Röntgenaufnahme
24. Februar 2022 Lesezeit: ~6 Minuten

Wer war Josef Maria Eder?

Der österreichische Fotochemiker Josef Maria Eder ist vor allem für seine frühen Röntgenfotografien bekannt. Neben diesen besonders ästhetischen Aufnahmen lieferte er diverse weitere wissenschaftliche Beiträge zur Fotografie und fasste den fotografischen Kenntnisstand seiner Zeit akribisch in zahlreichen Veröffentlichungen zusammen.

Über die familiären und privaten Umstände des 1855 in Krems an der Donau geborenen und 1944 in Kitzbühel verstorbenen Josef Maria Eder wurde nur wenig überliefert. Die Namen und Daten seiner Eltern sowie seiner Frau Anna, geb. Valenta, sind zwar bekannt, doch wie es scheint, blieb seine Ehe kinderlos.

Seine wissenschaftliche Karriere hingegen lässt sich heute noch kleinteilig nachlesen, angefangen vom Gymnasium, das er in seiner Geburtsstadt besuchte über sein Studium der Chemie, Physik und Mathematik von 1871 bis 1875 an der k. k. Technischen Hochschule und an der k. k. Universität Wien bis zu seiner Habilitation für Photochemie und wissenschaftliche Photographie im Jahr 1880.

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Bereits ab 1878 ging er auch eigenen Lehrtätigkeiten an verschiedenen Schulen nach. Schon während seines Studiums interessierte er sich für die Fotografie, besonders die Grundlagen der Fotochemie weckten sein fachliches Interesse. So war er auch Mitglied der Photographischen Gesellschaft, die 1861 in Wien nach international bereits bestehenden Vorbild-Gemeinschaften geründet worden war. (Von 1901 bis 1924 war er später selbst Präsident der Gesellschaft.)

1885 schlug Josef Maria Eder vor, eine Unterrichtsanstalt für Fotografie zu gründen. Diese sollte sich sowohl mit den pädagogischen Aspekten der Lehre als auch der weiteren Erforschung der Fotografie und ihrer Techniken widmen. Dieses Konzept wurde drei Jahre später als „k. k. Lehr- und Versuchsanstalt für Photographie und Reproduktionsverfahren“ in Wien umgesetzt.

Josef Maria Eder wurde auch direkt als Leiter der Unternehmung eingesetzt, diesen Posten hatte er bis zum Jahr 1922 inne. Außerdem bekleidete er als Professor von 1892 bis 1925 den für ihn eingerichteten Lehrstuhl für Photochemie und wissenschaftliche Photographie an der Technischen Hochschule Wien.

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Von 1879 bis 1881 entwickelte er gemeinsam mit dem Fototechniker Giuseppe Pizzighelli die Chlorsilbergelatine-Emulsion und erarbeitete das Verfahren mit Chlorbromsilbergelatine. Diese beiden Errungenschaften bildeten die Grundsteine für Gelatinetrockenplatten, die leicht zu handhaben waren und industriell hergestellt werden konnten. Damit wurde die Großproduktion von Kino-Positivfilmen, Kunstlichtpapieren und Diapositivplatten möglich.

Josef Maria Eder führte Untersuchungen zur Sensitometrie durch, also die Messung der Lichtempfindlichkeit von fotografischem Material, seien es fotografische Filme oder fotografische Platten. Im Zuge dessen entwickelte er mehrere Messgeräte, unter anderem das Quecksilberoxalat-Photometer zur Messung von UV-Strahlung.

Auf diesen Erkenntnissen baute auch sein sensibilisiertes Gelatinesilberverfahren auf, das die Entwicklung der Farbfotografie vorantrieb. Dabei verwendete er orthochromatische Fotoplatten zusammen mit Farbfiltern, die die ungleichmäßige Empfindlichkeit der Emulsion gegenüber den verschiedenen Wellenlängen des Lichts ausglichen, sodass Schwarzweiß-Fotografien entstanden, die die tatsächliche Helligkeit aller Farben des Lichts abbildeten.

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Ab 1887 erschien das von Josef Maria Eder herausgegebene „Jahrbuch für Photographie und Reproductionstechnik“ in 28 Ausgaben bis zum Jahr 1914. In dieser Zeitschrift informierte er seine Leser*innen über aktuelle Entwicklungen im Bereich der Fotografie, Reproduktion, Kinematografie und verwandten Technologien. Der Schwerpunkt war immer wissenschaftlich-technisch mit einem Blick auf die Didaktik – um künstlerische Aspekte ging es nicht.

Josef Maria Eder wurde als Herausgeber dieser Fachzeitschrift schnell zu einem wichtigen Knotenpunkt im internationalen Austausch über die neuesten naturwissenschaftlichen Erkenntnisse, Apparaturen zur Bildaufnahme oder Lichtmessung und fotochemische Versuchsanordnungen im Bereich der Fotografie.

Er korrespondierte entsprechend umfangreich: Veröffentlichungen aus dem Ausland wurden ihm zugesandt und übersetzt von ihm im Jahrbuch veröffentlicht und anders herum Artikel aus dem Jahrbuch wiederum von ausländischen Zeitschriften zur Fotografie übernommen und so dem eigenen Publikum zugänglich gemacht.

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Am 28. Dezember 1895 veröffentlichte Wilhelm Conrad Röntgen unter dem Titel „Über eine neue Art von Strahlen“ eine Arbeit, in der er die später nach ihm benannte Röntgenstrahlung beschrieb. Er war zwar nicht der erste, der sie entdeckt hatte, doch erkannte er direkt ihre Bedeutung und untersuchte sie sofort wissenschaftlich, sodass er innerhalb von wenigen Wochen seine Erkenntnisse zusammenfassen und vorlegen konnte.

Ebenso schnell griff Josef Maria Eder diese bahnbrechende Neuerung auf und integrierte sie in seine eigene Forschung. Gemeinsam mit seinem Kollegen und Schwiegervater Eduard Valenta führte er eine Versuchsreihe durch, deren Ergebnisse bereits im Februar 1896 veröffentlich wurden: „Versuche über Photographie mittelst der Röntgen-Strahlen“.

Den beiden war es gelungen, die Wirkung der Röntgenstrahlen auf fotografisches Material – also: die Bildgebung – deutlich zu verbessern. Ihre Aufnahmen zeigen sowohl Negativ- als auch Positiv-Röntgenaufnahmen von Händen, Füßen, Fröschen, Fischen, Schlangen, kleinen Säugetieren und einigen Gegenständen.

Noch heute faszinieren diese Bilder sowohl in ihrer bildnerischen Ästhetik als auch der Klarheit, mit der sie uns Einblicke in das Innerste, Verborgene von Körpern erlauben. Wenn sie auch noch im 21. Jahrhundert diese Wirkung entfalten, kann man sich kaum ausmalen, welche Reaktionen sie erst vor über 125 erzeugt haben müssen.

Man muss sich einmal in die damalige Situation hineinversetzen, in der medizinische Abbildungen nicht allgegenwärtig waren und wenn es sie gab, dann handelte es sich im besten Fall um akribisch umgesetzte Illustrationen. Ein echter Blick in die unter der Oberfläche liegenden Ebenen, Strukturen und Organe war gänzlich unbekannt.

Mit ihrer Ästhetik weisen die Aufnahmen von Josef Maria Eder und Eduard Valenta sowohl in die Vergangenheit der wissenschaftlichen Illustrationen von Flora und Fauna als auch bereits in die Zukunft des Neuen Sehens, das sich zu Beginn des 20. Jahrhunderts von der malerischen Fotografie abwendet und in Experimenten neue Perspektiven auf die Wirklichkeit sucht.

Der leidenschaftliche Wissenschaftler und an der Praxis orientierte Tüftler mit Lehrauftrag erinnert dabei an Karl Blossfeldt, der ebenfalls für seine Werke die Einordnung als „Kunst“ ablehnte, da er seine noch heute bewunderten Detail-Fotografien von Pflanzen lediglich als Vehikel für den Zeichen-Unterricht aufgenommen hatte.

Josef Maria Eder gehört zu den weitgehend unbekannten Wegbereiter*innen der Fotografie, wie wir sie heute kennen, indem er viele der technischen Grundlagen entscheidend weiterentwickelte. Unter anderem sein „Ausführliches Handbuch der Photographie“ wird auch heute noch aufgelegt und ist als Nachschlagewerk weiterhin empfehlenswert.

Quellen und weiterführende Literatur

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