Orang-Utans im Dschungel auf Indonesien
Indonesien ist, wegen meiner familiären Bindung dorthin, immer wieder ein Reiseziel für mich. Natürlich ist dieses riesige Land mit seinen Inseln, Urwäldern und Tieren für die Naturfotografie äußerst attraktiv. Auf jeder Reise versuche ich daher, mindestens einen neuen Nationalpark zu besuchen.
Orang-Utans gehören zu den hinreißendsten Tieren unseres Planeten, wegen ihrer Gelassenheit und Menschenähnlichkeit. Es gibt sie noch auf Sumatra und Borneo. Sie zu besuchen hilft ihnen sehr. Durch die Einnahmen aus dem Tourismus zur Finanzierung der Schutzgebiete und durch die öffentliche Aufmerksamkeit.
Von Medan auf Sumatra ging es mehrere Stunden mit dem Auto durch Flachland mit endlosen Palmöl-Plantagen, an den Rand des Leuser-Ökosystems. Wie überall in Indonesien hat sich der Regenwald vor allem an Berghängen gehalten, die für die Landwirtschaft ungeeignet sind. Wir waren erschöpft und zermürbt vom Anblick der düsteren, menschen- und tierlosen Reihen von Öl-Palmen. Die zogen sich bis an den Rand der ersten bewaldeten Hügel, die unsere Augen wieder leuchten ließen.
Oberhalb eines Flusses, der vor einigen Jahren die Ortschaft Bukit Lawang weggerissen hat, steht die Eco-Lodge. Durch ihr Gelände und über ihren Dächern turnen lebhafte Makaken-Gruppen, die die am wenigsten scheuen Primaten dieser Gegend sind.
Am nächsten Morgen ging es in Begleitung eines Rangers in den Wald. In diesem Gebiet leben viele Orang-Utans, von denen einige zuvor von einer Schutzstation gepflegt und ausgewildert wurden. Daher sind sie wenig scheu und gut zu beobachten.
Schon nach wenigen Metern tauchte überraschend eine Gruppe Thomas-Languren in den ersten, niedrigen Bäumen auf. Sie blickten recht unbekümmert von dort oben auf uns herab und verschwanden, nachdem wir uns einige Minuten gegenseitig betrachtet hatten.
Nach einem einstündigen Marsch über einen schmalen, feuchten Dschungelpfad gab uns der Ranger ein Zeichen, anzuhalten. Der erste Orang-Utan wurde im Wirrwarr der Blätter sichtbar. Vom Ranger mitgebrachte Früchte veranlassten ihn, näherzukommen. Dann wurde unter seiner Armbeuge ein zweites, kleineres Gesicht sichtbar.
Also handelte es sich um ein Weibchen mit Nachwuchs. Es war elektrisierend, diesen Tieren ohne Zoo-Gitter in ihrem eigenen Lebensraum so nah zu kommen. Man sah aus der Nähe, dass das Fell gar nicht so dicht ist, was in der Wärme auch nicht nötig ist, aber weit vom Körper abstand und so die Wassertropfen von der Haut abhält.
Wie das Weibchen tropfnass im Geäst hing und ihr Kind wiederum an ihr, gab einen berührenden Eindruck von den Lebensbedingungen in der Wildnis, aber auch der Fürsorge für den Nachwuchs.
Nach einer weiteren Wanderung begegneten wir noch einem jungen Männchen. Es ließ sich eindrucksvoll auf einem hohen Baumstumpf wie auf einem Dschungelthron nieder und empfing unseren Tribut in Form von Bananenstücken. Da es mich offenbar als das Alphamännchen unserer kleinen Gruppe betrachtete, war es mir gegenüber sehr scheu, nahm aber gern etwas von meiner Frau an.
Die Lichtverhältnisse bei Regen im Wald sind natürlich sehr ungünstig. Gleichzeitig bewegen sich die Tiere. Mit diesen Einstellungen kam ich aber meist gut klar: Blende f/4.5, ISO 1000, Belichtungszeit 1/200 s. (Auch wenn 1/400 s mir mehr Sicherheit vor Bewegungsunschärfe gegeben hätte.) In solch einer Ausnahmesituation ist es auch sinnvoll, eine Serie aufzunehmen und nicht zu lange mit dem Auslösen zu zögern. Außerdem leistete hinterher das Raw-Modul von Photoshop wertvolle Dienste.
Da Dschungelgrün relativ trivial ist – jeder erwartet eben diese Farbe im Dschungel – habe ich mich für die Ausarbeitung in schwarzweiß entschieden. So werden die Strukturen des Fells und der Vegetation auch deutlicher wahrnehmbar. Außerdem werden die Tiere visuell stärker Teil ihrer Umgebung – was sie ja tatsächlich sind.
Allen, die Lust bekommen haben auf diese grandiose Weltgegend, die (außer Bali) viel zu wenig Beachtung von Reisenden erhält, empfehle ich die Nationalparks Gunung Leuser und Way Kambas auf Sumatra und Ujung Kulon auf Java. Außerdem den Meeres-Nationalpark Bunaken am Nordzipfel von Sulawesi. Dort liegt unweit des Strandes ein herrliches langes Riff.
All diese Plätze lösen selbst in der Erinnerung noch Gänsehaut bei mir aus. Abends auf dem weißen Strand der Insel Peucang zu stehen und auf den gegenüberliegenden Dschungel von Ujung Kulon zu blicken, ohne jedes elektrische Licht oder Zeichen von Zivilisation, oder sich schnorchelnd von der Strömung entlang des Riffs von Bunaken treiben zu lassen, das empfinde ich als großes Privileg.
Ich würde diese Informationen übrigens nicht teilen, wenn ich nicht der Überzeugung wäre, dass nur Besucher, die etwas Geld bei den Einheimischen lassen, diesen letzten Paradiesen helfen können, bewahrt zu bleiben.