Die Redaktion stellt sich vor: Laura Su Bischoff
Nun soll ich also etwas über mich schreiben und es fällt mir schrecklich schwer, weil ich lieber im Hintergrund bleibe. Schon in der Schule wusste ich bei Vorstellungen nicht viel zu sagen, außer dem, was ohnehin auf dem Papierschildchen vor mir stand: „Hallo, mein Name ist Laura. Ich bin Dilettantin aus Leidenschaft.“
Eines gleich vorweg: Als Künstlerin begreife ich mich nicht. Die Fotografie begleitet mich zwar schon ein paar Jahre – ich glaube, mittlerweile sind es sechs –, aber ich gehöre nicht zu denen, die schon als Kind fotografisch tätig sein wollten, denn eigentlich wäre ich damals lieber Meeresbiologin, Ägyptologin oder Kryptozoologin geworden.
Ich gestehe, vor allem lag das am verheißungsvollen Klang dieser Worte, denn sie schmeckten nach salziger Seeluft, der großen weiten Welt, nach Forscherdrang und einem Hauch von Zimt. Als ich älter wurde, erkannte ich jedoch, dass ich eher eine verkopfte Theoretikerin bin und so studierte ich letztlich (unter anderem) Geschichte. Mein Interesse an der historischen Entwicklung der menschlichen Kultur, zu der die Fotografie zweifelsohne gehört, prägte von nun an meinen Alltag.
Aus einer Laune heraus griff ich dann eines schönen Tages zur Minolta x-700, die mir mein Vater einige Zeit zuvor überlassen hatte. Wie so viele in unserer Familie war auch er in seiner Jugend begeisterter Hobbyfotograf gewesen und hatte eine Dunkelkammer sein Eigen genannt (die später in meinen Besitz überging).
Meine erste Rolle war beileibe kein Erweckungserlebnis, dessen strahlende Schönheit mich blendete, sondern eher eine schreckliche Ernüchterung: unscharf, flau und alles in allem einfach nur schlecht. Dennoch meldete sich mein Ehrgeiz, denn insgeheim hatte ich mir stets eine kreative Tätigkeit gewünscht, der ich im Ausgleich zu meinen doch sehr akademischen Neigungen nachgehen konnte. Ich hatte es mit Film und Theater, Malen und Zeichnen und sogar mit dem Puppenbau versucht, aber nichts davon hatte meine Leidenschaft geweckt.
Anders dagegen diese unglaublich profanen kleinen Schnappschüsse, die nun vor mir lagen: Endlich, nach all der Zeit, hatte ich eine Möglichkeit gefunden, meine Welt in visueller Hinsicht zu gestalten, auf sie einzuwirken und meinen Fingerabdruck auf ihr zu hinterlassen.
Während ich mich also meiner neuen Entdeckung widmete und im analogen Bereich alles Mögliche ausprobierte, lernte ich auch, mit Niederlagen umzugehen, denn das erste Mal in meinem Leben musste ich mich wirklich anstrengen, ohne dass mir einfach alles zufiel. Auf abstrakter Ebene war es für mich nämlich stets ein Leichtes, Neues zu erfassen und zumindest in der Theorie schnell umzusetzen. In der Praxis sah die Sache dagegen oft ganz anders aus und ich muss sagen, dass mich diese Erfahrung Demut lehrte.
In den letzten sechs Jahren machte ich dann unterschiedliche „Schaffensperioden“ durch: Zunächst widmete ich mich der Lomografie, die mir rückblickend zwar viel zu bunt erscheint, dennoch aber meine spielerische Freude an experimenteller Fotografie weckte. So dauerte es nicht lange, bis ich mich der konzeptionellen Polaroidfotografie und der Arbeit in der Dunkelkammer widmete. Beides Dinge, die mich nicht nur sehr viel über die Fotografie lehrten, sondern auch über mich und meinen Zugang zur Welt.
In letzter Zeit habe ich mich zumindest fotografisch ein wenig ins Private zurückgezogen, denn im Augenblick nehme ich am liebsten Menschen und Ereignisse auf, die mir wichtig sind, um mit diesen Bildern meine Alben und Wände zu füllen, wohl wissend, dass sie für andere nicht unbedingt von großem Interesse sein mögen. Darum geht es aber nicht, denn viel mehr möchte ich mich in meinen vier Wänden mit Dingen umgeben, die mir wichtig sind – und was wäre dafür besser geeignet als die eigenen Bilder? Hinzu kommt: Ich bin eine introvertierte Person und die Anfertigung eines Portraits bedarf für mich großen Vertrauens. Meist ist das etwas Intimes und Persönliches, das ich nicht mit jedem teile.
Neben der Neugier gibt es aber noch eine weitere Konstante: Irgendwann kommt immer der Punkt, an dem ich den Eindruck habe, mich nur noch zu wiederholen. Dann denke ich an folgende kleine Replik von Bertold Brecht:
Ein Mann, der Herrn K. lange nicht gesehen hatte, begrüßte ihn mit den Worten: „Sie haben sich gar nicht verändert.“
„Oh!“, sagte Herr K. und erbleichte.
Aber auch der Rat meiner überaus talentierten Schwester, die als Kostümbildnerin für unterschiedliche Theater tätig ist, lässt mich nicht los: Am wichtigsten sei ein eigener Stil, mit dem man sich unverkennbar von anderen unterscheide.
Nun mag mir das nicht gelungen sein, denn ich bin und bleibe eine Dilettantin, doch versuche ich zumindest als Redakteurin Künstler*innen ausfindig zu machen, bei denen ich eben diesen eigenen Stil zu erkennen meine. Lieber als mich und meine Bilder zu präsentieren, stelle ich deshalb andere vor oder unterstütze unsere Gastautor*innen beim Verfassen ihrer Texte; doch hin und wieder juckt es mich in den Fingern und ich muss meinem Intellektualismus in Kwertexten frönen.
Und auch in meiner Arbeit als Übersetzerin durfte ich mich schon mit der Fotografie auseinandersetzen, denn mir war es vergönnt, einige Texte über die Fotografie von Sir Arthur Conan Doyle (Autor unter anderem von „Sherlock Holmes“ und „Die vergessene Welt“) sowie Alvin Langdon Coburn (Piktorialist und Cousin von F. Holland Day) zum ersten Mal ins ins Deutsche zu übertragen.
Obwohl ich zwar eine Amateurin bin, hoffe ich, dem einen oder der anderen neue Impulse zu geben, weil mir die Fotografie unendliche Freude bereitet und sie mein Leben unheimlich bereichert. Außerdem lerne ich noch dazu, so wie wir alle bis ans Ende unseres Lebens.