21. August 2015 Lesezeit: ~7 Minuten

Im Gespräch mit Adi Dekel

Im Frühjahr dieses Jahres habe ich die israelische Fotografin Adi Dekel getroffen, deren Bilder mich schon einige Zeit faszinierten. In Italien verbrachten wir ein paar schöne Tage zusammen mit einigen anderen Fotografen. Die Zeit für lange Gespräche war damals leider viel zu knapp, weshalb ich mich sehr freue, dass ich ihr für kwerfeldein einige Fragen stellen durfte und sie so mit Euch gemeinsam noch etwas näher kennenlernen darf.

Du lebst in Haifa, einer Großstadt in Israel. Deine Bilder zeigen jedoch fast ausschließlich grüne Natur. Wo findest Du diese Orte für Deine Bilder?

Die meisten meiner Fotos entstehen an ganz gewöhnlichen Orten. Ich fotografiere meine Modelle in Büschen inmitten der Straßen oder in kleinen Flecken Natur hinter den Parkplätzen oder im Hundepark… Meist bekomme ich dafür auch seltsame Blicke von den Leuten, die vorbeilaufen und nicht verstehen, warum da ein Mädchen mit Kleid in einem Busch liegt, aber ich mag das. Ich mag es, dass ich in den alltäglichen Dingen, die uns umgeben, wunderschöne Szenen sehen und sie für meine Bilder als Hintergründe nutzen kann.

Eine Frau sitzt auf einem Stuhl inmitten eines Busches.

Eine Frau sitzt vor einem Busch.

Die Bilder sehen wirklich nicht aus, als wären sie hinter einem Parkplatz entstanden. Viele wirken sogar sehr surreal. Wie machst Du das?

Neben der Suche nach dem besten Winkel und der besten Komposition ist ein sehr wichtiger Teil meiner Arbeit die Nachbearbeitung. Zum Beispiel spiele ich sehr gern mit Farben und so sehr ich die Farbe grün auch mag, gefällt es mir meist besser, sie zu verändern. Ich denke, diese Farbbearbeitung und die Veränderung des Lichts erschaffen dieses „surreale“ oder unrealistische Gefühl, das Du bei meinen Bildern hast.

Wie hast Du das gelernt? Wie bist Du zur Fotografie gekommen?

Fotografieren ist etwas, das ich schon seit der Mittelschule gern mache. Damals mit meinem alten Handy oder mit der kleinen Kompaktkamera meiner Oma. Ich mochte es einfach und fotografierte alles: Blumen, Leute auf der Straße, meine Freunde, meinen Hund. Es war ein schönes Hobby für mich und ich spielte gern mit der Kamera.

Aber als ich vor etwa zwei Jahren Flickr entdeckte, wurde die Fotografie für mich mehr. Mein Hobby wurde zur Passion. Durch Flickr entdeckte ich eine ganz neue Welt der Fotografie, von der ich bis dahin nicht gewusst habe, wie Selbstportraits, konzeptionelle Bilder und Fine Art. Ich hatte mich in die Fotografie verliebt und ich wollte nicht mehr nur Bilder machen, ich wollte Bilder kreieren.

Eine Frau liegt in roten Blättern.

Eine Frau in rotem Kleid steht in eisiger Landschaft.

Du bist noch sehr jung, hast Du bestimmte Pläne, was Deine Fotografien betrifft?

Ich weiß es ehrlich nicht, denn im Moment genieße ich es einfach, meine Bilder zu erstellen, ich mache es für mich selbst, ganz nach meiner Zeit und meinen Bedingungen. Ich fasse für mich selbst keine großen Pläne in der fernen Zukunft. Es reicht mir, von kleinen Zielen in der nahen Zukunft zu träumen.

Ich würde zum Beispiel gern meine Bilder einmal ausstellen. Ich denke es ist toll, etwas aus der digitalen Welt in die „reale“ zu bringen, das wäre wirklich schön. Aber mein Hauptziel ist es einfach, weiter kreativ zu sein, weiter zu experimentieren und besser zu werden.

Hast Du ein Lieblingsfoto?

Ich bin nicht sicher, ich bin wirklich sehr hart zu mir und meiner Arbeit. Selbst wenn ich ein Bild gemacht habe, das ich auch noch nach einer Weile mag, werde ich irgendwann wahrscheinlich kleine Dinge sehen, die ich nicht daran mag. Aber es gibt schon ein paar Fotos, die diese „Zeit-Herausforderung“ geschafft haben, die ich immer noch mag und auf die ich stolz bin. Aber im Allgemeinen hoffe ich immer, dass mein nächstes Bild mein bestes wird.

Eine Frau steht in einem dunklen Zimmer, hinter ihr ein kleines Fenster.

Eine Frau sitzt auf einer blauen Wiese. Ein weißer Hase springt an ihr vorbei.

Klingt sehr perfektionistisch. Wieviel Zeit investierst Du in eine Session und die Nachbearbeitung eines Bildes?

Das ist unterschiedlich, aber normalerweise plane ich alles sehr genau vor jeder Session. So weiß ich genau, was ich möchte, was ich brauche, wann die beste Zeit für das Shooting ist und habe eine Grundidee der Resultate schon im Vorhinein im Kopf. Deshalb geht die Session sehr glatt, auch wenn natürlich immer etwas nicht nach Plan laufen kann…

Und zur Nachbearbeitung: Früher habe ich immer direkt nach jeder Session die Bilder bearbeitet, oft sogar noch am selben Tag. Aber jetzt nehme ich mir immer Zeit für diesen Prozess, bearbeite ein Bild, speichere es und bearbeite es weiter, wenn ich in der richtigen Stimmung dafür bin. So bemerke ich viel besser, wenn etwas in dem Bild nicht stimmt und ich noch etwas ändern muss. Ich nehme mir so viel Zeit, bis ich denke, den finalen, „perfekten“ Look erzielt zu haben.

Eine Frau stützt sich auf ein Reh.Ein Frauenportrait

Das ist eine gute Herangehensweise, die ich auch öfter beherzigen sollte. Du schreibst, es läuft nicht immer alles wie geplant. Hast du vielleicht eine Geschichte zu einer schwierigen Session?

Oh ja! Zu Beginn des Jahres wurde ich für ein Covershooting für eine lokale Jugendzeitung gebucht. Als ich mich mit dem Redakteur das erste Mal traf, war der Plan, die Session draußen zu machen und eine meiner Aufnahmen sehr ähnlich nachzustellen, aber später änderten sie die Idee und verlegten die Session ins Studio.

Ich hatte bis dahin noch nie mit Studioequipment gearbeitet, denn ich nutzte bis dahin nur natürliches Licht und es war einfach zu spät, das alles abzusagen. Also sah ich zwei Tage lang eine Tonne Youtube-Videos, um mehr über Studiolicht zu erfahren und als ich mich etwas sicherer damit fühlte, baute ich mein Set.

Dann stellte ich jedoch fest, dass der Auslöser, den ich für das Shooting gekauft hatte, nicht funktionierte, was bedeutete, dass ich kein Licht in einem dunklen Raum ohne Fenster hatte. Wir mussten dann eine Stunde auf einen netten Fotografen warten, der mir sein eigenes Equipment auslieh und auch noch erklärte, was ich machen musste… Es war eine schreckliche Erfahrung, aber ich habe viel daraus gelernt.

Eine Frau steht in einem Busch.

Eine Frau vor einem Busch hält sich die Augen zu.

Ohje, das klingt wirklich nach einer furchtbaren Erfahrung. Aber ein Covershooting für ein Magazin klingt super. Ist es bei solchen Shootings von Vorteil, noch so jung zu sein oder ist das Alter in der Fotoindustrie eher ein Problem für Dich?

Es ist ein Problem. Wenn man in einem kleinen Land wie meinem lebt, gibt es einen großen Wettbewerb. Ich schätze, es gibt hier mehr Fotograf als Jobs. Dann so jung und unerfahren zu sein, ist nicht sehr hilfreich, denn die Leute unterschätzen und beurteilen mich direkt. Deshalb halte ich mich auch raus aus dieser Industrie. Die bezahlten Jobs, die ich annehme, kommen von Leuten, die mich anschreiben und als Fotografen wollen für genau die Sachen, die ich mache.

Fotografie ist meine Leidenschaft und meine Therapie, es ist mein Weg, mich auszudrücken und genau so soll es bleiben und nicht irgendwann beginnen, mir keine Freude mehr zu bereiten.

Vielen Dank für das Interview, Adi!