich meine Blitze mit Lichtformern (Snoots). Dadurch wird Streulicht gering gehalten und nur punktuell beleuchtet. Um auf Nummer Sicher zu gehen, benutzte ich im Hintergrund noch eine schwarze Platte zur Abschirmung.

Cream Flow

Bei dieser Methode werden keine technischen Hilfsmittel, wie etwa die Zeitsteuerung, benötigt. Es reichen Kamera, Stativ, Pipette, Fernauslöser und ein externer Blitz aus. Als Wasserbehälter benutzte ich ein sehr kleines Aquarium. Zuerst wird der Behälter mit Wasser gefüllt und die Kamera so ausgerichtet, dass sie in einem Winkel von ca. 10-20° von unten auf die Wasseroberfläche fokussiert. Die Kamera muss komplett manuell eingestellt werden.

© Markus Reugels

Meistens fotografiere ich solche Bilder mit einer sehr kleinen Blende von maximal f/16, um möglichst alles scharf zu bekommen. Als Belichtungszeit benutze ich grundsätzlich 1/160s, damit funktionieren meine Funkauslöser am zuverlässigsten. Die Blitzleistung darf auch bei diesen Aufnahmen nicht zu hoch gewählt werden. Zwar sind die Bewegungen nicht sehr schnell, dennoch kann man durch eine zu lange Abbrenndauer Bewegungsunschärfe ins Bild bekommen.

Es gibt verschiedene Methoden, um Farbe ins Bild zu bekommen. Entweder ich färbe die Kaffeemilch oder Sahne mit Lebensmittelfarbe ein oder ich benutze farbige Folien am Blitzgerät.

copyright Markus Reugels

Wenn alles soweit eingestellt ist, kann es auch schon losgehen mit dem kreativen Teil: Mit der Pipette tröpfle ich Milch in das Becken und löse fleißig die Kamera aus. Da die Flüssigkeit ziemlich langsam absinkt (je höher der Fettanteil, umso langsamer sinkt sie) kann ich mehrmals auslösen. Die Bilder drehe ich in der Nachbearbeitung dann um 180°.

Alternativ kann ich auch einen hellen Hintergrund verwenden und als Flüssigkeit Tinte ins Wasser tropfen. Damit lassen sich ebenfalls sehr ansprechende Bilder erzeugen. Durch den hellen Hintergrund ist diese Variante auch einfacher zu beleuchten.

Soap Film

Um Seifenfilm zu fotografieren, ist keine großartige Technik nötig. Wie bei den Cream-Flow-Bildern benötige ich ein Stativ, Fernauslöser und einen externen Blitz.

copyright Markus Reugels

Ich habe mir einen Ring von ca. 5 cm Durchmesser aus Draht geformt und diesen mit Wolle umwickelt. Durch die Wolle platzt der Seifenfilm nicht so schnell, da er mit Flüssigkeit versorgt wird. Der kniffligste Teil ist die Beleuchtung und der richtige Winkel des Seifenfilms zur Kamera. Die Kamera darf nicht parallel zum Seifenfilm positioniert werden. Es braucht einen kleinen Winkel von bis zu 5°, um ihn auf den Bildern sichtbar zu machen.

Ich beleuchte die Bilder indirekt über einen weißen Reflektor, den ich U-förmig gebogen habe. In die Mitte des Reflektors habe ich ein Loch für das Objektiv geschnitten. Den Blitz richte ich auf den Reflektor, dadurch wird der Seifenfilm beleuchtet. Als Hintergrund benutzte ich eine schwarze Pappe. Auch farbliche Hintergründe sind möglich, die besten Erfahrungen habe ich allerdings mit schwarz gemacht – damit ist die Leuchtkraft der Farben am intensivsten.

copyright Markus Reugels

Ich hoffe, dass ich Euch mit diesem Artikel inspirieren konnte, vielleicht den einen oder anderen Versuch nachzustellen. Die Möglichkeiten, mit Wasser kreativ zu sein, sind schier endlos. Das ist auch ein Grund, warum ich diese Art der Fotografie so lange betreibe. Ihr findet noch weitere Bilder auf meiner Homepage und falls es Fragen gibt, stehe ich natürlich gerne zur Verfügung.

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