05. Januar 2018 Lesezeit: ~9 Minuten

Im Gespräch mit Dougie Cunningham

Der preisgekrönte Fotograf Dougie Cunningham hat endlich sein vierjähriges Projekt „Photographing Scotland“ veröffentlicht. Dieser außergewöhnliche Reiseführer erschließt die klassischen Landschaften Schottlands aus neuen Perspektiven und offenbart neue verborgene Schätze inmitten der immergrünen gälischen Landschaft. „Photographing Scotland“ ist ganz frisch auf dem Markt und wird voraussichtlich zum Grundbaustein für alle werden, die die wilde schottische Landschaft einfangen möchten. COPYTRACK hat mit Cunningham über sein grandioses Debüt gesprochen.

Wie bist Du zum Fotografieren gekommen?

Beinahe zufällig. Als ich noch ein eifriger Amateurfotograf war, bekam ich die Gelegenheit, eine Ausstellung zu meiner Reise nach Patagonien im Rahmen des Keswick Mountain Festivals zu machen. Am Abend der Eröffnung lernte ich Emily Rodway vom „The Great Outdoors Magazine“ kennen, die mich daraufhin gelegentlich mit ihren Texter*innen losschickte. Von da an kam alles durch eine Reihe glücklicher Begegnungen und Gelegenheiten, die zu gut waren, um sie zu verpassen, ins Rollen.

Berglandschaft

Was können wir von Deinem Buch „Photographing Scotland“ erwarten?

Eine ganze Menge! Schottland ist ein wunderbarer Ort zum Erforschen und Fotografieren; an fast jeder Ecke findet man großartige Gelegenheiten dazu. Der halbe Spaß beim Fotografieren besteht darin, Orte selbst zu entdecken. Ich habe mich bemüht, die Menschen dazu zu ermutigen, über die offensichtlichen Perspektiven hinauszublicken, ohne zu vorschreibend zu werden.

Das hat dazu geführt, dass ich sowohl alternative Beobachtungspunkte an den beliebtesten Orten empfehle als auch viele wunderbare Orte beschreibe, von denen die meisten Leute vermutlich noch nie etwas gehört haben. Zu jedem dieser Orte gebe ich detaillierte Zusatzinformationen, einschließlich Parkinformationen und Wegbeschreibungen, sowie Vorschläge, an welchen Tageszeiten und zu welchen Bedingungen das Beste aus dem jeweiligen Ort herauszuholen ist. Es werden an die 280 Orte beschrieben und mit rund 800 Fotografien illustriert, um den Leser*innen die Atmosphäre eines jeden Ortes näherzubringen.

Für in Schottland ansässige Fotograf*innen kann es eine großartige Orientierungshilfe sein und wird ihnen einige Orte vorstellen, die allzu oft übersehen werden. Für Leute, die Schottland als Urlaubsgäste besuchen, wird es das perfekte Werkzeug sein, um ihre Reise um die schönsten Orte des Landes herum zu planen.

Teich im Vordergrund mit Burg im Hintergrund

Was macht das Fotografieren in Schottland zu so einem tollen Erlebnis?

Schottland ist einer dieser wunderbaren Orte, wo einfach alles perfekt zusammenpasst! Zunächst einmal ist es ein sehr reisefreundlicher Ort, was einen großen Unterschied zu anderen Ländern ausmacht. Wir haben außerdem eine unglaublich reiche Vielfalt an verschiedenen Landschaften.

Die Geologie in Schottland ist so herrlich komplex, dass sie diesem kleinen Land viele verschiedene Charakteristika gibt. Die Berge und Täler des westlichen Hochlandes stehen in starkem Kontrast zu den surrealen Schluchten und Seen von Assynt, die wiederum tausend Meilen von den perfekten weißen Sandstränden von Harris entfernt sein könnten und nicht nur ein paar Stunden Fahrzeit.

Wir haben zudem ein unglaublich reiches kulturelles Erbe und ein großer Teil unserer Geschichte ist immer noch in der Landschaft verstreut. Dies verleiht sowohl einer Reise, als auch den dort entstandenen Fotografien eine weitere Ebene der Komplexität und Tiefe.

Dies sind Aspekte, die alle Gäste Schottlands zu schätzen wissen werden, doch wir haben überdies eine einzigartige Lichtqualität, die das Land besonders für Fotograf*innen stark von anderen Orten unterscheidet. Es ist schwer in Worte zu fassen, doch das Licht hat hier eine Weichheit und Subtilität, die unglaubliche Bilder entstehen lässt.

Was ist Dein bevorzugter Aufnahmeort und Deine liebste Jahreszeit für das Fotografieren in Schottland?

In den letzten Jahren habe ich Assynt als Destination immer mehr zu schätzen gelernt. Die Berge hier stehen stoisch isoliert voneinander zwischen Tausenden kleinen, niedrigen Hügeln und Seen. Es ist ein fast schon surrealer Ort, an man das Gewicht der unzähligen Jahre, die die Landschaft geprägt haben, beinahe spüren kann. Im späten Herbst sind die Farben hier einfach unglaublich. Während des Winters steht die Sonne nie hoch am Himmel und das durch die Berge durchscheinende Licht kann überwältigend sein.

Ein Haus vor einem See

Das Titelbild ist spektakulär. Welche Geschichte verbirgt sich hinter dem Foto und wo in Schottland wurde es aufgenommen?

Danke! Die einsame kleine Hütte liegt am Ufer des Loch Stack in Sutherland, das sich im äußersten Nordwesten Schottlands befindet. Es gab einen heftigen Sturm, der die Westküste verwüstete, und nach einer langen und ziemlich rauen Woche im Campervan entschied ich, dass es Zeit war, es gut sein zu lassen und zurück nach Glasgow zu fahren. Als ich am Loch vorbeifuhr, sah ich, wie der Wind einen riesigen Sprudel auf der Oberfläche des Wassers bildete.

Also fuhr ich zurück auf einen Parkplatz und stellte das Stativ hinten im Van auf – es war zu windig, um draußen zu stehen. Der Van schaukelte und kippte beinahe um, doch nach den größten Böen gab es einen Moment der Ruhe. Diesen konnte ich nutzen, öffnete die Tür und schoss einige Fotos, gerade als die Windböe die Oberfläche des Wassers traf. Danach habe ich meine Kamera sofort wieder ins Innere des Vans geholt, das Wasser von der Linse gewischt und es noch einmal probiert.

Ich konnte nur ein paar klare Aufnahmen machen und zum Glück war dieses eine Bild dabei, auf dem das Muster in den Wolken und das Wasser, das sich von der Oberfläche des Lochs erhebt, gut miteinander harmonieren. Die Szene war unglaublich zu beobachten und der Adrenalinstoß hat mich für den Rest der schwierigen Fahrt nach Hause begleitet.

Wie lange hast Du an diesem Buch gearbeitet? Was war für Dich der herausforderndste Teil des Prozesses?

Insgesamt habe ich etwas weniger als viereinhalb Jahre daran gearbeitet. Es war zu der Zeit ein großer Teil in meinem Leben und hat mich zweifelsohne vor einige ziemlich große Herausforderungen gestellt. Zu Beginn fiel es mir wahnsinnig schwer, zu entscheiden, was ich in mein Buch integrieren sollte. Doch als ich zunehmend Reisen unternahm und mit anderen ortsansässigen Fotograf*innen und Künstler*innen ins Gespräch kam, hat sich die Auswahl wie von selbst ergeben.

Die größte dauernde Herausforderung war viel banaler: Ich musste für mein Buch sehr viel Zeit auf der Straße verbringen und gleichzeitig ein Geschäft führen und Rechnungen bezahlen. Da für das Buch wirklich viel zu tun war, musste ich viel Zeit investieren, zum Beispiel für längere Ausflüge mit der Kamera. Das bedeutete, dass ich beträchtliche Ausgaben zu bewältigen hatte – zu Zeiten, in denen ich keine bezahlte Arbeit verrichtete.

Ich habe mir zu Beginn des Projekts ein Budget gesetzt, doch ich habe die anfallenden Reisekosten stark unterschätzt; die meisten Orte mussten wir mehr als einmal besuchen und letztendlich haben wir sehr viel mehr Inhalte im Buch aufgenommen als ursprünglich geplant. Es war ein lebensveränderndes und überaus wunderbares Projekt, doch ich muss zugeben, dass es zum Teil auch … charakterbildend war.

Kleiner Wasserfall zwischen bemoosten Felsen

Welche Tipps hast Du für diejenigen Fotograf*innen, die die schottische Landschaft festhalten möchten?

Geht raus. Wartet nicht auf das perfekte Wetter oder das teure neue Objektiv, für das Ihr gespart habt. Vergesst das Objektiv und gebt Euer Geld lieber für Benzin und Fährentickets aus! Drückt nicht den Schlummerknopf, sondern steht früh auf – Ihr werdet das Licht am frühen Morgen zu schätzen wissen, wenn die Sonne gerade knapp über dem Horizont verweilt. Geht so oft wie möglich hinaus, experimentiert, erforscht und genießt es einfach, an schönen Orten zu sein, egal ob Ihr anschließend mit einem tollen Foto nach Hause geht oder nicht.

Wie verbreitest Du Deine Arbeit online? Hast Du Erfahrungen mit digitalem Bilderdiebstahl?

Ich stelle sicher, dass alle Bilder, die ich auf meiner eigenen Webseite oder in den Sozialen Medien veröffentliche, nur eine niedrige Auflösung haben. Außerdem versehe ich sie mit einem Wasserzeichen – ich weiß, dass es gute Argumente dagegen gibt, doch ich gestalte sie sehr dezent und füge sie einzeln in jedes Bild ein. So versuche ich, die Auswirkungen auf das jeweilige Bild zu minimieren und trotzdem ein wenig Schutz zu schaffen.

Mein jüngster Problemfall war eine Firma, die eines meiner Fotos von einer (wie ich vermute) Presse-Webseite genommen hatte. Da es sich dabei um eine lizensierte Nutzung handelte, war dieses Bild nicht mit einem Wasserzeichen versehen und die betreffende kommerzielle Facebook-Seite schien regelmäßig nicht mit Wasserzeichen versehene Bilder von verschiedenen Fotograf*innen ohne Erlaubnis zu verwenden. Die Tatsache, dass alle Bilder, die die Seite verwendet hatte, nicht mit einem Wasserzeichen versehen waren, scheint darauf hinzudeuten, dass Wasserzeichen sehr wohl etwas bringen.

Außerdem stelle ich sicher, dass meine Copyright-Infos in den Metadaten eines jeden von mir exportierten Fotos enthalten sind, sei es für eine lizensierte Nutzung oder einfach nur für die Veröffentlichung im Internet.

Dieser Artikel erschien erstmalig auf Copytrack. Wir veröffentlichen ihn mit freundlicher Genehmigung.