03. Oktober 2015 Lesezeit: ~5 Minuten

Eine Frage, viele Antworten – Teil 3

Viele Hobbyfotografen, die die Leidenschaft packt, fragen sich nach einiger Zeit, ob die Fotografie nicht auch ein berufliches Standbein sein könnte. Aus diesem Grund haben wir dieses Mal Berufsfotografen gefragt: Hast Du es je bereut, als Fotograf in die Selbstständigkeit gegangen zu sein?

 

Ein Vater mit einem Neugeborenen

Christine Oppe, Kinder- und Familienfotografin

Nein, nie. Diese Entscheidung hat mein Leben komplett verändert. Ich war vorher erfolgreich in einem ganz anderen Bereich als Angestellte tätig, aber ich wünsche mich keinen Tag zurück. Allerdings hatte ich am Anfang noch keine wirklich realistische Vorstellung davon, wie man erfolgreich am Markt als Fotografin tätig ist.

Ich habe in den ersten zwei Jahren sehr viel in meine Ausbildung investiert und mich dabei an Fotografen und Fotografinnen orientiert, zu denen ich aufschauen konnte, die etwas erreicht haben, was ich auch erreichen wollte. Selbständig als Fotografin oder Fotograf zu arbeiten, bedeutet viel Arbeit. Es bedeutet, nicht nur „schöne Fotos“ zu machen, sondern Geschäftsfrau bzw. Geschäftsmann zu sein.

Das ist vermutlich der Punkt, den die meisten unterschätzen und daran letztendlich scheitern. Preisgestaltung, Marketing, effiziente Arbeitsabläufe – und dann auch noch eine gesunde Work-Life-Balance herstellen, das ist nicht gerade einfach, aber zwingend notwendig, wenn man sich erfolgreich etablieren möchte.

 

Ein Mann stützt die Arme sorgenvoll an seinen Kopf

Pascal Triponez, People- und Fashionfotograf

Da ich noch ziemlich am Anfang stehe, ist diese Frage für mich schwer zu beantworten. Ich habe nach wie vor einen kleinen Nebenjob. Ein geregeltes Grundeinkommen ist mir wichtig und gibt mir Sicherheit. Aber mit meiner Leidenschaft Geld zu verdienen, ist ein tolles Gefühl.

Es ist viel harte Arbeit und besteht längst nicht „nur“ aus dem Fotografieren. Und auch, wenn ich teilweise bis in die Nacht hinein arbeite, ist mir das egal. Weil ich die Fotografie liebe. Täglich von 8 bis 17 Uhr in einem Büro sitzen, das möchte ich nicht mehr.

 

Zwei Frauen umarmen sich in einer Felslandschaft

Martin Neuhof, Portraitfotograf

Man hat immer mal wieder ein Tief, in dem man sich abgehetzt und überarbeitet fühlt. Aber lieber dieses Gefühl, als im Studio zu sitzen und Däumchen zu drehen. Es ist ein riesengroßes Privileg, mit dem, was man sich selbst beigebracht hat und natürlich auch liebt, Geld zu verdienen.

Man bekommt sehr viel zurück. Sei es eine persönliche Dankeskarte des Kunden oder überschwängliche E-Mails. Sobald fremde Menschen Deine eigene Arbeit wertschätzen, macht man einiges richtig. Du bist zu 100 % Dein eigener Boss, Du musst gar nichts, kannst aber alles möglich machen.

 

Ein Mann mit Hemd und Krawatte lacht

Michael Omori Kirchner, Business-Fotograf

Mein Gang in die Selbständigkeit als Fotograf habe ich gut vorbereitet. Ich habe als nebenberuflicher Fotograf angefangen und dann Schritt für Schritt meine Arbeitszeit in der Industrie zurückgefahren. So konnte ich gut ausprobieren, ob meine Tätigkeit in der Selbständigkeit funktionieren wird. Erst als das klar war, habe ich meinen Industriejob als Berater und Trainer gekündigt.

Bereut habe ich das nie. Der Vorteil für mich ist außerdem, dass ich nun meine Selbständigkeit als Fotograf mit meiner Erfahrung als Coach und Trainer verbinden kann. Ich biete nun Business-Trainings für Fotografen an. Das ist für mich (insbesondere in dieser Verbindung) ein Traumjob.

 

Eine Frau liegt lächelnd auf einem Bett.

Lisa Hantke, Peoplefotografin

Nein. Da ich teilselbstständig bin, ist das für mich ein sehr guter Ausgleich neben meinem Hauptberuf. Außerdem bin ich der Typ für mehrere Standbeine, ich finde es spannend, verschiedene Projekte gleichzeitig zu haben. Komplett in die Selbstständigkeit zu gehen, traue ich mir derzeit allerdings nicht zu, da ich es sehr schätze, auch mal Abstand von einer Sache zu nehmen, wenn ich keine Muße dafür habe.

 

Fünf Kinder in schicker Kleidung

Hanna Witte, Reportage- und Peoplefotografin

Nie. Ich liebe es, so viele Freiheiten zu haben und bin sehr froh, mein eigener Chef zu sein. Ich kann entscheiden, welche Projekte ich annehme und wohin die Reise gehen soll. Natürlich ist es machmal schwer, immer alles allein zu entscheiden und auch an jedem Punkt die volle Verantwortung zu tragen, aber ich habe viele tolle Kollegen, mit denen ich mich sehr gut austauschen kann, wenn es doch mal schwere Entscheidungen oder Probleme gibt.

 

Ein Auto mit Zeit auf dem Dach unter einem Baum

Nancy Ebert, Hochzeitsfotografin

Keinen einzigen Tag. Etwas anderes kann ich mir auch gar nicht mehr vorstellen. Ich liebe es, mir die Zeit frei einteilen zu können und niemanden zu haben, der mir sagt, was zu tun ist. Ich liebe es zum Beispiel, in den Wintermonaten mit meiner Familie lange zu reisen. In einer Festanstellung wäre das gar nicht möglich. Es sind die Freiheit und das selbstbestimmte Leben, die ich an der Selbstständigkeit so liebe.

 

Bevor Ihr jetzt gleich zum Amt geht, um Eure Selbstständigkeit zu besiegeln, denkt daran, dass wir hier zum Großteil Menschen gefragt haben, die sich selbst gut mit ihrer Selbstständigkeit etabliert haben. Das Stimmungsbild ist dementsprechende positiv.

Wichtig ist immer, im Kopf zu haben, dass zur Selbstständigkeit viel mehr gehört, als zu fotografieren. Egal, wie gut die Bilder sind; wenn die anderen Faktoren nicht stimmen, wird es auf Dauer sehr schwer werden.

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