Wenn man den Maler Caspar David Friedrich, die Kinderbuchillustratoren Janosch und Ivan Bilibin sowie die Fotografin Diane Arbus aus ihren Gräbern riefe und sie bäte, gemeinsam Bilder zu schaffen, dann würden vielleicht jene entstehen, die Nashalina Schrape in die Welt entlässt.
Natürlich ist das nur ein literarisches Bild, aber ein schöner Gedanke und es sind jene, die Nashalina tatsächlich inspirieren. Ihre Geschichte beginnt im geteilten Berlin auf der Westseite, während ein Teil der Familie auf der Ostseite lebt und die Mauer wie eine wulstig geäderte Wunde auf der Familiengeschichte ruht.
Aber die eigene Geschichte beginnt meist schon viel, viel früher, bevor man überhaupt das Licht der Welt erblickt hat und eigene Gedanken schafft oder zu Grabe trägt. Ein wichtiger Teil ihrer Geschichte ist der zweite Weltkrieg bzw. dessen Ende, als ihre Großmutter beim Einzug der russischen Armee in Berlin alle Bilder ihres Großvaters, die ihn in der SS-Uniform zeigen aus Angst vor Übergriffen auf die Tochter und sich selbst vernichtet.
Das Bild ihres Großvaters ist vage und nicht greifbar, beladen mit Myriaden von Gefühlen wie das vieler anderer Familiengeschichten in Deutschland und anderswo. Nashalina versucht, ihre eigene Geschichte und gleichzeitig die aller Menschen zu rekapitulieren. Was verbal nicht auszudrücken ist, findet sich in dunkel schimmernden Bildern wieder und fordert den Betrachter auf, seine eigene Geschichte aufzuspüren und zu Ende zu erzählen.
Nashalina Schrape lebt ihr Erwachsenenleben in New York City, wo sie sich sehr zuhause fühlt; ein Teil ihres Herzens wird für immer in Ostberlin weilen, aber ihre Seele ist frei in Gotham City, wie es auf ihrer Webseite heißt.