17. April 2011 Lesezeit: ~7 Minuten

Im Gespräch mit Claudia Wycisk

Claudia Wycisk wurde 1985 in Suhl geboren. Heute lebt die gebürtige Thüringerin in Bodenheim und arbeitet in Mainz. Als Fotografin ist sie hauptsächlich „on Location“ unterwegs und bei schlechtem Wetter wird die eigene Wohnung gern auch mal zum Studio umfunktioniert. Ihr Hauptinteresse gilt dabei der Peoplefotografie, mit der sie Gefühle und Emotionen transportieren möchte.

Ich freue mich sehr, dass sie dem folgenden Interview zugestimmt hat.

„Die besondere Faszination der Fotografie liegt für mich darin, Menschen in einem bestimmten Moment wiederzugeben und dem Betrachter einen kleinen Einblick in ihre Welt – in ihre Seele – zu gewähren.“

Diesen Satz habe ich auf deiner Homepage gefunden. Meinst du, es ist wirklich möglich, als Fotograf dem Betrachter einen Einblick in die Seele des Modells zu geben?

Ja, ich denke schon. Wie sagt man so schön: „Die Augen sind der Spiegel zur Seele“? Das ist auch ein bisschen im übertragenen Sinne gemeint. Mir ist natürlich klar, dass der Betrachter durch meine Bilder nicht direkt in die Seele des Menschen schauen kann, es ist ja „nur“ ein Foto. Da ist auch viel freie Interpretation.

Aber es gibt oft Fotografen, die ein gewisses Bild im Kopf haben und es dann danach umsetzen. Ich habe dies nur selten. Ich gehe gerne los ohne jegliche Ahnung, was im nach hinein dabei herauskommt. Hört sich im ersten Moment etwas ziellos an, aber ich denke das ist es ganz und gar nicht.

Ich kann dadurch eine weniger gestellte Situation schaffen und gebe dem Modell einen freien Handlungsrahmen. Das Modell zeigt sich ohne Vorgabe eher, wie es ist, zum Beispiel in Gestik und die Mimik. Ich schaffe dadurch einen Einblick in die Seele.

Wie viel von dir gibst du selbst in den Bildern Preis?

Es ist auch so, dass ich meine Seele durch meine Bilder wiederspiegle. Je nach dem welches Thema oder welche Idee ich gerade umsetze, sieht man auch einen gewissen Teil von mir. Zu manchen meiner Bilder habe ich dadurch eine ganz gewisse Verbindung. Ich kann nicht genau erklären, warum. Vielleicht ist es der Ausdruck des Modells in diesem Moment, der meine Seele anspricht. Ein Foto, dass meine Sehnsüchte, Gefühle am besten wiederspiegelt.

Ich denke schon, dass ich auch einen großen Teil von mir selber in meinen Bildern wiedergebe. Oft ist mir das selbst gar nicht so bewusst. Ich stelle mir manchmal aber selber die Frage, was genau gebe ich denn Preis? Ist der Betrachter in der Lage einen Teil von mir im Foto zu erkennen?

Du lässt dich auch selbst fotografieren. Hast du das Gefühl die Bilder, die dadurch entstehen spiegeln dich selbst wieder?

Ich liebe die Bilder von mir die Sylwia Makris gemacht hat, auch die von Chris Nopper, Martina Woll und Luisa Möhle. Sie zeigen mich jeder in einer ganz anderen Art und Weise – aber sensibel und gefühlvoll. Das spiegelt mich schon wieder.


Foto: Sylwia Makris

Letztendlich finde ich mich aber zu 100 % in meinen eigenen Selfs. Diese Selfs entstehen meist bei mir zu Hause. An einem Ort, an dem ich mich geborgen fühle. Wenn ich mich fotografieren lasse, dann spielt da immer eine gewisse Rolle von Scham mit und ich kann mich einfach nicht so fallen lassen, wie ich das in meiner eigenen Wohnung kann, wenn ich nur mit meiner Kamera alleine bin.

Bei Selfs kann ich austesten, Emotionen und Gefühle zeigen, die mir bei einem Fotografen vielleicht peinlich wären.


Selbstportraits

Du fotografierst ausschließlich mit natürlichem Licht. Was empfindest du als Vorteil? Welche Nachteile siehst du?

Für mich gibt es nichts Besseres als natürliches Licht. Den größten Vorteil bei natürlichem Licht sehe ich darin, dass ich mit dieser Lichtform am besten eine gewisse Stimmung in meinen Bildern wiedergeben kann.

Nachteil ist, dass ich gerade, wenn ich on Location bin, mir das natürliche Licht nicht einfach korrekt einstellen kann. Ich muss immer mit den Gegebenheiten arbeiten, wie sie beschaffen sind. Obwohl ich dies vielleicht nicht zwingend als Nachteil sehen würde. Denn es ist doch viel spannender aus einer gegebenen Situation für sich das Beste herauszuholen.

Gerade bei Sonne ist es für mich nicht immer so einfach schöne Bilder umzusetzen, aufgrund des harten Lichtes und der starken Schatten. Zudem wird das Model oft enorm geblendet. Allerdings kann man schöne Schattenspielereien machen oder auch Gegenlichtaufnahmen. So kann man wiederum das Sonnenlicht optimal ausnutzen.

In meinem Schlafzimmer entstehen oft sehr viele Gegenlicht-Fensterbilder. Sie sind so emotionsgeladen und stimmungsvoll – Das würde ich niemals mit einer Blitzanlage so hinbekommen.

Du fotografierst mit der Canon 40 D und dem Objektiv Sigma 50 mm 1.4. Gibt es eine Einstellung, die du für Portraits besonders oft benutzt?

Es gibt bei mir keine feste Einstellung die ich für Portraits verwende. Das wechselt. Was ich oft Outdoor eingestellt habe, ist eine Blende zwischen 2.0 – 2.5, eine ISO-Zahl von meist 200 und die Belichtungszeit variiert permanent, je nachdem wie das Licht gerade fällt.

Ich mache alles ausschließlich im M-Modus, damit ich meine Blende, sowie Belichtungszeit individuell einstellen kann. Dies ist zwar manchmal etwas anstrengend, weil nur Nuancen von Lichtveränderungen, eine andere Belichtungszeit benötigen, aber es mir sehr wichtig.

Mit den Automatikmodi hat man das Problem natürlich nicht. Man kann fotografieren und fotografieren, ohne ständig etwas ändern zu müssen, da die Kamera alles selbst einstellt. Ich hab es mal probiert mit Belichtungsautomatik, (d.h., ich stelle nur meine Blende selber ein und die Kamera belichtet automatisch.) Aber irgendwie bin ich damit nicht so zurechtgekommen und habe wieder in meinen M-Modus gewechselt.

Ich teste generell viel aus und bin manchmal erstaunt, was man alles so machen kann. Grundsätzlich bin ich nicht so der Technikfanatiker und mache viel aus dem Bauch heraus.

Wonach suchst du deine Modelle aus?

Das Wichtigste was ein Modell für mich haben muss ist Natürlichkeit, Authentizität und Ausdruck. Ob blond, rothaarig, oder brünett – da bin ich total flexibel. Das Mädchen muss mir einfach gefallen und ich muss sie mir in meinen Bildern vorstellen können.

Gibt es Fotografen, die dich inspirieren?

Es gibt sicher Fotografen, die mich in gewisser Weise inspirieren, z.B. Sylwia Makris. Obwohl sie einen komplett anderen Bildstil hat als ich, inspiriert sie mich doch sehr. Ihre Arbeiten sind so emotionsgeladen, dass ich gewisse Bilder von ihr stundenlang anschauen könnte. Aber ich hole mir nicht nur Inspiration von anderen Fotografen, sondern von allem, was mich umgibt. Auch meine Modelle inspirieren mich stark.

Was hast du als Nächstes geplant?

Es stehen in nächster Zeit noch einige Shootings an. Als Nächstes bin ich erst mal am Bodensee um eine Hochzeit zu fotografieren. Mein Highlight für dieses Jahr: die erste Fotoausstellung in der Verbandsgemeinde in Bodenheim, wo meine Bilder 4 Wochen hängen werden. Dafür muss noch viel geplant und organisiert werden. Die Vernissage wird dann Mitte August stattfinden.

Ich wünsche dir dabei viel Erfolg.
Vielen Dank für das Gespräch!

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