Rosafarbene Blüten
11. Mai 2016 Lesezeit: ~8 Minuten

Testbericht: Zeiss Batis 18 mm f/2.8

Zeiss veröffentlicht mit dem Batis 18 mm f/2.8 eine Superweitwinkel-Festbrennweite für E-Mount-Kameras und begibt sich damit in ein eher spezielles und dünn besiedeltes Objektiv-Feld.

Die Batis-Reihe an sich macht schon einmal absichtlich ein paar Dinge anders und genau da fangen meine Probleme bereits an. Natürlich hat jeder Recht, der mir als Gegenargument sagen will, dass Diversität doch eigentlich gut ist, aber ich habe irgendwie das Gefühl, dass Zeiss sich mit dieser Objektiv-Linie untreu geworden ist.

Der Hauptgrund: Batis-Objektive haben einen Autofokus. Klar, durch dieses Feature wird ein ganz neues, riesiges Kundenfeld erschlossen und doch geht ein wenig der Zeiss-Zauber verloren. Irgendwie war ich schon immer stolz darauf, zur exklusiven Gruppe Fotografen zu gehören, der es vorbehalten war, mit manuellen Objektiven zu fotografieren, weil sie das manuelle Fokussieren beherrschen. Plötzlich dürfen auch alle anderen mitspielen – zugegeben, da bin ich wohl ein wenig wie ein engstirniges Kind.

Sony Kamera mit Zeiss Objektiv

Ein weiteres Batis-Feature, das ich bisher bei noch keinem anderen Objektiv gesehen habe, ist das OLED-Display. Ja, Ihr habt richtig gelesen, das Objektiv hat ein Display. Wofür, fragt Ihr Euch? Um die Fokusdistanz und den Fokusbereich anzuzeigen. Braucht man dafür echt ein Display? Habe ich mich anfangs auch gefragt, bis ich angefangen habe, es zu nutzen.

Die Batis-Reihe ist staub- und spritzwasser-geschützt und spätestens jetzt wird klar, wer den meistens Spaß an einem Batis 18 2.8 haben wird, nämlich Landschaftsfotografen. Was hat das jetzt mit dem OLED-Display zu tun? Sicher habt Ihr schon einmal von der Hyperfokaldistanz gehört. Ich schreibe absichtlich „gehört“, weil sie wohl die wenigsten (einschließlich mir) tatsächlich mal errechnet oder aktiv auf sie geachtet haben.

Die Hyperfokaldistanz ist allerdings ein wichtiger Wert, denn sie beschreibt den Punkt, auf den man fokussieren sollte, um maximale Schärfentiefe in einem Bild zu erhalten. Fokussiert man einfach auf unendlich, lässt man sich viel Schärfe im Vordergrund des Bildes durch die Lappen gehen.

Rosafarbene Blüten

Wenn ich beispielsweise auf f/11 abblende und auf einen Punkt in 4 Metern Entfernung fokussiere, dann zeigt mir das Display am Batis 18 2.8 die Fokusdistanz an und welcher Bereich vor und hinter meinem Fokuspunkt scharf ist. In diesem Fall wäre das alles von 1,4 Meter bis unendlich.

Drehe ich nun am Fokusring und fokussiere auf einen näheren Punkt, kann ich sehen, dass nach wie vor alles bis unendlich im scharfen Bereich liegt, ich aber im Bildvordergrund mehr Schärfe bekomme. So zeigt mir das Objektiv, dass ich die optimale Schärfe bei einer Fokusdistanz von 2,1 Metern erreiche. Hier ist alles von 1,1 Meter bis unendlich scharf.

Verschiebe ich den Fokuspunkt noch weiter zu mir, dann geht mir die Schärfe im Bildhintergrund verloren. Klingt beim ersten Kontakt vielleicht wahnsinnig kompliziert, ist aber wichtig für jeden, der Landschafts- oder Architekturfotos oder… naja, einfach von vorn bis hinten scharfe Bilder machen möchte.

Nahaufnahme von Kirschblüten

Nahaufnahme eines Kirschbaumblatts

Durch das OLED-Display verzichtet Zeiss auf jegliche sonstige Beschriftungen und Angaben auf dem Objektiv, was dem minimalen Design stark zu Gute kommt. Eben dieses Design lehnt sich stark an der Otus- und der neuen Milvus-Reihe an. Ein elektronisches Display lässt aber auch darauf schließen, dass sich die sowieso schon spärliche Akkulaufzeit einer Sony-Alpha-Kamera weiter verkürzt.

In meinem Test konnte ich das nicht wirklich bestätigen, jedenfalls hatte ich keinen bemerkenswerten Einbruch in der Zahl der Auslösungen, die ich mit einer Akkuladung schießen konnte. Wie macht sich jetzt aber das Objektiv beim Fotografieren? Auch hier muss ich wieder sagen, dass ich persönlich erst einmal mit ein paar Problemen gekämpft habe.

18 mm sind ganz schön weitwinkelig und das bin ich nicht gewohnt. Ich fotografiere sehr gern mit 25 mm oder 50 mm. So war ich zunächst mit der Brennweite irgendwie etwas überfordert und wusste gar nicht so recht, was ich jetzt eigentlich fotografieren soll.

Ich hatte mich schon fast darauf beschränkt, Testbilder zur Schärfe und Bokeh-Beurteilung zu machen, bis ich anfing, Spaß mit dem Objektiv zu haben. So ein Superweitwinkel lässt die Welt sowieso ein wenig verzerrt aussehen und ist dadurch prädestiniert für ungewöhnliche Perspektiven.

Ein Blatt hängt in einem Zaun

Ich fing an, die Kamera auf den Boden und vor allem „mitten ins Geschehen“ zu legen. Statt das Objektiv auf einen Kirschblütenbaum zu richten, habe ich es in den Kirschblütenbaum gepackt und entdeckt, dass man mit 18 mm schon sehr nah ran muss, um ein Motiv in Szene zu setzen. Das erlaubt einem aber ebenso, nahe und authentische Bilder zu schießen.

Hier wird auch klar, warum ein Superweitwinkel auch als Festbrennweite Sinn macht: 18 mm mit Bokeh sieht schon irgendwie anders und frisch aus. Benutzt man f/2.8 und geht nah genug an das Motiv ran, verschwimmen Hinter- bzw. Vordergrund wunderbar weich. Es ist etwas anders, als man es im ersten Moment erwarten würde: Man erhält keinen verschwommenen Brei, sondern kann nach wie vor fast alle Elemente im Bild erkennen.

Das macht das Batis 18 2.8 sogar zu einer super Reportage-Linse, die einem erlaubt, auch offenblendig noch mit der Umgebung Geschichten zu erzählen, vorausgesetzt man geht nah genug ans Motiv ran. Das Bokeh selbst ist – und es wäre kein Zeiss-Objektiv, wenn es nicht so wäre – wunderschön. Die Zeiss-Charakteristik des Bokehs, die ich über die letzten Jahre lieben gelernt habe, findet sich auch hier wieder und lässt keine Wünsche offen.

Nahaufnahme eines Brunnens

Eine weitere Überraschung war die Schärfe. Man merkt deutlich, dass Zeiss in den letzten Monaten und Jahren an den Schwachpunkten ihrer Objektive gearbeitet hat. Ich mag mein Planar 50 mm 1.4 nach wie vor wahnsinnig gern, muss aber zugeben, dass es offenblendig die am wenigsten schärfste Linse in meiner Sammlung ist.

Das Batis 18 2.8 dagegen ist tadellos scharf. Bei f/2.8 genauso wie bei f/11 und ich war wirklich ein wenig beeindruckt von der 100-%-Ansicht. Der einzige offene Punkt bleibt der Autofokus. Hier will ich mich nicht zu weit aus dem Fenster lehnen, weil ich so gut wie alle meine Bilder mit manuellem Fokus fotografiere.

Für ein kompetentes Urteil fehlt mir hier also die Erfahrung, doch so viel kann ich sagen: Ich habe den Autofokus ausprobiert, er saß tatsächlich jedes Mal (was bei anderen Objektiven mein Hauptkritikpunkt war) und war für meine Begriffe weder sehr schnell noch unangenehm langsam.

Kräuterbeet

Nahaufnahme grüner Blätter

Das manuelle Fokussieren dagegen ist selbst für mich etwas gewöhnungsbedürftig: Der Fokusring lässt sich wie auch bei anderen Batis-Objektiven unendlich drehen. Das heißt, wenn der Fokus bereits auf unendlich gestellt ist, kann man den Fokusring immer noch weiter drehen. Die Übersetzung auf das Objektiv findet hier also elektronisch und nicht wie sonst üblich mechanisch statt.

Das resultiert in einer winzigen Verzögerung beim Fokussieren, an die man sich aber schnell gewöhnt. Schwierig könnte es allerdings bei sich bewegenden Motiven werden.

Zum Schluss noch ein kleines Fazit: Ich war und bin nach wie vor skeptisch gegenüber der Batis-Reihe, aber das 18 mm f/2.8 hat mir eine Sache beigebracht: Anders ist nicht gleich schlecht und nach einer gewissen Eingewöhnungszeit hatte ich Spaß daran, mit dem Objektiv richtig nah an meine Motive ran zu gehen und neue Perspektiven zu entdecken.

Eine Brücke von unten

Wer sich im Superweitwinkel-Bereich zu Hause fühlt oder einfach nur nach einem guten E-Mount-Objektiv für Landschaften sucht, der bekommt mit dem Batis 18 mm f/28 eine wundervoll scharfe Festbrennweite, die sogar mit Zeiss-typischem Bokeh aufwarten kann. Diese Kombination ist so ungewöhnlich, dass man durchaus gespannt sein kann, was andere Fotografen damit so anstellen.

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